HALLOWEEN ist schändlicherweise in Deutschland so unbekannt, dass Veranstalter auf ihren Plakaten sich häufig genötigt sehen, ein (US) in Klammern dahinter zu setzen, damit die Menschen nicht glauben, die deutschen Power Metaller von Helloween vor sich zu haben. Und das, obwohl die Amerikaner ein „a“ im Namen führen und kein „e“. Schade eigentlich – sind die Jungs doch eine Institution des US-Metal. Mit „No One Gets Out“ beschert uns Pure Steel pünktlich zum 30-jährigen Bandjubiläum ein Re-Release des offiziell zweiten, eigentlich aber dritten Albums der Band aus dem Jahr 1991. Eine gute Idee, war das Stück doch zumindest als Neuware nur noch schwer zu kriegen.
Pure Steel zeigt sich dabei ziemlich überzeugt von der Güte des Albums, denn auf Bonusmaterial, sonst durchaus üblich bei Re-Releases, verzichtet das Label völlig. Der Hörer bekommt also das ganze Album in einer remasterten Fassung, aber ohne Extras. Schade eigentlich, denn das Re-Release eines amerikanischen Labels von 2001 hatte noch das Demo-Album der Band draufgelegt. Mit über 55 Minuten Spielzeit kann sich „No One Gets Out“ aber natürlich auch so sehen lassen. Besonders viel Reservematerial zur Veröffentlichung dürfte HALLOWEEN ohnehin nicht parat haben, brachten sie es in den 30 Bandjahren doch lediglich auf sechs volle Alben.
Auf „No One Gets Out“ präsentieren HALLOWEEN den bereits vom Vorgänger bekannten US-Metal in einer noch etwas abwechslungsreicheren Variante. Zudem wurde der okkulte Einschlag ein Stück angezogen, der durch düstere Melodien oder auch mal von einem gut gemachten Sample am Anfang des Tracks („Sanity In Danger“) getragen wird. Dies fällt besonders in der zweiten Hälfte des Albums auf, während die erste verstärkt auf einprägsame Hooklines setzt, die ganz hervorragend ins Ohr gehen: Songs wie „No One Gets Out“ oder „If I Die You Die“ sind US-Metal erster Güte, keine Frage. Ab der Mitte wird die Atmosphäre mysteriöser und ruhiger, wie schon die großartige Ballade „The Death Of Love“ einläutet – so schön und unkitschig kann man eine Halbballade machen! An Songs wie „Miss Eerie’s Child“ oder „Sanity In Danger“ wird im Anschluss auch der letzte Zeitgenosse erkennen, warum HALLOWEEN den Untertitel „Heavy Metal Horror Show“ führt. Ihr Einfluss auf heutige Bands wie The Vision Bleak oder streckenweise auch Lordi ist unverkennbar.
Ganz perfekt ist das Album trotzdem nicht. Obwohl die Schwäche heutiger Outputs der Band wohl die mangelnde Abwechslung ist, stehen die eher unterschiedlichen Tracks von „No One Gets Out“ irritierend unverbunden nebeneinander. Ein richtig organisches Albumgefühl will sich nicht einstellen. Vielleicht liegt dies auch an den drei Coverversionen, die sich auf dem Album locker in die Tracklist eingestreut finden. Während „Crawl To The Altar“ und „Halloween“ sich noch einigermaßen in die Albumlinie einfügen, fällt die Coverversion von Kiss’ „Detroit Rock City“ einfach heraus und passt weder zur Atmosphäre des Albums noch zum Stil der Band. Sicher ist es für eine Band aus Detroit, wie HALLOWEEN es ist, eine lustige Idee, genau diesen Song zu covern. Vielleicht hätte man aber versuchen sollen, ihn an den eigenen Stil anzupassen. So wirkt er jedenfalls wie ein Fremdkörper, selbst am Ende des Albums.
„No One Gets Out“ bleibt ein wirklich gelungenes Album einer unterschätzten Band, das gerne auf dem Wege des Re-Realeses mit dem gut, aber dezent aufgewerteten Sound neue Fans finden darf. Wer die Band ganz neu kennenlernen will, könnte allerdings erwägen, erst mit dem großartigen Debüt „Don’t Metal With Evil“ anzufangen, das ebenfalls bei Pure Steel wiederveröffentlicht wurde.
Wertung: 8.5 / 10