Review Mastodon – Blood Mountain

Man mag von Metalcore halten, was immer man will, muss aber zugeben, dass sich aus der Masse an Metalcore-Bands immer wieder einige weiterentwickeln und einen eigenen Sound kreieren. Die wohl bekannteste und meist beachtete aus diesem Haufen ist zurzeit das urzeitliche Rüsseltier MASTODON. Die jungen Amerikaner legten 2005 mit „Leviathan“ die eigene Messlatte sehr hoch und nachdem sie beim Majorlabel Warner unterschrieben und die üblichen Ausverkaufsrufe laut wurden, muss der Druck auf die Band sehr groß gewesen sein. Doch mit „Blood Mountain“ legen sie allen Zweiflern ein Stück vor, das vor Kreativität nur so strotzt. Es handelt sich dabei wiederum um ein Konzeptalbum, dessen Thema sich mit dem Besteigen eines Berges und den Dingen, die einem dabei passieren können, befasst.

Nach einem kurzen Drumsolo steigert sich „The Wolf Is Loose“ bereits auf das höchste Aggressionslevel, das das Album erreichen wird. Die Zeilen „the hero of the gods /the crossing of the threshold” brennen sich dabei so tief in die Gehörgänge, das man an manchen Tagen mit ihnen im Kopf aufwacht. Trotz aller Härte bleibt der Sound groovy und einigermaßen zugänglich. Viele Bands, die sich dem Post Metal Genre nähern, haben oft eine sehr depressive oder melancholische Grundstimmung in ihrem Sound. Nicht so MASTODON. Man merkt ihnen die Spielfreude quasi an jedem Riff an. Am Ende des ersten Songs fragt man sich, wie die Jungs die Qualität dieses Stückes überhaupt noch überbieten wollen. Doch für solche Überlegungen ist nicht lange Zeit, denn der nächste Track startet bereits mit einer äußerst interessanten Percussionarbeit, die mich an amerikanische Ureinwohner denken lässt. Die beiden Sänger variieren ihren Gesang immer äußerst geschickt und bilden oft einen genialen Gegensatz. Für den zweiten Song haben sie als Gast übrigens Neurosis-Sänger Scott Kelly eingeladen. Dass die Jungs wissen, wie man rockt, zeigen sie am Ende von „Crystal Skull“ mit einem genialen Gitarrensolo, das manche Hard Rock-Band erblassen lassen dürfte. „Sleeping Gaint“ startet danach ruhiger und geht bei etwa einer Minute in ein Riff über, das mir vor Freude Tränen in die Augen treibt. Auch der Gesang passt sich der Dramatik des Songs an, bevor wieder diese geniale Melodie Gänsehaut verbreitet. Als neues Stilmittel wird hier zum ersten Mal auch Sprechgesang verwendet. Der nächste Track „Capillarian Crest“ rockt erst geradewegs nach vorne, bevor er durch unzählige Breaks und Melodiewechsel beeindruckt und in einem Highspeedkracher endet. „Circle Of Cysquatch“ beginnt abermals mit einem mächtigen Riff, das als wiederkehrendes Thema verwendet wird. Ab der Hälfte des Songs hört man auf einmal computerverzerrte Gesang, der technisch zwar einwandfrei ist, aber sich dennoch irgendwie fehl am Platz anfühlt. Danach wird wieder exquisite Metalkost geboten. Ähnlich verhält es sich beim nächsten Track „Bladecatcher“. Ein akustisches Intro wird von wildem Highspeedscratching unterbrochen, das sich mir bis dato noch nicht erschlossen hat. Von der Melodieführung her, wäre der Song vollkommen in Ordnung, bietet er doch schöne Wechsel zwischen schnelleren und langsameren Passagen. Technisch auf alle Fälle topp, der Sinn bleibt mir aber verborgen.

Danach kommt ein weiterer Übersong auf „Blood Mountain“: „Colony Of Birchmen“. Wieder starten MASTODON mit einem genialen Riff, das mich vor Ehrfurcht auf die Knie fallen lässt. Zusammen mit dem Gesang ergibt das eine Groovewalze vor dem Herrn und jetzt dürfte auch klar werden, warum der Sound der Band manchmal als „Technical Groove Metal“ beschrieben wird. Bei diesem Song werden sie vom Queens Of The Stone Age Mastermind Josh Homme unterstützt. Für das Video wurde die Band sogar für einen Grammy nominiert. „Hunters Of The Sky“ und „Hand Of Stone“ sind danach sehr geradlinige Songs, wobei der erste der beiden mit der Textzeile „running faster than I ever have“ mehr Ohrwurmpotential bietet.
Bei „This Mortal Son“ nehmen sie sich Zeit für ein äußerst melodiöses Intro, das vom dramatisch ausfallenden Gesang abgelöst wird. Abermals gibt es unerwartete Stimmungs- und Tempowechsel, was durch die Wechsel der Stimmlage sehr beeindruckend zur Geltung kommt. „Siberian Divide“ beginnt mit atmosphärischen Effekten und stellt mit fünfeinhalb Minuten einen der längeren Songs des Albums dar. Wenn man diese relative kurze Songdauer bedenkt, muss man immer wieder erstaunt sein, wie viel Dramatik, Theatralik und Abwechselung in den einzelnen Tracks steckt. Dies zu beherrschen verdient größten Respekt und Anerkennung. Sowohl „Siberian Divide“ als auch der Rausschmeißer „Pendulous Skin“ enthalten Gastvocals des The Mars Volta Sängers Cedric Bixler-Zavala. Der letzte Track beginnt mit einem gefühlvollen Akustikintro, das in den sehr entspannenden Hauptteil des Songs übergeht. Das abschließende Gitarrensolo könnte direkt aus den siebziger Jahren kommen. Ein wunderbarer Abschluss einer sehr guten CD.
Abschluss? Noch nicht ganz. Nach über 15 Minuten Stille, folgt noch ein netter kleiner Bonus. Soviel sei verraten, es handelt sich dabei nicht um einen Song. Ob die 15 Minuten Stille für diesen Hidden Track notwendig sind, ist eine andere Frage, da es die Albumlaufzeit doch um einiges unnötig erhöht. Rechnet man diese weg, so ist das Album nach kurzweiligen 51 Minuten vorbei.

Mit „Blood Mountain“ untermauern MASTODON eindrucksvoll ihre Stellung als Zukunftshoffnung des progressiven Metals. Selbst Dream Theater-Drummer Mike Portnoy hat sich als Fan der Band geoutet, und das zu Recht. Dieses Jahr durften die jungen Amerikaner sogar Tool auf ihrer Europatournee begleiten.
MASTODON bringen Härte, Progressivität, intelligentes Songwriting, Spielfreude und Atmosphäre so wunderbar unter einen Hut, wie selten eine Band zuvor. Sicher ist das Album kein leichter Brocken und fordert die Aufmerksamkeit des Hörers, aber dafür gibt es auch auf lange Zeit immer etwas Neues zu entdecken und das Album nutzt sich über die Zeit kaum ab.

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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