Das Artwork deutet es schon an: Wenn da zwei pralle weibliche Backen abgebildet sind, geht’s wahrscheinlich entweder um Hip Hop oder um Hair Metal. RUST N‘ RAGE enttäuschen die Erwartungen nicht, denn wirft man anschließend noch ein Auge auf das Promofoto, wird die Vorliebe der Gruppe für Männer, die wie Frauen aussehen, mehr als deutlich. Das hört man dem Debütalbum „Showdown“ natürlich auch an: Glam Metal und Sleaze Rock in reinster Achtziger-Manier setzen uns die vier Finnen hier vor.
RUST N‘ RAGE lassen sich dabei nicht beirren, dass diese Musikrichtung vor rund 30 Jahren ihre Blütezeit hatte, bis sie dann schließlich, von der Musikindustrie durch immer mehr mittelmäßige Gruppen aufgeblasen, in sich selbst zusammenfiel. Ganz totzukriegen sind die Rockschlampen mit den auftoupierten Haaren dann aber doch nicht. Gerade in Nordeuropa kommen Songs übers Saufen, Vögeln und dicke Titten schon seit der Jahrtausendwende wieder gut an, das zeigen Bands wie Crashdiet oder Hardcore Superstar. Demnach ist es auch nicht verwunderlich, dass wir es bei RUST N‘ RAGE mit Musikern zu tun haben, die gerade so um die 20 Jahre alt sind und demnach sogar noch flüssig waren, als ihre Szene vorerst schon wieder in der Versenkung verschwunden war. Flüssig sind die Burschen mittlerweile zwar nicht mehr, dafür aber überflüssig.
Denn selbst wenn man dem Genre absolute Zeitlosigkeit zugesteht und den Grund für die Qualität der auf dem Album gebotenen Songs lieber im jungen Alter und der vielleicht unzulänglichen musikalischen Erfahrung von RUST N‘ RAGE sucht, bleibt das Ergebnis dasselbe: „ Showdown“ bietet einfach keine Gründe, warum man sich die Scheibe zulegen sollte. Dabei haben die vier Jungs die Genre-Trademarks gut verinnerlicht: knackiger Achtziger-Gitarrensound, flotte Rockrhythmen, lockere Riffs, Chöre, und all das instrumental gekonnt dargeboten. Mit der im Glam Metal so wichtigen Eingängigkeit hapert’s dann aber. Auch der Gesang von Vince bietet ordentlich Angriffsfläche, klingt der Bursche doch selbst für eine Hairspraytruppe wie RUST N‘ RAGE zu zahm und generell zu schwachbrüstig. So hat er letzten Endes mit dem Sänger von Mötley Crüe, bei denen sich die Finnen gerne mal bedienen, nur den Vornamen gemein. Über all dem schwebt natürlich noch die Tatsache, dass mit jahrzehntealten Backförmchen und ohne ein Quäntchen Originalität die Plätzchen ziemlich staubig schmecken.
Mit „Locked ’n‘ Loaded“, „Sounds Of The City“ oder „This Time“ hat das Quartett ein paar passable Tracks in petto, die obligatorische Power-Ballade wurde mit „Where The Angels Go To Die“ auch nicht vergessen. Unterm Strich bleibt aber die Feststellung: Wenn man sich heutzutage eine Truppe wie Steel Panther reinzieht, die diese Party-Weiber-Thematik auf die selbstironische Spitze treibt, kann man der Chose einen gewissen Reiz oder Unterhaltungswert nicht abstreiten. Wenn man aber 2013 eine 08/15-Hair-Metal-Platte, wie sie „Showdown“ nun mal ist, veröffentlicht, ist das im Grunde dasselbe, wie wenn man sich morgens den Schlüpper vom Vortag anguckt und denkt: Och, den zieh‘ ich noch mal an!
Wertung: 4 / 10