Review Green Day – American Idiot

Auf gehts, lasst uns den Punkrock wieder aufleben! Oder so ähnlich halt… Jedenfalls etwas in der Richtung, denn Green Day aus dem Nonstop-Sonnenplatz Kalifornien haben wieder was zu sagen. Und das nach knapp zweijähriger Starre. Wobei man die B-Seiten Kollektion aus dem Jahre 2002 nicht wirklich als richtigen Output bezeichnen kann, sondern lediglich ein kleiner Happen für die Hardcore-Fanfraktion war. Diesmal aber hat das Album eine handfeste Aussage: „American Idiot“. Gerichtet ist der Slogan an keinen geringeren als US-Präsident George W. Bush, der nach Meinung der Punker nicht einmal richtig Präsident ist, da er bei der Wahl gegen Al Gore nicht rechtsgemäß gewählt wurde. Aussagen wie diese widersprechen der Band jedoch, da sie vor Jahren das Statement zutage legten, keine politische Band zu sein. Das Album und aktuelle Äußerungen beschweren das Gegenteil erheblich.

Nichtsdestotrotz präsentieren sich Green Day musikalisch von ihrer Schokoladenseite. Was wurde ihnen nicht schon alles vorgeworfen? Unterstellungen, sie seien nichts anderes als eine weitere Band im Fahrwasser von Blink 182 oder Sum 41 gehören zwar mittlerweile den vergangenen Jahren an, aber der Schmerz blieb. Wohl auch der Grund, weshalb sich Green Day nicht mehr gänzlich auf altbekanntes Repertoire verließen, sondern eine richtige Punk-Oper erschufen. „Jesus Of Suburbia“ ist ein Song dieser Sorte. Sage und Schreibe neun (!) Minuten lang dreschen Green Day in die Saiten und Trommeln und gehen dabei verschiedene Kapitel durch. Beeindruckend. Wirklich Gut. Normalerweise quetschten Green Day einen Song in knapp zwei Minuten. Das war mal. Zu „Dookie“-Zeiten, man wird sich erinnern.

Aber nur keine Furcht, altbekanntes wird man auch hier wiederfinden. Der Titelsong ging natürlich vornehm ganz nach oben in die Hitparaden und wird den Green Day-Kritikern wieder ordentlich Zucker in den Tee geben. Alles an Catchiness und Massentauglichkeit wurde in diesen Song gepackt, gnadenlos und ohne Erbarmen. Er kracht, er fetzt und hält die Menge in Bewegung. So wie es wahrscheinlich beabsichtigt war. So wird aus Punkrock schnell mal leichter Poppunk und das wäre nicht einmal das schlimmste. „Boulevard Of Broken Dreams“ besänftigt das Geschehen wieder ein wenig, wirkt fast wie eine Ballade, von Punkrock irgendwie keine Spur. Green Day wurden von Punkrock zu Poppunk und schließlich Rock. Punk kann ich hier nicht wirklich nachweisen. Umso druckvoller ist „St. Jimmy“, hier tobt sich das Trio aus und endlich setzt sich auch das Rebellische frei, das, was wir beim Punkrock so lieben. Selbiges bei „She’s A Rebel“ – Spaßpunk, ohne große Umschweife. So schön kann der Hörer versorgt werden. Halleluja.

Bestimmt gehören Green Day nicht zu den Kapellen, die vor Beginn ihrer Karriere ordentlich Dreck gefressen haben und werden dadurch auch gerne mal belächelt. Aber muss sich eine Band im Vorfeld wirklich im Schmutz gewälzt haben, ehe sie sich Respekt im Geschäft erarbeiten kann? Politisches Engagement, wie es Green Day derzeit an den Tag legen, muss zwar nicht sein, ist aber jederzeit eine Bereicherung. Musikalisch zeigt die Band auf jeden Fall einen riesigen Fortschritt. Neun-Minuten-Songs kennt man im Grunde nur aus dem Metal-Bereich. Dass Green Day nicht das geringste damit gemein haben und trotzdem Flexibilität unter Beweis stellen – davor gehört der Hut gezogen. Ob nun Kommerz oder Sell-Out – Kritiker werden ihr Feindbild in Green Day auch auf „American Idiot“ wiederfinden, soviel ist sicher. Hier sei aber gesagt, das die Band wenigstens musikalischen Anspruch und die Authenzität vorzuweisen hat – ganz im Gegensatz zu den nach Aufmerksamkeit lechzenden Eintagsfliegen der hiesigen Charts. Punkt.

Wertung: 8 / 10

Geschrieben am 5. April 2013 von Metal1.info

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