Review Windir – Valfar, ein Windir

  • Label: Tabu
  • Veröffentlicht: 2004
  • Spielart: Black Metal

Windir – eine großartige Band, die ich leider erst nach ihrem tragischen Ende durch den Tod Terje „Valfar“ Bakkens, des Mannes hinter dem ganzen Projekt, vor nun fast genau einem Jahr kennenlernte, und die schnell zu meiner absoluten Lieblingsband wurde und dies auch immer noch ist. Nach dem Tod Valfars veröffentlichten die verbliebenen Mitglieder, die mittlerweile in Form ihres Projekts Vreid weitermachen, unter Absprache mit Valfars Eltern dieses letzte Windir Album, oder sollte man vielleicht sagen, Denkmal. Hier ist wirklich nicht von einer Veröffentlichung zu rein kommerziellen Zwecken zu sprechen, da hier, bis auf eine Ausnahme, auf die ich später noch einmal zurückkomme, wirklich viel Mühe investiert wurde. Die erste CD beinhaltet unveröffentlichtes Material, vorzügliche Coverversionen und zwei Livetracks vom Gig am 27. September 2003 in Trondheim. Die zweite CD gibt einen Überblick über zehn Jahre Windir und, auch wenn die Wahl schwer gewesen sein musste, es fanden durchaus würdige Songs Platz auf der Scheibe, weswegen die Platte durch diese Art „Best-Of“ auch für Neulinge interessant ist, die Windir bisher nicht kannten.

Das Intro „Stri“ war einer der letzten Titel, die Valfar noch selbst aufgenommen hatte, und dieser klingt produktionstechnisch meiner Meinung nach gar nicht nach Windir, jedoch auch diese Produktion steht dem Song gut. Auch bei „Stridsmann“, dem letzten von Valfar geschriebenen, aber erst im Juni des letzten Jahres aufgenommenen und vom Gitarristen Sture eingesungenen Song merkt man deutliche Unterschiede zu älteren Alben. Im Vergleich zum 2003er Album „Likferd“ sind die Instrumente klarer und weniger rauh, aber auch der Gesang Stures, der auch den Gesangspart bei Vreid übernimmt, unterscheidet sich stark von der Valfars, was den Charakter des Liedes ebenfalls stark beeinflusst. An sich ist der Titel in der ersten Hälfte eher schnell und aggressiv, wird dann aber zu einem ruhigen, melodischen Atmosphäresong. Eben typisch für Windir. „Dans På Stemmehaugen“ ist eine Neuaufnahme des ersten von Valfar im Jahre 1994 geschriebenen Song, der sich auch auf dem „Sognariket“ Demo wiederfindet. In den etwa sechseinhalb Minuten wird kaum Gesang verwendet, weswegen alles eher wie ein überlanges Intro scheint, jedoch ohne an Abwechslung zu verlieren. Auch hier ist die „neue“ Produktion stark zu vernehmen. „The Profound Power“ ist eine Neuaufnahme vom Album „Cherish The Obscure“ von Ulcus, einer mit Windir befreundeten Band, die ebenfalls aus Sogndal in Westnorwegen stammt. Bei dieser Aufnahme schrie noch Valfar ins Mikro und auch die Produktion erinnert ein wenig mehr an ältere Windir-Werke.

Weiter auf der ersten CD geht es mit der Coverversion von „Dauden“, vom Likferd Album (2003), eingespielt von der norwegischen Legende Enslaved. Die Band schafft es, das onehin schon geniale Lied in ihren Stil zu transformieren, ohne dabei die wesentlichen Elemente zu vernachlässigen. Schon hier gibt es wirklich nichts auszusetzen. Toppen können das nur die Finnen von Finntroll, mit ihrem Cover von „Ending“, wessen Original sich auf „Arntor“ (1999) befindet. Die Säufertruppe kreiert einen nahezu komplett neuen Song, aber ohne komplett vom Schema des ursprünglichen Tracks abzuweichen. Insgesamt gehen die Humppa-Metaller schneller zu Werke und bringen ihren „Troll Metal“-Stil stärker in den Song ein als die Vorgänger Enslaved. Gegen Ende des Songs tönt noch ein abschließendes „Heidra Windir! Heidra Valfar!“ durch die Boxen. Ein wirklich genialer Titel, allerdings wird die gute Stimmung von „Mørkets Fyrste“ zerstört. Hier wären wir beim einzigen Kritikpunkt am gesamten Album. Wer zur Hölle hat diesen Techno-DJ unter dem Pseudonym „E-Head“ für diese Platte arrangiert und was zur Hölle hat eine Dancefloorvergewaltigung eines einst genialen Black Metal-Songs auf einem solchen Album zu suchen? Bitte, wem’s gefällt, aber nicht auf dieser Scheibe! Glücklicherweise können das Cosmocrator von Mindgrinder am Mikrofon und der Gitarre, das Multitalent Samoth ebenfalls an der Gitarre, der Fellklopper Trym und Disiplin Bassist Invictus, alle zusammen unter dem Pseudonym Notodden All Stars mit der Death/Black Metal Version von „Destroy“ vom 1184-Album (2001) wieder ausmerzen. Auch wirklich interessant. Das letzte Cover vom Debüt „Soknardalr“ (1997) „Likbør“, eingespielt von Weh, einer Band, zu der ich leider keine weitere Information finden konnte, außer, dass auch sie befreundete von Windir bzw. Vreid zu sein scheinen, konnte mich persönlich begeistern. Mit dieser Akustikversion kommt glatt romantische Lagerfeuerstimmung auf. Auch wenn das nicht jedermanns Geschmack sein wird, ich bin mir sicher, Valfar wäre ebenfalls schwer beeindruckt gewesen. Insgesamt ist der Coverteil fast schon ein alleiniger Kaufgrund für diese CD, wenn man mal von dem Technomist absieht, den E-Head zelebrieren.

