Gerade mal 1 1/2 Jahre nach Shine bringen Disbelief mit Spreading The Rage ihr bereits fünftes Album. An der Besetzung hat sich nichts geändert und glücklicherweise auch am Stil nicht, denn man erkennt schon während des Intros, daß es sich nur um Disbelief handeln kann.
Direkt nach dem Intro, welches „The Beginning Of Doubt“ heißt, beginnt der Song „Ethic Instinct“ mit einem richtig fetten Double Base. Und die Mucke macht, was ich mir immer wieder von Disbelief wünsche, sie groovt an allen Ecken und Enden. Der Refrain ist mal wieder einzigartig und der cleane Gesang im Song ist so gut wie selten zuvor. Das Anhören der Scheibe hat sich jetzt schon gelohnt.
Doch es geht mit „To The Sky“ gnadenlos weiter. Und Disbelief tun wieder, wofür ich sie so liebe. Es groovt. Und der Gesang könnte kranker nicht sein. Doch auch die eher „melodiösen“ Parts, wenn man es so nennen kann, gehen wieder unter die Haut. Wenn die Jungs diese beiden Songs live hintereinander spielen, gibt es Tote in den ersten Reihen. Ein cooler, clean gesprochener Part am Ende des Songs.
Der nächste Song, „No More Lies“, beginnt mit unverzerrten Gitarren. In dieser kurzen Atempause füge ich mal schnell an, daß die Produktion glücklicherweise wieder besser ausgefallen ist, nachdem sie auf Shine ja, im Vergleich zu Worst Enemy, etwas schlechter war. Die Gitarren sägen diesmal alles weg. Die Atempause ist inzwischen vorbei. „No More Lies“ ist im Gesamten der erste etwas ruhigere Song der Scheibe. Disbelief streuten solche Songs auf vergangenen Veröffentlichungen ja bereits erfolgreich ein und auch hier lohnt es, sich den Song anzuhören. Wieder wird Geschrei mit cleanem Gesang gemischt, wie bereits bei früheren Songs dieser Sorte. Allerdings ist mir der Song etwas zu lang, denn es fehlt etwas die Abwechslung.
Der nächste Song ist der Titeltrack der Scheibe und beginnt, ganz untypisch für Disbelief, mit dem Bass. Und wieder wackelt die Hütte. Ich weiß nicht, woher die Jungs diese Mörderriffs immer nehmen. Gebt den Jungs eine große Bühne und eine dicke Anlage! Der Songaufbau ist, wie in den meisten Songs, denkbar einfach. Doch gerade das ist gut so. Das Ende des Songs bringt nochmal alle Wände zum Wackeln. Herrlich!
„Inside My Head“ beginnt mit dem Schlagzeug allein und auch wieder wesentlich schleppender, als der vorhergehende Song. Der Gesang klingt wie von jemandem, der arge Probleme mit seiner Psyche hat. Der Song hat genau die richtige Länge, um nicht langweiliug zu werden. Doch auch hier fehlt irgendwie ein wenig die Abwechslung, die noch auf Worst Enemy in den ruhigeren oder schleppenderen Songs noch zu finden war.
Der nächste Song „Death Will Score“ ist teilweise etwas untypisch. Auf Infected wäre er wohl (ohne den Mid-Tempo-Part) weniger aufgefallen, doch zum eher groovigen Stil der letzten beiden Alben paßt er nicht so ganz. Dennoch ist er wirklich gut gemacht. Er hebt auf jeden Fall den Wiedererkennungswert der Scheibe.
Auch der folgende Song, „For Those Who Dare“, sticht ein wenig heraus. Hier wird mehr mit melodiösen Grooves gearbeitet als mit brachialer Gewalt. Der Song ist, auch wenn es einem beim Hören nicht so vorkommen mag, auch durchgehend in für Disbelief recht schnellen Tempo.
„Addiction“ beginnt mit einem völlig ungewöhnlichen Gitarrenriff und auch als der Groove einsetzt, klingt es noch nicht so recht nach alten Disbelief. Das hat sich doch schnell erledigt, denn der Song wird ziemlich schnell ziemlich böse. Der Song ist, tja, wie soll ich es sagen…fett. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Doch was hör ich da kurz vor Ende des Songs? Ein recht langes, ziemlich bluesiges Gitarrensolo. Das ist ja mal was ganz Seltenes. Wirkt etwas seltsam, aber ist irgendwie eine interessante Abwechslung.
Es geht Disbelief typisch weiter. „It’s God Given“ fließt aus den Boxen, als wäre es selbstverständlich, als müßte Musik einfach so klingen. Ein kurzes Break in der Mitte und es geht noch ein Eckchen schneller weiter. Ein wirklich cooles Bassriff unterlegt den nächsten Teil des Songs vor dem Refrain. Ein klasse Song, wenn auch etwas zu lang.
Den Übergang zu „Drown“ bildet passenderweise Meeresrauschen. „Drown“ könnte man ohne Probleme auf Infected unterbringen. Er unterscheidet sich im Stil kaum vom etwas ruhigeren und psychotischeren Stil der Band auf Infected, als man noch mehr an Neurosis erinnerte. Der Song geht unter die Haut, doch er zieht die Scheibe in ihrem Gesamttempo schon etwas nach unten und wird zum Ende hin auch etwas monoton, da sich in der letzten Minute des Songs eigentlich nichts mehr ändert.
Den Schluß der Scheibe bilden eine Coverversionen, „Democracy“ von Killing Joke, und der mit Abstand experimentellste Song der Scheibe „Back To Life“. „Democracy“ ist meiner Meinung nach sehr gelungen. Der Song klingt in der Disbelief eigenen Interpretation wirklich cool und macht Spaß. Gefühle, die man von Disbelief gar nicht so gewöhnt ist. Der Refrain klingt wunderbarst. Doch positive Gefühle irgendeiner Art werden im darauffolgenden Song „Back To Life“ gnadenlos niedergewalzt. Die doch recht bedrohlichen Lyrics untermalen die Gesamtstimmung des ruhigsten, doch keineswegs langweiligsten Songs der Scheibe, falls das Attribut „langweilig“ überhaupt im Zusammenhang mit Disbelief gewählt werden kann.
Zusammenfassend kann ich zu dieser Scheibe nur sagen: mehr als gelungen. Die Jungs haben es mal wieder geschafft, daß die Kritiker zwischen Donau und Rhein vor Freude Purzelbäume schlagen und ich kann es verstehen. Das komplette Album klingt wie die selbstverständlichste Sache der Welt. Man findet einfach keine nennenswerten Makel. Wem die bisherigen Alben gefallen haben, der sollte definitiv zugreifen. Wer sie nicht kennt, sollte dieser Scheibe auf jeden Fall eine Chance geben. Wäre es nicht so schwer, ihren Stil zu kopieren, könnten sie die Zukunft der harten Musik in Deutschland wirklich entscheidend prägen.
(Manuel)
Wertung: 9.5 / 10