Obwohl Ektomorf mit vorliegendem “Instinct“ bereits die sechste Scheibe auf die Menschheit loslassen, konnte erst mit dem 2004er Album “Destroy“ eine breitere Hörerschaft auf sich aufmerksam gemacht werden. Jedoch muss man hierbei bedenken, dass die Ungarn die ersten Beiden in ihrer Landesprache aufnahmen, und auch die zwei nachfolgenden noch gemischt waren, was natürlich außerhalb der ungarischen Landesgrenze die ganze Sache weitaus weniger Massenkompatibel macht. War eben jenes “Destroy“ (mit dessen meiner Meinung nach viel zu hoher Bewertung des Kollegen Thorsten ich überhaupt nicht einverstanden bin) teilweise noch sehr abgedreht und abgespaced und driftete in SlipKnotsche bizarre Gedankenwelten ab, ist der Neuling eine straighte Dampfwalze voll auf die Fresse. Irgendwo zwischen Sepultura’s “ChaosRoots A.D.“, Machine Head’s “Burn My Eyes“ und SlipKnot’s “Iowa“ prasseln zwölf Hasstiraden auf dne Hörer herein, und auch der “Hardcore“ Anteil der laut Nuclear Blast Infoblatt Genrebeschreibung “Thrash Metal / Hardcore“ wurde deutlich zurück geschraubt, was den Jungs sehr gut zu Gesicht steht.
Der Opener “Set Me Free“ könnte dann auch gleich original aus der Feder eines gewissen Max Cavalera stammen, die typischen Galopp-Riffs (nicht zu verwechseln mit den Galopp-Stakkato-Riffs von beispielsweise Iced Earth), die ihn so bekannt gemacht haben. Und auch stimmlich steht ihm Sänger Zoltàn Farkas in nichts nach und würde locker als Zwillingsbruder durchgehen. Der Song bewegt sch gegen Mid-Tempo , hat aber einen wirklich bösen Drive. “Show Your Fist“ schlägt in exakt die gleiche Kerbe, wenn auch etwas schneller zu Werke gegangen wird, verfeinert mit etwas Zigeuner..ja..Gesang!? Abgeschlossen wird mit einem Riffgewitter, wie man es seit Machine Head’s “Davidian“ nicht mehr gehört hat. Mit dem Titeltrack prasselt dann eine Hasstirade auf den Hörer ein, die selbst SlipKnot’s “Surfacing“ teilweise in den Schatten stellt. Doch hat man sich eben an die Rohheit gewöhnt, packen Ektomorf ein fantastisches Gitarrensoli dazwischen, das einen wirklich total überrascht. Danach wird das Tempo angezogen und der Song neigt sich Mitschreikompatibel dem Ende. Bei “Burn“ stellt sich zum ersten Mal die Verbindung zwischen roher Brutalität der Metallklänge und ruhigeren Gypssounds in den Vordergrund. Durch diesen Aspekt erinnert dieser Song wie kein andere vorher an die ““Roots“ der damals noch mächtigen Sepultura. Mit eben jenen Zigeunerklängen wird man auch aus dem Lied entlassen. Wieso diese Scheibe den Namen “Instinct“ trägt, veranschaulicht das als nächstes anstehende “The Holy Noise“ sehr deutlich: Gnadenlose Riffs fräsen sich den Weg ins Kleinhirn, auf die niederen Instinkte beschränkt ballert der Song aus den Boxen, wer ansruchsvolle Musik möchte, soll sich gefälligst Dream Theater anhören. Man drehe einfach nur beim abschließenden Riff-Gewitter die Lautstärke auf volle Pulle und gebe sich der Ohnmacht nahe den Klängen in einem wilden Bangen hin, abartig! Der Name lässt es erahnen, eine Ballade steht auch mit “Fuck You All“ nicht an, dafür wird das Tempo extrem angezogen. Seltsam drucklos tönt dieses Lied leider im Gegensatz zu den Bassboxen-Fetzenden Klängen der Songs zuvor. Allgemein ein schwächerer Song. “United Nations“ beginnt mit langen Instrumental-Intro, eher sich wieder diese göttlich rohen Riffs gen Trommelfell ihren Weg bahnen. Für das lange Intro ein recht kurzer, aber dafür schneller und voll-auf-die-Fresse Song. Mit “Land Of Pain“ steht ein Intermezzo an, das aus Instrumentalklängen und weiblichen Zigeunergesang (was aber auch locker als arabisches Allah-Gejaule durchgehen würde) besteht, und schnurstracks zu “I Break You“ überleitet. Eben Jenes entpuppt sich als Mischung aus sehr fiesem Riffing und “Chaos A.D.“ artigen schnelleren Tempoparts (Stichwort “The Hunt“). “You Get What You Give“ und “Until The End“ plätschern danach leider etwas vor sich hin, es sind beide wahrlich keine schlechten Songs, doch irgendwie hat man das Gefühl, beide in leicht abgewandelter Form schon vorher auf dem Album gehört zu haben. Mit abschließendem “I Will“ wird dann nochmals der Hammer ausgepackt, jedoch ergibt sich hier das gleiche Problem wie bei “Fuck You All“: Der Sound. Gerade für Nuclear Blast Verhältnisse ungewöhnlich drucklos, was schade ist, denn de Gitarren sägen nochmals richtig schön den nächsten Urwald ab.
Die brasilianische Flagge ist ja schon längst abgehängt, doch so langsam kann man anfangen, dafür die ungarische Fahne zu hissen. Allerdings muss man auch ehrlicherweise sagen, dass bei aller Rohheit, Brutalität und Hasstiraden etwas mehr Abwechslung dem Album gut getan hätte, gegen Ende wird es doch etwas eintönig. Spielraum nach oben ist also noch da, auf der andern Seite auch eindeutig Potenzial. Die Empfehlung von Kollege Thorsten beim Vorgänger trifft immer noch zu: Alle enttäuschten Mitglieder des Sepultribe Soulflyers, Nailbombers, Maggets und auch Fanatiker von Machine Head’s “Burn My Eyes“ können bedenkenlos zugreifen.
(Oli)
Wertung: 8.5 / 10