Hey, da kommt ja aus der progressiven Ecke mal wieder was richtig Erfrischendes! Zwischen all den guten bis sehr guten Progplatten der Neuzeit gibt es ja doch so einige, die sich dem bloßen Abkupfern verschrieben haben. Meistens klingen sie wie Dream Theater, Yes, ELP oder Rush. Klassisch und symphonisch oder aber rau und ungestüm. Dabei tritt ans Tageslicht, dass Prog sich oftmals nicht mit „Rock“ vereinbaren lässt. Doch damals wie heute gibt es auch Bands, die diese Symbiose auf äußerst mitreißende Weise schaffen. Damals waren es Acts wie „Kansas“, heute gehört das neue Projekt PRESTO BALLET von Metal Church-Gitarrist Kurdt Vanderhoof definitiv dazu.
Mit einer Vielzahl an analogen und digitalen Tasteninstrumenten ausgestattet, machen sich die Jungs auf eine Reise in die 70er und lassen deren Spirit wahrhaftig wiederaufleben. Lyrische, verträumte Melodien und Hooks stehen dreckigen Hammondsounds, groovigen Gitarrenriffs und einem präzisen Schlagzeug gegenüber, das nicht selten an das gute alte „Machine-Gun-Drumming“ von Kansas erinnert. Nach vorn rockend, straight, aber ohne Ähnlichkeiten mit typischem Powermetal-Drums aufzuweisen. Da das Album komplett analog eingespielt und aufgenommen wurde, kann man auch produktionstechnisch die 70er heraushören, natürlich ohne allzu lautes, störendes Rauschen.
Der Opener und Titeltrack zeigt gleich wo es langgeht: Einem solchen Groove kann man sich einfach nicht entziehen. Sänger Scott Albright passt wie die Faust aufs Auge zur Musik. Seine Stimme besitzt eine rockige Grundausrichtung, ist aber auch wunderbar für schöne mehrstimmige Refrains geeignet. „The Fringes“ ist ungleich progressiver und ausladender, vernachlässigt aber trotzdem nicht die Rockseite. Mit „Find The Time“ ist zudem eine moog-getränkte Ballade am Start, die in all ihrer psychedelischen und poetischen Melodieführung eigentlich nur aus den 70ern kommen kann. Ganz große Klasse! Das nachfolgende „Speed Of Time“ entwickelt sich nach ruhigem Akustikgitarrenintro schlagartig zum nach vorn stampfenden Progsong. Alle Elemente, die progressive Musik, aber auch Hardrock oder Rock’n’Roll ausmachen, sind hier vorhanden. Geschickte Breaks setzen Spannungspunkte, die Mellotron-Keys unterbreiten tolle, leicht dissonante Streicher und die bald folgende Strophe könnte in der Tat – stimmlich, textlich, musikalisch – von Kansas stammen. Eine Pianopassage unterbreitet klassische Stimmung, es folgen wieder recht unharmonische Streicher, dann Groove und Hooks zum Niederknien in der Bridge, pumpende Gitarren, ein kurzes Basssolo, eine zweite Bridge; anschließend kehrt man zur Grundstruktur des Songs zurück, ehe man zum bombastischen Finale bläst, welches sehr ruppig in „Sunshine“ übergeht.
Nach diesen Tracks müssen wir nun aber auch zu der negative Aspekten von „Peace Among The Ruins“ kommen. Neben diesen beeindruckenden Songs haben sich nämlich auch ein paar eher uninspirierte Nummern dort eingeschlichen. Dazu gehören vor allem „Sunshine“ und das schier unendlich lang wirkende „Bringin’ It On“, welches wohl die „Schöne-Welt-Stimmung“ der Flowerpower- und Drogenzeit heraufbeschören soll. Die Strophe ist noch sehr nett, die sanften Atmosphärensounds auch, aber der Refrain ist einfach nicht auskomponiert. Ist das Album am Anfang noch sehr erfrischend, wirkt es hier doch sehr ermüdend. Auch diese Songs atmen den musikalischen Duft der 70er, sind aber nüchtern betrachtet eher unspektakulär und für längere Zeit leider nicht allzu interessant. „Slave“ und „Seasons“ sind da schon ansprechender. Ersteres versucht sich als ein zweites „Speed Of Time“, ohne jedoch dieselbe kompositorische Stringenz und Tiefe zu entwickeln. „Seasons“ ist ein netter Füllsong.
Und so bleiben letztendlich vier vollkommen geniale Songs, die eine Spielzeit von etwa 30 Minuten ausmachen. Das restliche Material ist mehr oder weniger guter Füllstoff. Letztlich muss jeder selbst entscheiden, ob diese Scheibe ihr Geld wert ist. Jene vier Songs sollte man jedoch wirklich mal gehört haben!
Wertung: 7 / 10