Mit dem Powermetal ist das immer so eine Sache. Ist jetzt nicht unbedingt die Art Musik, die ich laufend hören könnte, aber ab und zu mal eine Scheibe dieser Spielart einzulegen, lasse ich mir durchaus gefallen. Das Problem dieser Szene dürfte sein, dass sich die Bands allesamt ziemlich ähnlich anhören. Ein für mich wichtiger Punkt beim Hören geht damit flöten: Die Kreativität, Eigenständigkeit und Individualität der Musik, die ich dringend benötige, um ein Album auch längere Zeit genießen und gut finden zu können.
Meine kleine Vorabrecherche zum Thema „Labyrinth“ brachte ans Licht, dass die Band aus Italien mit ihren ersten beiden Longplayern „No Limits“ und „Return To Heaven Dinied“ wohl die klassische Powermetal-Schiene gefahren ist und damit durchaus erfolgreich war. Sie dürften auch zu den Vorreitern dieser Szene gehören, welche Bands wie Rhapsody (deren Sänger Fabio Lione war unter anderem Namen übrigens mal Shouter bei Labyrinth) erst das Sprungbrett für eine rosige Karriere in der Szene bereiteten. Mit dem dritten Album „Sons Of Thunder“ änderten sie ihren Stil wohl hin zu komplexeren, verquereren Songstrukturen und stießen vielen Fans damit vor den Kopf. Nach der dreijährigen Pause, in der man einen neuen Plattenvertrag mit Century Media unterzeichnete und sich mit Roberto Tiranti einen neuen Vocalist suchte, begannen die Arbeiten an neuen Songs.
Und die gibt es jetzt auf „Labyrinth“ zu hören. Der einfache Name scheint bereits eine Rückkehr zu den Wurzeln der Band anzudeuten. Ich hingegen bin gespannt, ob ich das bekomme, was ich erwarte vom „klassischen Powermetal-Act“: Einen epischen, hohen Gesang, schnelles Double-Bass-Drumming, saufixe Gitarrenläufe verpackt in kompaktem Songwriting und einer knackigen Produktion. Das ist mein Wertmaßstab für Powermetal.
Um so überraschter war ich, als ich feststellen musste, dass die Mannen um Labyrinth natürlich einige dieser Klischees erfüllen, in manchen Bereichen aber doch über die Genregrenzen hinausgehen. So findet man natürlich den typischen Powermetalgesang, die Stimme von Tiranti ist für mich absolut durchschnittlich und recht ausdruckslos, dazu kommt noch, dass der Mann manchmal in Höhen vordringt, die jenseits von Gut und Böse sind (z.B. gleich am Ende des Openers „The Prophet“). Es sei denn natürlich, man steht auf sowas. Auch diese rasenden Gitarrenläufe sind im Überschuss vorhanden; der Drummer erfüllt ebenfalls meine Erwartungen.
Aber man geht in einem entscheidenden Bereich ein ganzes Stück weiter: Die Songs atmen eindeutig den Spirit des Powermetals, die Band versteht es aber geschickt, interessante und abwechslungsreiche Instrumentalpassagen einzubauen, welche den Songs eine längere Halbwertszeit verleihen und den Einstieg nicht zu einfach machen. Oftmals ist dafür Keyboarder De Paoli verantwortlich. In dieser Hinsicht weißt die Musik von Labyrinth durchaus Züge progressiver Natur auf. Vor dem Hintergrund der Bandgeschichte scheint man also den goldenen Mittelweg aus beiden Extremen gegangen zu sein. Hier wird nicht nur geklotzt, sondern auch gekleckert. Gut so! Ein weiteres auffälliges Merkmal findet sich in der Tatsache, dass ich die Melodien für diese Spielart des Metal nicht als catchy oder sofort zündend beschreiben würde. Man findet nicht die Melodieseligkeit vor, die man eigentlich erwartet. Diese beiden bedeutsamen Unterschiede könnten dazu führen, dass eventuelle Powermetal-Jünger mit dem Material doch mehr Probleme haben als erwünscht. Ich hingegen werte diese Herangehensweise ans Songwriting als durchaus positiv. Mich stört da schon eher, dass man nach dem Hören des Albums nicht wirklich mehr rekapitulieren kann, was man in welchem Track gehört hat. Wo man während des Hörens noch einigen Passagen erhöhte Aufmerksamkeit schenkt und überrascht aufhorcht, scheint am Ende Alles doch im Einheitsbrei zu verschwimmen. Das liegt ganz einfach daran, dass die Band für sich absolut klar gemacht hat, wie ihr perfekter Song zu klingen hat. Sie wenden ihr Rezept aus jeder Menge Powermetal mit ein paar dezenten, aber stark geschmacksverändernden Proganteilen eben immer wieder an und variieren allenfalls das Soundgewand, so dass eben jener Eindruck der Einfältigkeit entsteht.
Und so hab ich für mich meine persönliche Darreichsform in Bezug auf den neuen Longplayer schon gefunden: Immer mal zwei, drei Stücke, die dann richtig reinknallen. Und dann ists erstmal wieder gut. Ich mache indes keinen Hehl daraus, dass mir die das Album abschließende Ballade „When I Will Fly Far“ am besten gefällt.
Meine relative Unerfahrenheit mit dem Powermetal-Genre und die Tatsache das ich von meinen persönlichen Vorlieben her gesehen hier zwischen zwei Stühlen sitze, verbietet mir allerdings eine eindeutige Bewertung. Ich würde sagen: Powermetal-Freaks, die ihrem Musikstil offen gegenüberstehen, sollten das Teil mal anchecken.
Keine Wertung