Review Nidingr – Sorrow Infinite and Darkness

  • Label: Indie
  • Veröffentlicht: 2006
  • Spielart: Black Metal

Mit NIDINGR liegt uns eine weitere Nebenbeschäftigung eines hauptberuflich in einer Szenegröße aktiven Mitgliedes vor, was im Black Metal bekanntermaßen ja alles Andere als unüblich ist. So ist Gitarrist Teloch nicht nur Mitglied bei Orcustus, sondern greift zudem den Black Metal Veteranen Gorgoroth bei Live-Aktivitäten tatkräftig unter die Arme. Allerdings sollte man sich schnellstmöglich von jeglicher Assoziation mit genannten Kapellen verabschieden, haben sich NIDINGR doch einer völlig anderen musikalischen Ausrichtung verschrieben. Dies deutet sich schon ein wenig im Beiheft an. Schaut das, auf dem Frontcover thronende und irgendwie schwer an das Emblem einer recht bekannten norwegischen Combo erinnernde Logo noch typisch schwarzmetallisch angehaucht aus, wirkt die Gestaltung des restlichen Booklets eher wie das einer Death oder zumindest Death / Black Metal Combo. Alles in einer recht düsteren Dunkelgrün-Schwarz Melange gehalten, erinnern mich die darin enthaltenen Bilder in ihrem „Horror Sci-Fi“ Stil etwas an die Werke von H.R. Giger und haben zudem Ähnlichkeit mit den Abbildungen der, heute auch eher Death-lastigen Polen Behemoth. Sofern einem dieser Stil zusagt, ist das Booklet aber durchaus ansprechend gestaltet, auf jeder Doppelseite ist, mittig getrennt, eines der besagten Bildnisse angedruckt und je rechts und links ein Liedtext. Diese behandeln allerlei metaphorisch verpackte düstere Themen, Bandfotos sind keine vorhanden. Nun will überprüft werden, ob der musikalische Teil von „Sorrow Infinite and Darkness“ zum Visuellen kongruent ist.

Sofort das erste Stück „Child of Silence“ steigt voll ins Eisen und es wird sofort klar, dass Teloch’s Nebenprojekt ziemlich genau gar nichts mit Gorgoroth zu tun hat. Das Stück beginnt mit einem mächtigen Blast Beat Sturm und einem eingängigen typischen Black Metal Riff, pausiert dann abrupt um Platz zu machen für ein kurzes Klavier Interludium, nur um danach sofort in voriger Geschwindigkeit weiterzurasen. Ab dieser Stelle wird die Platte interessant. Zunächst einmal ist Cpt Estrella Grasa’s Stimme definitiv nicht die, die man nach den ersten paar Takten erwarten würde. Anstatt gewohntem Black Metal Gekrächze, erklingt eine Stimme, die vielleicht am treffendsten als eine Art „düsteres Brüllen“ oder Bellen zu bezeichnen ist und ich würde, damit sich der verehrte Leser ein ungefähres Bild machen kann, am ehesten die Stimme der Holländischen Death Metal Formation Gorefest bzw. der eher weniger bekannten deutschen Doomer von Unbound als Vergleich heran ziehen. Das ist natürlich zunächst mal ein kleiner Schock für den Puristen, der verdaut werden muss. Gewöhnt man sich, was bei so manchem vermutlich eher schwer fällt, wenn nicht gar ganz misslingt, aber erst einmal an das Organ, passt es durchaus gut zur musikalischen Hintergrundbeschallung. Diese ist aber ebenfalls alles andere als leicht zugänglich. Ich habe im Vorfeld dieser Rezensionen einiges von Vergleichen mit der Ausnahme Band Dodheimsgard gelesen und dies ist sicherlich eine gute Basis um einen groben Stil für die Musik zu finden, NIDINGR jedoch ist irgendwie noch anders, vor allem sind sie eins: facetten- und abwechslungsreich. Mal dreschen sie in typischer Black Metal Manier drauf los, inklusive Blast Beats und eingängigen Gitarren Riffs, die ein wenig an PEM von Dimmu Borgir erinnern, mal bieten sie virtuoses, fast schon als progressiv (man möge mir verzeihen wenn das nicht stimmt, da ich auf dem Gebiet nicht bewandert bin) zu bezeichnendes Gitarrenspiel, dann präsentieren sie wieder eher Death- und „Dark“- lastiges Gitarrenspiel, nur um dann in der nächsten Sekunde völlig abgedrehte, fast schon dissonante Keyboard-Gitarren Collagen wirken zu lassen. So schaffen es die Norweger eine chaotisch-düstere Atmosphäre zu erschaffen, die wirklich fies und böse klingt. Irgendwie weiß man bei NIDINGR nie, was einen hinter der nächsten Ecke erwartet und gerade das macht den Reiz an dieser Scheibe aus. Ein interessantes Beispiel für die Variabilität der Stücke ist Lied Nummer fünf, „Righteousness in Beauty“. Die ersten paar Takte lassen sofort an das aktuelle Werk von Gorgoroth, um genau zu sein, an „Teethgrinding“ denken. Langsame stampfende Rhythmusgitarre, dazu wenige Einzeltöne der Leadgitarre im Hintergrund eine konstant langsame Gespielte Double Bass und das wütende Gebrüll von Estrella Grasa. Nach gut einer Minute jedoch überraschen NIDINGR wieder mit ihrer kontrolliert-chaotischen Spielweise, unerwarteten Breaks und gemeinen Rhythmuswechseln. Das nächste Stück, „Death and Victory“ wiederum beginnt äußerst Death Metal lastig findet dann aber zum gewohnten Spielstil zurück und nimmt zum Teil Ausmaße an die ich nur als infernalisch bezeichnen kann. Während das Album so voranschreitet und die Zeit vergeht, wird aber langsam ein Problem deutlich. Trotz der vielen Abwechslung und der Tatsache, dass kein Stück, durch kleine, geschickt gesetzte Details, wie Tasten Interludien, Ambient Spielereien und kurzen Elektro Passagen, wie das andere klingt, sind sie doch alle irgendwie von der gleichen Machart, was auf die Dauer sehr anstrengend wirkt. Außerdem geht mir, als ein konkretes Beispiel, das Geklimper bei „Mystery of Toil“ schwer auf die Nerven. Und spätestens ab diesem Stück erfordert es schon ein wenig Kondition, bis zum Ende der Scheibe durchzuhalten, da NIDINGR konsequent inkonsequent bleiben und zwischen den Stilen hin und her springen. Nach zehn Stücken ist dann auch Schluss und irgendwie war ich froh drum. Das darf man hier nicht falsch verstehen, das Album hat durchaus, wie oben beschrieben seine Reize, nur brauche ich nach einem Durchgang erstmal wieder eine kleine Pause beziehungsweise musikalisch etwas eingängigere Kost. Später werde ich sie sicherlich noch einmal hervorholen. Zur Produktion ist übrigens zu sagen, dass sie äußerst klar aber dennoch druckvoll rüberkommt, eine andere Produktion hätte zu dieser Art Musik nicht gepasst.

Kommen wir also zum Resumee. NIDINGR ist irgendwie eine Mischung aus den erwähnten Dodheimsgard, neueren Mayhem Werken, einigen Death und Dark Metal Ausflügen und eben jeder Menge Eigenständigkeit. Somit sind sie sicher nichts für absolute Black Metal Puristen, denen jegliches kleinste stilistische Fremdgehen ein Dorn im Auge ist. Für etwas offenere Musikliebhaber bieten die Mannen jedoch eine interessante, frische Alternative zu den gewohnten Stilen im extremen Metalbereich und warten mit Innovation, Facettenreichtum und Abwechslung auf, was alles zusammen eine verdammt böse, chaotische Stimmung erzeugt. Dies ist wie gesagt nicht Jedermanns Bier und vor allem die Stimme ist mehr als gewöhnungsbedürftig und verdirbt vielleicht auch so manchem, der die Musik eigentlich zu schätzen weiß, die Freude. Zudem wird die Platte auf Dauer sehr anstrengend und gegen Ende doch im Ganzen ein wenig eintönig. Wenn die Herren den Spagat meistern können, ihren eigenständigen Stil beizubehalten, es aber dabei schaffen, dem Hörer etwas mehr Freiraum und Luft zum Atmen zu lassen, dann wird das sicherlich noch sehr interessant werden. Man darf bei all dem nicht vergessen, dass es sich hier um ein Debüt handelt! Ich jedenfalls bin gespannt!
(Hendrik Brinkmann)

Wertung: 7 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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