Review Helfahrt – Sturmgewalt

HELFAHRT selbst, welches von Sycronomica-Bassist Max Marquardt gegründet wurde, gibt es eigentlich schon seit 1999. Während man damals noch folkloreartige Musik spielen wollte, hat sich heute die Ausrichtung auf Pagan Metal geändert. Aber nicht nur Max ist ein alter Bekannter aus der bayrischen Metalszene, denn für das schlichte, nicht zu überladene Cover ist Equilibrium-Frontmann Helge Stang verantwortlich, während sein Bandkollege René Berthiaume, neben Gaby Köß (ex-Haggard) und Michael Knöringer (Somber Serenity), nicht nur als Gastmusiker auftreten darf, sondern auch für die hervorragende Produktion des Debüt-Albums „Sturmgewalt“ mitverantwortlich ist.

„Ein Sturm zieht herbei“ klingt nur im ersten Moment wie ein 08/15-Intro für eine Pagan Metal Band mit ein paar Naturgeräuschen, doch schon nach wenigen Sekunden wird hier klar mit welcher Liebe man sich dem Einstieg gewidmet hat. Der dezente Gesang von Gaby Kös, die meines Wissens auch für die weiblichen Vocals am Ende von Equilibriums „Widars Hallen“ verantwortlich war, harmoniert wunderbar mit den zu vernehmenden Dudelsackklängen, die nur durch die Rufe eines Rabens gestört werden. Die liebliche Stimmung trügt und stellt die Ruhe vor dem Sturm dar, der mit all seiner Gewalt dann von „Markomannenzorn“ entfacht wird. Was hier geboten wird, dürfte nicht nur mich mitreißen. Bodenständiger – was hier keinesfalls negativ gemeint ist – Pagan Metal, wie man ihn sich nur wünschen könnte, der vollkommen ohne Keyboards auskommt, dafür jedoch mit echten Instrumenten wie Maultrommel und verschiedensten Flöten das Herz höher schlagen lässt. Fast pausenlos prasseln Gitarrenriffs und wildes Drumming wie ein Hagelsturm auf den Hörer ein und doch schaffen es HELFAHRT, eine gewisse Eingängigkeit zu bewahren. Besonders erfreut mich, dass die Texte in deutscher Sprache gehalten sind und diese von Max hervorragend herübergebracht werden. Nach diesem Orkan scheint man mit „Im Moor“ von der Geschwindigkeit her einen Gang zurückgeschaltet zu haben. Mit nichten, denn nach einer kurzen stimmigen Akustikpassage in der Mitte findet man sich als Hörer wieder in Mitten eines Sturm wieder, der nur ganz kurz von einem Riff aus dem Heavy Metal aufgelockert wird.

„Lewwer duad üs slav“, was aus dem Plattdeutschen stammt und in etwa „Lieber tot als versklavt“ heißt, wie mir Oli von Sycronomica beim Eisenwahn-Fest erklärt hat, zeigt, dass man sich auch auf höchsten Niveau noch einmal steigern kann. Sind es am Anfang noch Maultrommel und Flöte, denen man andächtig lauscht, so wird man sofort darauf wieder überrollt. Man merkt nicht nur an Max‘ Gesang, der sich zwar nicht stark von anderen Kollegen im Pagan Metal unterscheidet, jedoch gut ins Gesamtbild passt, mit welcher Leidenschaft die Band bei der Sache ist. Wir sind mit „Luznacht“ gerade einmal bei der Hälfte dieses furiosen Albums, welches noch mit einigen weiteren Highlights aufwarten kann, bei denen vor Allem noch der Titeltrack „Sturmgewalt“ mit seinem ebenso simplen wie erstklassigen Refrain („Sturmgewalt, eisig kalter Wind – Hauch des Winters, Frost sein Kind“) hervorsticht und mich die Atmosphäre fühlen lässt. Gut, dass man mit dem Zwischenspiel „Zu spätem Schein“ dem Hörer endlich eine Verschnaufpause gönnt, die dringend nötig war, damit man sich das Gehörte setzen kann um zum Zielsprint, der sich aus „For Your Calm“, dem einzigen englischsprachigen Lied auf „Sturmgewalt“, „Donars Groll“ und dem gut abrundenden Outro „Der letzte Weg“ zusammensetzt.

Den durchwegs positiven Eindruck, den ich von ihrem Live-Auftritt beim Eisenwahn hatte, kann HELFAHRT mit „Sturmgewalt“ noch einmal dick unterstreichen. Ja, Kritiker mögen hier vielleicht mangelnde Innovationen bemängeln, doch ursprünglicher, bodenständiger Pagan Metal, bei den man nicht von Keyboardteppichen erschlagen wird, in dieser Form kann mich einfach begeistern. Es ist die Atmosphäre, die vermittelt wird, sowie die Tatsache, dass man spüren kann, mit welchem Enthusiasmus die Musiker bei der Sache sind und ihre Energie in das Album gesteckt haben. Einen absolut herausstechenden Song gibt es nicht, vielmehr ist es bei jedem Durchlauf ein anderes Stück, welches sich weiter öffnet und zum Favoriten wird.

Wertung: 8 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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