Welchen Sinn haben eigentlich Soloprojekte von Mitgliedern bekanntermaßen erfolgreicher und qualitativ hochwertiger Bands? Finden die einzelnen Beteiligten in ihrer Funktion bei ihrer Stammband etwa nicht die volle künstlerische Erfüllung oder Bestätigung? Oder wollen sie etwa mit ihrem eigenen Namen als „Verkaufsschlager“ das Geld direkt in ihre private Kasse fließen lassen?
Keine Ahnung, wie Michael Pinnella diese Fragen beantworten würde. Fest steht jedenfalls, dass dieser Tage das Solodebüt des Symphony X-Keyboarders erschienen ist. Die Band ist ja mittlerweile durchaus ein Aushängeschild für die Power & Progressive Metal-Szene geworden. Zumindest die künstlerische Berechtigung kann man dabei „Enter By The Twelfth Gate“ nicht absprechen. Hier ist die Bezeichnung Soloalbum durchaus sinnvoll, denn Pinnella frönt hier keineswegs dem Uptempo-Metal seiner Stammcombo. Vielmehr konzentriert sich der studierte Tastenwizard hier auf klassische, pianobasierte Melodien, fast ausschließlich aus seiner Feder, die sich in nicht seltenen Fällen die Hand mit spacigen Sounds geben, wie sie von Symphony X bekannt sind. Auf weitere „echte“ Musiker und Instrumente verzichtet er dabei ganz. Es gibt keine Vocals und lediglich Bass und Drums aus der Dose. Nun herrscht aber auch bei Soloalben immer die Gefahr vor, dass sie zum Selbstzweck und Show-Off missbraucht werden. Und genau dieses Eindruckes kann ich mich bei Herrn Pinnella leider nicht erwehren. Wie das kommt?
Ganz einfach: Am simpelsten lässt sich das mit dem Fakt erklären, dass nach ein oder zwei Hördurchgängen absolut nichts hängengeblieben ist und mir persönlich das Album mit seinen 13 Tracks und 44 Minuten Spielzeit bereits um einiges zu lang ist. Größtenteils verwendet man das gleiche Rezept: Es gibt klassisches Piano, das durchaus virtuos gespielt ist – das will ich Pinnella gar nicht absprechen und er scheint das auch sehr betonen zu wollen – hinzu kommt sehr oft irgendwann im Verlauf eines beliebigen Stückes meist ein und derselbe leider recht langweilige und kitschige, weil „quiekige“ Synthesizersound. Ihr wisst schon, dieser Dream Theater-Keyboardsound, der so eingesetzt einfach alles „zumüllt“. Außerdem sind die verwendeten Pianosounds alles andere als naturgetreu und stammen von einem billigen Sample.
Das führt schließlich dazu, dass sich eine Beliebigkeit und Gleichförmigkeit ergibt. So wünsche ich mir oftmals, dass angedachte Ideen konsequenter weitergedacht werden würden, als auf Teufel komm raus immer wieder diese obengenannten Sounds aufzufahren. Hier wäre also weniger mehr gewesen – der Hörer hat nicht wirklich etwas, woran er sich im Verlauf des Albums „festhalten“ könnte. Der einzige wirkliche Lichtblick ist für mich Song Nummero 9 mit dem Titel „Live For The Day“, der sich anhört, als hätte Pinnella eine unveröffentlichte Symphony X-Nummer genommen, die Gitarren aus dem Mix entfernt und das kernige echte Schlagzeug durch ausnahmsweise passende E-Drums ersetzt.
Das Cover könnte übrigens nicht klischeebeladener sein. Immerhin weist das Album einen äußerst angenehmen und klaren, prägnanten Sound auf.
Dennoch werte ich es als äußerst positiv, dass Pinnella in solch konsequenter Weise stilistisch mit seiner Stammband bricht. Und da er technisch sicherlich ein professioneller und begabter Musiker ist, gebe ich mal 4 Punkte. Ich kann aber nicht unerwähnt lassen, dass ich der nächste Symphony X-Platte doch wesentlich enthusiastischer entgegenblicke. Für alle Fans seines Hauptbetätigungsfeldes gilt hier: Wenn ihr Mut habt, musikalisch tolerant seit, und dazu noch Ausdauer…versucht euch an der Platte, falls ihr momentan musikalischen Lehrlauf habt!
Wertung: 4 / 10