Review System Of A Down – Hypnotize

Wer gedacht hat, SYSTEM OF A DOWN würden bei einem Quasi-Doppelalbum zwei ähnliche Scheiben veröffentlichen, hat sich gewaltig geschnitten. „Mesmerize“ und „Hypnotize“ passen zwar vom gesamten Artwork zusammen wie Amerika und Fast Food, außerdem lassen sich die beiden Digipacks zu einem Doppeldigipack zusammenstecken, doch musikalisch bewegt man sich auf ganz anderen Pfaden.„Mesmerize“ war eingängig, einfach, Partymucke mit vielen fröhlichen Melodien. „Auf Hypnotize“ zeigen die Vier, dass sie auch ganz anders können. Die ersten Durchläufe gestalten sich sperrig, ja, bei den ersten zwei bis drei Hördurchgängen mag erstmal gar nichts so recht hängen bleiben. Da mag bei manchem schon ein klein wenig Enttäuschung durchschimmern, doch von System Of A Down ist man es ja noch aus früheren Zeiten gewohnt, für sein Durchhaltevermögen belohnt zu werden.

Ich fange jetzt aber garantiert nicht damit an, dass sie wieder Alben wie das Debüt oder „Toxicity“ machen sollen, auch wenn etwa die beiden Opener „Attack“ und das knackige „Dreaming“ mit seinem Wechsel aus verrückten rasenden Parts und ruhig-melodischem Refrain stark an letztgenanntes Meisterwerk erinnert. Die musikalische Entwicklung ist aber meiner Meinung nach gut und auch wichtig, um die Band interessant zu halten.
„Kill Rock ’n Roll“ passt dann schon wieder eher zur „neuen“ Ausrichtung. Serj und Daron singen hier im Duett einen gewohnt durchgeknallten Text. Wenn wir schon beim Thema sind: Daron singt hier wieder sehr, sehr viel. Ich sage es nochmal, wenn man ein Gesangstalent wie Serj in den Reihen hat, soll man das doch bitte besser einsetzen. Der Kontrast zu Daron ist zwar meistens recht gut, aber er hat mir auf dem gesamten Album eindeutig zu viel gesungen.

„Hypnotize“ macht seinem Titel gleich mal alle Ehre und wirkt durch seine Melodie tatsächlich etwas hypnotisierend. Hier kann man natürlich streiten, die eine Hälfte wird es vielleicht so sehen wie ich, die andere eher gelangweilt von dem Lied sein. Man weiß es nicht. Ich finds jedenfalls eine komische Wahl, das als erste Single zu veröffentlichen.
Bei „Stealing Society“ bekommt man erst recht unscheinbares Lied, das erst beim Refrain so richtig Coolness auspackt, hier muss man Darons Leistung absolut begrüßen. Das klingt hier teilweise schon ein bissche nach Misfits, jedenfalls war das das erste, was mir eingefallen ist. Irgendwie ist das Teil aber trotzdem recht balanglos und ist nach knapp zweieinhalb Minuten schon vorbei.

„U-Fig“ ist so ein Ding, da weiß ich bei nie so recht, was ich davon halten soll. Hier rockt es schon recht gut, Serj darf rumschreien wie ein gepiesacktes Kind, die ruhigen Stellen machen auch Freude, doch die nervigen „eat em eat em eat em“-Stellen sind nach paar mal hören nicht mehr lustig, sondern dürften sich gerne aus dem ansonsten guten Lied verziehen. So ist das aber einfach das Stück, dass mir auf dem Gesamtwerk „Mesmerize / Hypnotize“ am wenigsten gefällt. „Vicinity Of Obscenity“ ist dafür das Lied, das hier voll auf Durchgeknalltheit setzt und gar nicht versucht, auch nur eine einzige ernsthaft Stelle einzubauen. Wenn Serj von seinen „banana terracotta pie“-Erlebnissen erzählt, ist das doch einfach nur köstlich. „She’s Like Heroin“ dürfte eher gespalten aufgenommen werden, wieder ein abgedrehtes Stück, bei dem vor allem Daron das Mikro in die Hand nimmt und Serj eher unterstützend wirkt.

Die Höhepunkte feiert „Hypnotize“ aber eindeutig bei den ernsthafteren Tönen des Albums. „Tentative“ und „Holy Mountains“ schlagen eher nachdenkliche Töne an und passen ziemlich gut zu „Question!“ und „Sad Statue“ vom großen Bruder. „Lonely Day“ ist eine tieftraurige Ballade, genau das ist es, was Daron am besten singen kann. Das wohl beste Lied des Doppelalbums schließt dann den Kreis. „Soldier Side“ bietet kritischen und nachdenklich stimmenden Text, und das Instrumentale schließt sich dem an. Die Melodien in Zusammenhang mit dem Gesang berühren und gehen tief, erst recht wenn der Refrain einsetzt, der zum Ende hin ins „Soldier Side“-Intro des Vorgängers mündet und wirkt im Gesamten einfach sehr ergreifend.

Am Ende bleibt ein Album, dass für eher gemischte Gefühle sorgt. Ganz anders als auf „Mesmerize“ musizieren die Männer hier und stellen den Hörer vor eine schwere Aufgabe. Auch wenn beide Alben in einem Abwasch aufgenommen wurden, macht die Trennung der Lieder im Nachhinein schon seinen Sinn. Der ein oder andere Song (für mich vor allem „Stealing Society“ und „U-Fig“) mutet mir trotzdem eher wie Füllmaterial an, das hat es auf „Mesmerize“ nicht gegeben, wodurch neben wirklich überzeugenden Liedern ein etwas fahler Beigeschmack bleibt. Von daher kann man sich natürlich auch fragen, ob man nicht das ein oder andere Stück hätte weglassen können und alles auf ein vielleicht knapp einstündiges Album hätte packen können. So kommt man auch hier wieder nicht auf die 40 Minuten.

Noch ein Wort zur Special Edition mit DVD-Seite. Die beiden Videos zu „BYOB“ und „Question!“ sind ganz nett, der Sinn das Album in „Enhanced Stereo“ nochmal draufzupacken, erschließt sich mir aber nicht so recht, da man auch auf einer guten Anlage nicht weltbewegend besser damit hört. Das „Studio Documentary“-Video ist leider ziemlicher Datenmüll. Hier werden weder Informationen noch lustige Szenen oder sonstwas geboten, sondern nur ein kruder Zusammenschnitt einiger Szenen in schlechter Qualität mit vielen Farben und zusammengeschnittenen Schnipseln aus den beiden Alben. Toll. Zeitverschwendung.

Das fließt aber nicht in die Wertung mit ein. „Hypnotize“ ist ein Album, dass gegenüber „Mesmerize“ trotz einiger Granaten den Kürzeren zieht und damit etwas enttäuscht, da leider auch nach vielen Durchgängen noch einige Durchhänger auszumachen sind. Nichts desto trotz ist das Album allen zu empfehlen, die „Mesmerize“ nicht nur wegen dem hohen Spaß- und Tanz-Anteil gemocht haben. Oder gerade denen, die es ZU locker-flockig fanden…

Wertung: 7 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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