Review Schandmaul – Mit Leib und Seele (+-)

SCHANDMAUL präsentieren sich optisch in der bisher besten Form ihrer Karriere. Das Digipack zum inzwischen fünften Album „Mit Leib und Seele“ ist sehr schön geraten, dazu wird ein heutzutage mit 32 Seiten sehr dickes und schön gestaltetes Booklet geliefert. Auch die persönlichen einleitenden Worte sind wieder dabei, was den sympathischen Charakter der Süddeutschen festigt. Musikalisch merkt man SCHANDMAUL vor allem eines an: Sie sind erwachsen geworden. Die Spielereien der Anfangstage sind kaum noch zu finden, die fröhliche Note muss über weite Strecken weichen und einer gedämpften und depressiveren Note Platz zu machen. Die mittelalterlichen und folkigen Instrumente müssen anscheinend auch immer mehr zurückstecken und Platz für Gitarren und Härte machen…

Die Münchner haben auf „Mit Leib und Seele“ definitiv einen neuen Weg eingeschlagen. Schon beim Eröffnungsstück „Vor der Schlacht“ wirken die Dudelsackklänge bedrückender denn je und die Saiteninstrumente sind überraschend tief gestimmt, auch Thomas‘ Gesang wirkt rauer und energischer, hier gefiel mir der bisherige Gesangsstil eindeutig besser. Das Grundgerüst bilden hier eindeutig die Gitarren und der Dudelsack wirkt hier – wie Akkordeon, Flöten und so weiter im späteren Verlauf des Albums – eher wie eine notwendige Zugabe denn ein wichtiges Stilmittel. Wurde der Sound der Band bisher größtenteils von den mittelalterlichen Instrumenten getragen, werden hier die Rollen getauscht. Das ist nun natürlich nicht von Grund auf schlecht, doch mag das inklusive der gedrückten Stimmung einfach nicht wirklich zusammenpassen. Bei dem gleich folgenden „Lichtblick“ schaut das wieder ganz anders aus: Hier leiten Flötentöne das Lied ein und stehen absolut gleichberechtigt neben den Gitarren, auch der Gesang von Thomas ist hier wieder angenehmer. Der Refrain ist hier mit den schnellen Gitarren und den langsam darübergelegten Geigenklängen auch absolut klasse geworden. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch das Spaß verbreitende „Mitgift“. Eine der großen Stärken SCHANDMAULs sind weiterhin die ruhigen und balladesken Stücke, bei denen die traurige Stimmung auch nicht aufgesetzt, sondern absolut natürlich und selbstverständlich wirkt. Vor allem „Abschied“ und „Die dunkle Stunde“ will ich hier hervorheben, tiefgehende und hochemotionale Lieder, bei denen alles stimmt. „Zauber der Nacht“ ist ebenfalls ein sehr ruhiges Stück, das aber eine positivere Stimmung verbreitet und vom Flötenspiel getragen wird.
Bei „Die Tür in mir“ etwa will die Mischung dagegen gar nicht so recht stimmen. Die Grundstimmung kommt mit leisen Basslinien und gedämpfter Atmosphäre daher, während dazu unpassend wirkendes Flötenspiel aufkreuzt und das gesamte Lied kaputt macht, hier wäre es ohne die Schandmaul-typischen Instrumente wohl ein annehmbares Stück geworden. Doch will man das bei Schandmaul, ein Lied, bei dem gerade das Schandmaul-typische eher nervig denn hilfreich ist? Weniger überzeugende Tracks, die ich beinahe als Lückenfüller bezeichnen würde, gibt es dazu auch noch in nicht gerade geringer Zahl. „Das Spiel“ zum Beispiel ist trotz ganz guter Idee gänzlich unspektakulär, „Wolkenberge“ ist einfach nur zuckersüß und stinklangweilig und „Großes Wasser“ ist zwar noch eine Ballade, dafür aber eine allzu nichtssagende und lahme, bei der der experimentelle Gesang von Thomas leider in die Hose geht.

Mit der Zeit fällt auf, dass die Tracklist ziemlich schlecht aufgeteilt ist, gegen Ende kommen nämlich immer weniger überzeugende Lieder zum Vorschein, womit die Motivation, das Album komplett durchzuhören, bei jedem Durchlauf weiter sinkt. Sicher, hier gibt es eine gute Hand voll richtig guter Stücke, aber als Gesamtwerk ist „Mit Leib und Seele“ mit seiner neuen, rockigeren Ausrichtung kein überzeugendes Werk und stellt im Großen und Ganzen gar eine Enttäuschung dar. Neben dem dicken Beiheft bietet die CD fast 70 Minuten Musik, aber, den Umfang in allen Ehren, ist diese Spielzeit für ein SCHANDMAUL-Album wohl einfach um einige Minuten zu lang. Das zeigen mir nicht nur die hier und da auftauchenden Durchschnittslieder, sondern auch die sinkende Motivation, das Album komplett am Stück durchzuhören. Im Endeffekt würde ich hier wohl höchstens ein gutes Drittel der Scheibe guten Gewissens als „gut“ bezeichnen, was einfach zu wenig für eine anspruchsvolle Band wie diese ist.
Schade, dass der Mittelalteranteil hier so sehr zurückgeschaubt wurde und mehr und mehr auf krachende Gitarren gesetzt wird, die typischen Instrumente wirken oftmals aufgesetzt und konstruiert (der Band will ich aber keinesfalls den Vorwurf machen, dass dies so beabsichtigt ist). Alle Bands werden irgendwann erwachsen, bei SCHANDMAUL ist das aber leider kein positiver Aspekt, die Frische und Unbeschwertheit der Vorgängerwerke scheint immer mehr zu weichen…

Wertung: 5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert