Review Sentenced – The Cold White Light

Da sind sie wieder, die fünf melancholischen Finnen. Eine siebenmonatige Pause fernab von der Band hatten sich die Fünf verordnet um wieder zu Kräften zu kommen, nachdem zuletzt sogar Auflösungsgerüchte die Runde machten. Und die Pause hat den Jungs auch hörbar gut getan. Mehr Abwechslung gab’s bei Sentenced noch nie.

Auch neu sind die beiden finnischen Titel: Das Intro „Konevitsan Kirkonkellot“ (zu deutsch: „Die Kirchenglocken von Konevitsa“) ist ein finnisches Volkslied in einer Sentenced-eigenen Version. Zum anderen kommt an späterer Stelle noch was.Nach dem Intro dröhnt dem Hörer „Cross My Heart And Hope To Die“ entgegen, dass verdammt rockig ist und ein klasse Ohrwurm ist. Ruhiger zu Werke geht dann die Halbballade „Brief Is The Light“.
Über das gesamte Album zieht sich ein roter Faden durch den Songaufbau: Bei den meisten Tracks sind die Strophen eher leise und zurückhaltend, die Refrains dagegen sind laut und gehen richtig ab. Der Kontrast ist vor allem bei „Brief Is The Light“ besonders ausgeprägt.
„Neverlasting“ rockt richtig geil und hat eine Neuheit für Sentenced in petto: Beim Refrain sind einige Backgroundgesänge zu hören, die Ville selbst eingesungen hat. Ein oberamtlich geiles Solo gibt’s hier auch noch! Einen kleinen Scherz erlaubten sich Sentenced beim ruhigen Part: Das Klatschen im Hintergrund stammt von Sami’s Hintern, der hier als menschgewordenes Schlagzeug missbraucht wird.

„AIka Multaa Muistot“ ist ein Wortspiel: „Aika Kultaa Musitot“ bedeutet übersetzt „Die Zeit heilt alle Wunden“. Durch den Tausch des einen Buchstabens wird daraus „Die Zeit begräbt alle Erinnerungen“. Jedenfalls ist der Song eine starke Ballade, die sich nach dem Akustik-Geklampfe zum Ende hin verdammt gut steigert und zu einem Highlight auf einer CD voller Highlights wird.
Das wirkliche Highlight dagegen ist „Excuse Me While I Kill Myself“, das mit einem wunderbar ironischem Text und schon aggressiven von Ville ausgestattet ist und schön straight ist und einfach nur rockt! Der beste Track des Albums.
„Blood & Tears“ und „You Are The One“ sind weitere Hammer, die auch schnell eingehen und sich festsetzen.
Mit „Guilt And Regret“ steht als nächstes eine starke Ballade an, die glücklicherweise nie in den Kitsch abdriftet und verhältnismäßig depressiv ausgefallen ist.

Den wohl besten Beweis für den genialen schwarzen Humor – den ich auf Crimson vermisst habe – liefert „The Luxury Of A Grave“.
„a coffin would be way too nice – a see-trough plastic bag will just do fine“ ist hier der wohl beste Beweis dafür. Köstlich! Zusammen mit “Excuse Me While I Kill Myself” rockt sich “The Luxury Of A Grave” auch aufgrund des Textes in mein Herz und ganz nach oben auf diesem achten Longplayer der Finnen.
Zum Ende hin werden ruhige Töne angeschlagen. Die Singleauskopplung „No One There“ ist ein ruhiges und verträumtes Stück zum Entspannen und fügt sich auch als setzter Song sehr gut in das Album ein und beschließt dieses wie es begonnen wurde, nämlich mit dem Geschrei einer Horde Eulen. Sehr hübsch!

Schon der Vorgänger gefällt mir außerordentlich gut, doch „The Cold White Light“ kann „Crimson“ noch toppen: Mehr Abwechslung, mehr Rock, mehr Härte, mehr Humor. Nun verstummen hoffentlich auch die Vergleiche mit HIM, die ja oft nur wegen Hiili Hiilesma auftauchen, der bei beiden Bands Produzent ist. Radiotauglich ist der mir hier vorliegende Silberling noch lange nicht, auch wenn das Album in Finnland auf Platz 1 und die Single auf den zweiten Rang eingestiegen ist.
„The Cold White Light“ ist energischer, spritziger und frischer als die Vorgänger, was wohl auch einen zu einem großen Teil an der langen schöpferischen Pause liegt.Sentenced haben sich von der Down-Frozen-Crimson Schiene gelöst, und das ist auch gut so. Ein Meisterwerk, dass schnell zündet und nur selten den Weg aus meinem Wechsler findet.

Wertung: 9 / 10

Geschrieben am 5. April 2013 von Metal1.info

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