Was genau ist eigentlich mit dem Begriff „Post Rock“ gemeint? Wieso werden ausgerechnet zumeist instrumentale Bands mit überlangen Songs, die meistens Laut-leise-Schemata bedienen, in diese Schublade gesteckt? Geht man nach der wörtlichen Bedeutung dieses Begriffs, geht es hier um das, was nach der Rockmusik kommt – insofern ist die geläufige Verwendung dieses Wortes vielleicht gar nicht so daneben. In welchen Bereich fällt dann allerdings eine Band wie Shellac, welche die Versatzstücke von Rockmusik aufgreift, diese auf ein Minimum reduziert und dabei auf ihrem Weg mit schierer Urgewalt alles niederwalzt, was ihr in den Weg kommt? Was ist mit Bands, die alteingesessene Songstrukturen zugunsten von ständigen Wiederholungen sprengen, unterstützt von Dissonanzen primär auf die Intensität der Musik setzen und das alles häufig in knackige Dreiminüter verpacken? Jeder stimmt wohl zu, dass diese beiden Konzepte nicht identisch sind, beide allerdings mit dem Label „Post Rock“ versehen werden können. Um Komplikationen zu vermeiden, ist die Genrebezeichnung für „New Veteran“, dem dritten Album der australischen Band BLACKLEVEL EMBASSY, hier als „Rock“ angegeben. Egal, was genau für Musik das hier nun auch ist: Die (noch) eher unbekannte Band, welche die Bühne schon mit den bereits genannten Shellac geteilt hat, demonstriert hier mit einfach Mitteln die ganze Kraft der (Post-)Rockmusik.
Drei Menschen. Gitarre, Bass, Schlagzeug, Gesang. Mehr braucht es nicht. Der Titeltrack begrüßt den Hörer mit offenen Gitarrenakkorden, schepperndem Schlagzeug, wummerndem Bass und einer trockenen, unerhört druckvollen Produktion. Das Tempo ist hier noch verschleppt im Midtempobereich gehalten, die einzelnen Teile wiederholen sich hier an manchen Stellen bis zur Ermüdung – wie das auch gedacht ist. Auch die weiteren Songs sind bewusst einfach gehalten, liefern keine großen Spielereien, sondern bieten fette Riffs und durchgeschrammelte Akkorde. Angereichert wird diese Mixtur durch ständig wiederkehrende Dissonanzen, abgebrochene Rhythmen, Feedbackrauschen und penetrante Wiederholungen, wodurch immer wieder auch Artrockanleihen den Charakter der Musik ausmachen. BLACKLEVEL EMBASSY schaffen es dabei, sowohl ihre langsamen als auch nahezu panisch getriebenen Songs wie „You Should Build Yourself A Deck“ zu einem homogenen Ganzen zu verbinden, indem sie mit unterschiedlichen Dynamiken spielen und harte Kontraste wie selbstverständlich nebeneinanderstellen. Dabei sind Melodien oder so etwas wie Gitarrensoli schlicht unpassend, weswegen die Band gänzlich darauf verzichtet.
Brett O’Rileys Gesang wirkt zwar in den gesungenen Passagen etwas gepresst und nölend, was zu dieser sperrigen Musik allerdings hervorragend passt und durch seine überzeugenden gesprochenen und geschrienen Passagen immer wieder gut aufgefangen wird. Spätestens wenn mit „Weng Weng Is A Secret Agent“ ein Song erklingt, der auch das Intro zu einer extrem avantgardistisch gehaltenen Detektivserie darstellen könnte, und einem schließlich bewusst wird, wie die Gitarren das ganze Album über immer wieder zurückgenommen werden, nur um daran anschließend umso heftiger in den Sound einzubrechen, kann man sich hier vor lauter Energie schlicht nicht mehr auf dem Sitz halten.
„New Veteran“ ist sicherlich kein massentaugliches Album, da es sich mit aller Gewalt dagegen sperrt, gemocht zu werden. Gerade hierin liegt allerdings das Prinzip und die Stärke von BLACKLEVEL EMBASSY begründet, denn wer sich einmal vom Groove und der Energie dieser Songbrocken hat einfangen lassen, wird mit einem großartigen Stück Musik belohnt. Die dreckige, druckvolle Produktion trägt ihren Teil dazu bei, die Verschrobenheit dieser Band ideal einzufangen. Alle Freunde von Post-Rock-/Artrock-/Noise-Bands wie Shellac sollten hier auf jeden Fall ein Ohr riskieren.
Wertung: 8.5 / 10