Eine der positivsten Überraschungen des ersten Halbjahres ist für mich „Metamorphine“ von der Frankfurter Band PAIMON. Sie beweisen nicht nur eindrucksvoll, dass der deutsche Underground nach wie vor wächst und gedeiht, sondern auch, dass melodischer Death Metal nicht schwedisch klingen muss, um gut zu sein. Klar, ganz ohne Querverweise zu In Flames oder Dark Tranquillity geht es kaum, aber PAIMON gehen ihren eigenen Weg und haben weder die Absicht noch den Bedarf, bei den großen und bekannten Bands des Genres zu klauen.
Hier wird nämlich noch mehr auf melodiebetonte und atmosphärische Stücke gesetzt, in dem auch mal folkige Elemente auftauchen. Was auch gleich mal positiv ins Gewicht fällt, ist der Verzicht auf Keyboards oder sonstige Tasteninstrumente. Gegen gut eingesetztes elektronisches Geklimper ist zwar nie etwas einzuwenden, aber es geht eben auch ohne. Und das ist besser, als zwanghaft etwas einbauen zu wollen, was nicht passt.
Die Geschwindigkeit wird hier nie bis zum Anschlag ausgereizt, es wird hier eher im gehobenen Midtempo gespielt als nach Speedrekorden zu suchen. Damit haben die Hessen aber auch alles richtig gemacht, man höre sich nur mal etwa „Millenial Troubles“ an. Es ist zwar eher langsamer gehalten, doch der Hauptriff und die Melodien wissen sehr zu überzeugen und mitzureißen, dazu dringt aus dem Hintergrund fast das ganze Lied über eine folkig-mittelalterliche Melodie durch, welches hier hervorragend passt. „Millenial Troubles“ übrigens ist hier neben zehn englischen Liedern das einzige in russischer Sprache, was überraschenderweise wunderbar zum Sound von PAIMON passt und auch nicht den Anspruch hat, damit aus der Reihe fallen zu wollen. Das darauf folgende „Moment Of Pride“ erinnert dann doch ausnahmsweise mal recht stark an In Flames zu „Jester Race“- und „Whoracle“-Zeiten, was die Gitarrenarbeit angeht. Das aber machen PAIMON wie auch den Rest des Albums klasse, ein weiteres schönes Lied und zusammen mit „Millenial Troubles“ wohl der Doppelhöhepunkt der Scheibe. Dazu muss ich aber auch das über siebenminütige „Madman’s Revenge“ zählen, dass gekonnt zwischenruhig-avantgardistischen und schon thrashigen Parts hin- und herwechselt.
Auch gesanglich lässt sich nicht meckern. Am Anfang des starken Eröffnungsstückes „Phobia“ stößt der russische Sänger Voland erst einen tiefen und dann einen höheren krächzigen Schrei aus. Die Gesangsarbeit liegt meistens irgendwo dazwischen, so richtig definieren kann man das nicht, er wechselt auch oft zwischen beiden Stimmlagen, vermischt sie aber meistens irgendwie, was doch sehr gut klingt. Der Mann hat auch gut Kraft und Aggression in seiner Stimme. Seine klar gesungener Auftritt bei „Come To My Tomb“ gefällt mir allerdings nicht so recht, wirkt etwas arg aufgesetzt und genäselt. Ansonsten ist aber auch dieser gotisch angehauchte und verträumte Track gut gelungen.
„Metamorphine“ ist ein durch und durch überzeugendes Album geworden. In wie weit man sich im Vergleich zum vier Jahre älteren Debütalbum „Terra Oblivions“ verändert hat, kann ich leider nicht sagen, da ich das Album nicht kenne. Zudem bekam die Scheibe einen amtlichen Sound verpasst. Man sollte sich nur nicht vom ersten oder zweiten Eindruck täuschen lassen, wenn man dann denkt, PAIMON hätten wenig Eigenständigkeit zu bieten. Bei mir verflog der Gedanke spätestens beim dritten Durchlauf und von da an konnte ich immer neue und versteckte Elemente entdecken, die das Hörerlebnis noch erweitern. Und das ist es auch, was PAIMON bieten. Ein Hörerlebnis, zum Genießen. Nicht unbedingt zum Abgehen und Rumhüpfen bei trinkfesten Feiern, sondern eher für Kenner und Musikliebhaber.
Wertung: 8 / 10