Review Ajattara – Tyhjyys

  • Label: Spikefarm
  • Veröffentlicht: 2004
  • Spielart: Black Metal

Des Regens Prasseln auf das kalte, nächtliche Unterholz. Abstrakte Geräuschkulissen – dunkel, wäldlich, monumental, ursprünglich. Verstörende Synthesizerklänge; aufsteigender Nebel. Pasi Koskinen weiß genau, wie und wohin er die Gedanken des Hörers gleich am Anfang von „Tyhjyys“ zu leiten hat und auch wenn er dies auf keineswegs innovative Art und Weise tut, kann das Intro schon nach kürzester Zeit seine volle Wirkung entfalten. Zum dritten Mal schreitet der ehemalige Sänger von Amorphis aus den düsteren Winkeln und Schatten Finnlands hervor, um unter dem Pseudonym Ruoja, zusammen mit Bassist Atoni und dem neuen Schlagzeuger Malakias III, seinem in der Heimat überaus erfolgreichen Projekt Ajattara Leben einzuhauchen. Schon die vorangehenden Werke „Itse“ (2001) und „Kuolema“ (2003) zeugten von großen Ambitionen seitens der Band, doch spätestens nach der neuen, gänzlich vokalarm betitelten Platte „Tyhjyys“ (zu Deutsch: „Leere“) dürfte amtlich sein, dass Ajattara für den vielbeschäftigten Pasi Koskinen mehr als nur ein Nebenprojekt ist. Wo hingegen der Finne bei den personell gerüchtlichen To Seperate The Flesh From Bones extremen Grindcore praktiziert und mit Ehefrau Natalie Koskinen unter dem Banner von Shape Of Despair seiner Liebe zu wehmütigem Doom Metal frönt, stellt die bitterböse Klangwelt von Ajattara seine eigenwillige Intonation des Black Metals dar.

Das von mir bereits gepriesene Intro verwelkt nach nicht mal einer Minute und gleitet nahtlos in „Sortajan Kaipuu“ über. Es ertönt eine eminente Riffwand, die wahrlich Berge versetzen zu können scheint. Der Song schleppt sich gigantisch stampfend und tonnenschwer durch die Takte – in seiner rigorosen Erhabenheit wirkt er geradezu sakrosankt. Das elegische Keyboard agiert in Form eines zarten, flächendeckenden Klangteppichs weit im Hintergrund. Es ist in keinster Weise penetrant, sondern sehr songdienlich eingesetzt und für die dichte Atmosphäre fundamental wichtig. Ruoja kreischt wunderbar psychotisch, intensiv und herrisch; die Texte sind allesamt auf Finnisch verfasst worden und jene Sprache klingt wahrlich sehr okkult und mystisch, wodurch das dementsprechende Flair der Kompositionen noch verstärkt wird. „Katumuksen Kyinen Koura“ hebt sich vor allem auf Grund seiner triolischen Rhythmik von dem Vorgänger ab. Zwar erschallt das Keyboard teilweise ein bisschen maniriert, jedoch kann die zweifellos tolle und glatte Melodieführung dadurch nicht in Frage gestellt werden. „Naaras“ offenbart erstmals eine rockige Schlagseite, welche höchstwahrscheinlich auf Ruoja’s Vorliebe für Bands wie Black Sabbath zurückzuführen ist. Des Weiteren kommt das Stück sehr basslastig daher, weshalb es mich in gewisser Weise an die alten Werke von Samael erinnern will. Ohnehin scheinen diese einen subtilen Einfluss auf den Gesamtsound von Ajattara zu haben. „Armon Arvet“ verwöhnt den Hörer mit hymnischer Eingängigkeit und dezenten, sphärischen Keyboards. Eine vollends gelungene Nummer, die durchaus zu fesseln weiß.

„Pahan Tuoma“ ist sehr viertelbetont und lebt während den ersten 4 Takten von dem meisterhaft effektiven Zusammenspiel des drückenden Basses mit astralen Keyboardsamples, welches eine ebenso geheimnisvolle wie bedrohliche Atmosphäre manifestiert. Das Stück besitzt einen herrlich zynischen Charakter und schleicht sich chirugisch präzise unter die Haut des Hörers. „Uhrit“ wird von einer wehklagenden Leadgitarre und choralen Keyboardeinsätzen eröffnet. Sein doomiger Verlauf schlängelt sich des Weiteren durch ein schwerfälliges, sehr tiefstimmiges Death Metal-Riff und mündet mehrmals wieder in der erstgenannten Passage. Das Lied kommt hervorragend ohne auch nur einen einzigen Tempowechsel aus. Eine flotte Double Bass-Rhythmik beschert ihm in Verbindung mit einem lasziv gezupften Slap-Bass ein angenehm versiertes Ende. „Tyhjyydestä“ bündelt noch mal sämtliche, für das Album repräsentative Elemete; „repräsentativ“ im Sinne von „würdig“ bis hin zu „stellvertretend“, wobei „symptomatisch“ eigentlich die treffendere Bezeichnung wäre. Ein scheinbar belangloser Gedanke, der mir – auf die analysierten Tracks projeziert – jedoch die Erkenntnis des vielleicht einzigen Makels der Platte bringt: Akute Monotonie und Variationsarmut. Denn die ewig selben Motive und Schemata wollen auf Dauer einfach nicht mehr zünden. Nichts desto trotz bewundere ich die beklemmende und sehr weitreichende Atmosphäre, die auf dem Album herrscht. Der Stoizismus, mit welchem Ajattara hier zu Werke gehen, ist schlichtweg über jede Kritik erhaben.

(Daniel H.)

Wertung: 8 / 10

Geschrieben am 5. April 2013 von Metal1.info

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