Review Running Wild – Rogues En Vogue

  • Label: G.U.N.
  • Veröffentlicht: 2005
  • Spielart: Heavy Metal

Running Wild ist eine dieser Bands (wobei das Wort “Band“ die Sache heutzutage nicht mehr wirklich trifft, das “Projekt“ von Rock’n’Rolf Kasparek, das “Projekt“ Soulfly lässt grüssen), die es den Fans mit neuen Platten eh nicht mehr recht machen können. Für die einen ist “Under Jolly Roger“ das Maß aller Running Wild Alben, für andere “Port Royal“, und für den Verfasser dieser Zeilen ist es “Black Hand Inn“. Auf der anderen Seite muss man aber wirklich betonen, dass sie noch nie ein wirklich schlechtes Album veröffentlicht haben. Drei Jahre hat es diesmal seit “The Brotherhood“ gedauert, ehe uns Oberpirat Kasparek nun den neuesten Streich “Rogues En Vogue“ vor den Latz knallt. Waren früher für mich die Covermotive von Running Wild eines genialer wie das Andere, so setzt das neue Album leider eine Strähne fort, die mich schon auf den letzten zwei Alben gestört hat: Ich finde die Motive der “Victory“, “The Brotherhood“ und nun leider auch das von “Rogues En Vogue“ im Vergleich zu früher einfach schwach. Jedoch gibt es auch Positives zu vermelden: “Drummer“ Angelo Sasso ist nicht mehr, mit Matthias Liebetruth trommelt wieder ein Mensch aus Fleisch und Blut, was dem Sound nur gut tun kann.

Es gibt Bands, die erkennt man sofort beim ersten Riff, einer bestimmten Art des Gitarrespielens, etc. Für Einige ist so etwas negativ und sie bezeichnen es als abwechslungslos, meiner Meinung nach ist so ein Wiedererkennungswert alles andere als schlecht, wie viele Bands gibt es denn, bei denen man sagt, sie hörten sich wie Running Wild an? So weiss man auch nach den ersten Tönen des Openers “Draw The Line“ sofort, wessen CD nun im Player rotiert. Auch der Rest ist ein typischer Running Wild Mid-Tempo Song, nett, aber auch kein Überhammer. “Angel Of Mercy“ zieht das Tempo dann schon um einiges an, und Begeisterung fängt an sich breit zu machen. Neben dem wirklich mega-catchy und mitsing-kompatiblen Refrain zeigt sich mal wieder das unglaubliche Gespür von Rolf für tolle melodiöse Bridges, also den Übergang von Vers zu Refrain, schon immer eine Stärke von Running Wild. “Skeleton Dance“ ist ein sehr rockiger Song mit Klasse Instrumental-Part…hatte ich das mit den Bridges schon erwähnt? Ein Intro angehaucht vom typischen Piraten-Flair läutet “Skull & Bones“ ein, es gibt einfach keine andere Band, die diese spezielle Atmosphäre schaffen kann. Könnte auch gut und gerne auf de genialen “The Rivalry“ gestanden haben. “Born Bad, Dying Worse“ schlägt dann in die gleiche Kerbe wie “Skeleton Dance“, sehr rockiges Mid-Tempo, nur der Refrain kann mich hier zur Abwechslung mal überhaupt nicht begeistern. Etwas schneller geht es dann über das Running Wild typische “Black Gold“ weiter zum Bangkompatiblen “Soul Vampires“, ein sehr cooler Stampfer, bei dem mir nur der etwas mit Halleffekten unterlegte Vers-Gesang missfällt, aber es hält sich zum Glück in Grenzen.

Als nächstes steht nun der Titeltrack auf dem Programm, der mit fantastischem Intro beginnt, und sich zu einem schnelleren Song entwickelt, inklusive sehr geilem Refrain. Ganz eindeutig das bisherige Highlight der Platte, zu dem auch der Instrumentalteil in der Mitte beiträgt. Eines der besten Running Wild Lieder der letzten Jahre. “Winged & Feathered“ führt die eingeschlagene Richtung fort und entwickelt sich gleich zum zweitbesten Song nach dem Titeltrack. Speziell bei diesem Lied werden Erinnerung an längst vergangene Running Wild Zeiten wach, eine Mischung aus “Black Hand Inn“ und “Pile Of Skulls“ Zeiten. Bei der Bridge zaubert Herr Kasparek eine derart melodiöse und obergeniale Gesangslinie, dass einem die Freudentränen in die Augen schießen. Diese zwei Songs alleine rechtfertigen schon den Kauf dieser Platte. Beim nachfolgenden “Dead Man’s Road“ rettet nur der (mal wieder) tolle Refrain das Lied vor dem Mittelmaß. Mit “The War“ steht dann das obligatorische zehnminütige Mammutwerk des Albums an. Beginnend mit einem Gitarrenintro, wird der Reigen mit eher im Mid-Tempo angelegte Galopp-Gitarren eingeläutet. Die Melodie bleibt sofort im Ohr hängen, die eingestreuten Instrumentalteile passen sich hervorragend ein und warten mit tollen Soli auf. Nach ca. viereinhalb Minuten (also der Länge eines Standard-Songs) überrascht ein Break den Hörer, und ein Gitarrenteil führt eine völlig neue Melodie ein, die mich etwas an Iced Earth’s “The Glorious Burden“ erinnert, wobei ich befürchte, mit diesem Vergleich für viel Stirnrunzeln zu Sorgen, doch sobald man den Teil hört, wird man verstehen, was ich meine. Hat man sich gerade daran gewöhnt, kommt das nächste Break, langsames gefühlvolles Gitarrenspiel, das so gar nicht zum relativ Happy-Feeling des Songs bis dato passen will, aber einfach nur genial umgesetzt ist. Langsam setzen wieder alle Instrumente und der Gesang ein, und plötzlich ist aus dem Happy-Song ein düsterer Stampfer geworden, fantastisch. Normalerweise ist das Album nun zu Ende, doch die glücklichen Besitzer der limitierten Erstauflage dürfen sich nun noch über zwei Zugaben freuen. Und die sind wahrlich ihr Geld wert. Zugabe Numero Eins lautet auf den Namen “Cannonball Tongue“, ein schneller Song, der für mich völlig unverständlich “nur“ Bonussong ist, lieber hätte man dafür auf der “normalen“ Albumversion “Dead Man’s Road“ weg gelassen. Zugabe Nummer Zwei mit Namen “Libertalia“ vereinigt dann zum Abschluss nochmals alle von den Fans so geliebten Running Wild Trademarks, ein schneller Song mit toller Melodie, tollem Gesang, geilem Refrain, den man live so richtig schön Mitsingen kann, und am Ende noch schöne Chor-Gang-Shouts. Ein fantastischer Abschluss einer wirklichen sehr guten Platte.

Ein zeitloses Meisterwerk ist “Rogues En Vogue“ sicherlich nicht geworden. Doch jede langjährige Running Wild Fan, und ich selber bin genau das, kann bedenkenlos zugreifen, eine Steigerung zum Vorgänger “The Brotherhood“ ist meiner Meinung nach deutlich und wie schon angesprochen stehen mit dem Titeltrack, “Winged & Feathered“, “The War“ oder “Libertalia“ einige der besten Running Wild Songs der letzten Jahre auf dem Album.

(Oli)

Wertung: 8 / 10

Geschrieben am 5. April 2013 von Metal1.info

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