CD 1 schließt dann mit den zwei nicht nur genial gewählten, sondern auch die Livefähigkeit Windirs gut darstellenden Songs „Svartasmeden Og Lundamyrstrollet“ von „Arntor“ (1999) und „Blodssvik“ von „Likferd“ (2003) ab. Besonders ersterer ist meiner Meinung nach ein Ohrenschmaus, da er schon als Studioversion einen der besten Titel in der Windir-Geschichte darstellt. Wer bisher daran zweifelte, man könne die Atmosphäre solch komplexer Lieder live nicht gut herüberbringen, der wird hier eines besseren belehrt, da vor allem sehr auf die Soundtechnik geachtet wurde, weder die Instrumente, noch der Gesang zu leise, zu laut oder zermatscht rüberkommt, und auch die Performance bei diesem fast zehnminütigen Song durchgehend gut bleibt. Auch die zweite Liveaufnahme kann diesen ersten Eindruck nur bestätigen. Wirklich ein Jammer, dass ich diese Band nie live erleben konnte, und das wohl oder übel auch in Zukunft nicht mehr tun kann.

Das Best-Of auf der zweiten CD beginnt mit dem atmosphärischen „Soge II (Framkomsten)“ und geht weiter mit „Krigaren Si Gravferd“, vom ersten Demo Sognariket aus den Anfangsjahren Windirs, als Valfar gerade mal 16 oder 17 Jahre alt war. Zwar ist die Produktion trotz Überarbeitung nicht die beste, allerdings ist es für eine Demo wirklich eine beachtliche Leistung, die Valfar mit seinem damals noch eher Soloprojekt vollbrachte (Übrigens wurden alle Songs auf CD 2 im Juli 2004 tontechnisch überarbeitet). Als nächstes bekommt man den Opener „Sognariket Sine Kriagarar“ vom ersten Vollängen Album „Sóknardalr“ aus dem Jahre 1997 auf die Ohren, welcher zwar meiner Meinung nach nicht den besten auf dem Debüt darstellt, aber trotzdem keine schlechte Wahl war. Nun geht es weiter mit drei Songs des „Arntor“ Albums, dem Intro „Byrjing“, dem auch auf dem Original darauffolgende, vermutlich wichtigsten und populärsten Song in der Windir-Historie, der jedem Freund des stilvollen Black Metal ein Begriff sein sollte, „Arntor, Ein Windir“ und dem recht langen, aber auch genialen „Saknet“. Wäre „Svartasmeden Og Lundamyrstrollet“ nicht schon als Live-Version vorhanden, wäre wohl noch selbiges in die engere Auswahl gefallen. Leider fanden von der meiner Meinung nach besten Windir-Scheibe „1184“ nur zwei Titel auf das Best-Of, der sehr folkige Titeltrack und die tragisch berühmte Hymne „Journey To The End“. Ersteres gefällt mir alleine wegen seiner folkloristisch angehauchten Melodie, den klagenden Gitarren und dem Akkordeon sehr gut und ist wohl auch allgemein einer der besten Lieder auf dem „1184“-Album, ebenso das wahrlich melancholische und durch den Tod Valfars aufgrund des leider so passenden Textes noch viel trauriger wirkende „Journey To The End“. Eventuell hätte man noch „Dance Of Mortal Lust“, „Heidra“ oder „Todeswalzer“ mit auf die CD packen können, es ist mir jedoch völlig schleierhaft, weshalb nur zwei Songs dieses Albums Platz hatten. Jedoch vom in meiner Favoritenliste direkt gefolgten „Likferd“, welches wieder roher und dunkler wirkte, befinden sich auch meine drei Lieblinge auf dem Best-Of. Das einerseits düstere, andererseits epische „Martyrium“ macht den Anfang, gefolgt vom für mich besten Windir Song aller Zeiten: „Fagning“. Hier kommt wirklich alles zusammen, was einen genialen Windir Song ausmacht. Aggressionen, Atmosphäre und Melodien, die einen in eine andere (skandinavische) Welt versetzen oder Trauerstimmung aufkommen lassen. Wenn man den besten rauhen Song von Windir wählen sollte, würde ich ebenfalls „On The Mountain Of Goats“ auswählen, weswegen ich auch finde, dass dieser seine Platzierung auf dem Album auch verdient hat. Hier wird weniger auf eine melancholische als vielmehr auf eine mysteriöse, dunkle Melodie gesetzt. Als Outro des ganzen Albums ertönt noch einmal das klägliche Outro des Debütalbums, welches ironischerweise sehr gut zum „Abschied“ der Band passt, und einen selbige noch mehr vermissen lässt.

Alles in Allem verbleibe ich mit der Meinung, dass „Valfar, ein Windir“ ein würdiges Denkmal für Mastermind Valfar darstellt. Das unveröffentlichte Material ist durchaus interessant, auch wenn ich bei der Produktion der neu aufgenommenen Stücke erst skeptisch war. Die Coverversionen sind, wie schon erwähnt, fast allesamt eine ehrenwürdige Homage an die Originale und auch die Liveversionen könnten kaum besser sein. Auch das Best-Of liefert einen guten Überblick, auch wenn ich gerne etwas mehr von „1184“ gehört hätte. Würde ich eine Bewertung geben, wäre dies wohl die höchstmögliche – erweist Terje „Valfar“ Bakken die letzte Ehre, greift zu! Möge er in Frieden ruhen…

Keine Wertung

Geschrieben am 5. April 2013 von Metal1.info

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