Review Sonata Arctica – Winterheart’s Guild

Etwa einen Monat später als geplant – Ende April 2003 – kam endlich das dritte reguläre Studioalbum von Sonata Arctica in die duetschen Läden: “Winterheart’s Guild”. Was wurde nicht im Vorfeld schon diskutiert und versucht, den kommenden Output nur aufgrund von Songnamen wie „Victoria’s Secret“ oder „Champagne Bath“ schmutzige Wäsche gewaschen.
Trotzdem egal, es ist wie es ist: Wer Sonata Arctica bisher nicht mochte, wird wohl auch jetzt keinen gefallen an den Finnen finden. Denjenigen, die sich schon mit „Ecliptica“ und „Silence“ anfreunden konnte, werden jedoch ihre helle Freude an „Winterheart’s Guild“ haben.

Gleich beim ersten Durchgang muss man instrumententechnisch und auch vom Gesang her Verbesserungen eingestehen, große sogar. Die Songs wirken jetzt noch durchdachter, teilweise noch eingängiger und sogar progressiver, so werden schon mal Passagen gespielt, an die man sich bisher noch nicht rangetraut hatte. Auch Tony Kakko hat an seinen Gesängen noch etwas gefeilt und klingt jetzt besser als je zuvor. Die Stimmlage jedoch ist die selbe wie bisher, also immer noch recht hoch. Alles also „typisch Sonata Arctica“? Kann man so sagen. Dafür wurde das Gesamtbild und die typischen Trademarks wie eben eingängige Refrains, Doublebass und der wichtige Einsatz der Keyboards verfeinert und um ein paar hübsche Details ausgebaut.

Das flotte „Abandoned, Pleased, Brainwashed, Exploited” ist schon mal ein sehr guter Start in das Album, mit “Gravenimage” beschreitet man aber schon ein etwas neues Terrain. Sehr ruhig und träumerisch beginnt das Stück, geht fast schon als Ballade durch, nur um im Mittelteil völlig aus sich herauszugehen, um danach wieder ganz ruhig und leise zu verstummen. Wirklich klasse, wenn es auch nicht beim ersten mal ins Ohr gehen will.
„The Cage“ geht dann wieder als typisch durch und geht geschwindigkeitsmäßig ab wie ein Schnitzel, und durch den sehr eingängigen Refrain dürfte der Song im Liveprogramm locker auf eine Stufe mit den Dauerbrennern „FullMoon“ und „Wolf & Raven“ gelangen.
Ganz so schnell wird’s bei den restlichen Tracks nicht mehr, aber zumindest annähernd. „Silver Tongue“, die Singleauskopplung „Victoria’s Secret“ und das geniale und megaeingängige „Champagne Bath“ kann man jedoch in die gleiche Kategorie stecken.
Ein weiterer Hammer der Sorte ist „The Ruins Of My Life“, dass nach einem ziemlich elektrischem Intro in eine klasse Speedgranate ausbricht. Da taucht sogar ein kurzer Part auf, in dem die Gitarren 3 Tonleitern tiefer gestimmt werden und fast schon deathmetal-artiger Gesang vorkommt – hui!

Eine Stärke von Sonata Arctica hab ich bisher ganz außen vor gelassen: Die ruhigen Klänge, die Balladen. Und da haben sie wieder wunderschöne Stücke gezaubert. „The Misery“ kann als der legitime Nachfolger von „Tallulah“ durchgehen, bei der Halbballade drängt sich der Bass sehr weit in den Vordergrund, und „Draw Me“ steht ein weiterer, zuckersüßer Schmatzfetzen am Start, bzw. am Ende, der Schlussgag ist dann allerdings wohl nur für die eingeweihten lustig (das finnische Gebrabbel ist der Versuch, einen Vogel zu verscheuchen, der nachts in den Proberaum eingedrungen ist). Etwas missglückt ist auch der sehr abrupte Übergang zwischen den Tracks 9 und 10, der etwas störend auf mich wirkt.

Was soll ich noch schreiben? Insgesamt wieder typisch Sonata Arctica – Gott sei dank! Warum sollte man zwanghaft versuchen, etwas neu zu erfinden, wenn man doch altbewährtes einfach mit ein paar Details auffrischen und richtig gut spielen kann?
Trotzdem noch ein Wort an die Nörgler mit dem Stratovarius-Tick: Sonata Arctica haben sich meiner Meinung inzwischen schon eigene Trademarks aufgebaut und sich dementsprechend auch von Stratovarius entfernt. Man vergleiche nur „Winterheart’s Guild“ mit zum Beispiel „Elements Pt. 1“. Na, klingelts? Wohl nicht. Mir solls egal sein, und der ständig wachsenden Fangemeinde auch.

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 5. April 2013 von Metal1.info

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