MOURNING BELOVETH haben sich Zeit gelassen mit ihrem neuen Album. Fünf Jahre sind vergangen seit dem wirklich schwer verdaulichen „A Disease For The Ages“. Fünf Jahre, in welchen die Band glücklicherweise merkte, dass im allzu puristischen Death Doom alles gesagt ist.
Der Vorgänger hatte im Wesentlichen zum Ziel, möglichst misanthropische, negative Stimmung musikalisch adäquat umzusetzen. Dies gelang mit monolithischen, wuchtigen Songs, in welchen die Atmosphäre an erster Stelle stand und die folglich keine Kompromisse bei der Erzeugung dieser eingingen. Weil Monotonie eben ein probates Stilmittel ist, um eine gewisse Ausweglosigkeit auszudrücken, ist Death Doom häufig anstrengend, so war es auch bei „A Disease For The Ages“.
„Formless“ kleidet sich nun in ein offeneres, leichter konsumierbares Soundgewand. Es muss nicht mehr immer abgrundtiefe Schwärze sein, vielmehr schaffen es MOURNING BELOVETH 2013, abwechslungsreiche, sich natürlich entwickelnde Songs zu schreiben, die oft wirklich nur noch wenig mit der klassischen Auslegung des Genres zu tun haben. Leadmelodien, die nicht zwangsweise immer nach Weltuntergang klingen müssen, längere Akustikpassagen, die, wenn auch weiterhin in Slowmotion, doch nicht zum Ziel haben, die Stimmung des Hörers in den Keller zu ziehen, melodische, treibende Riffs, die sich dazu eignen, sie in minutenlanger Wiederholung mit nur mäßiger Variation zu spielen – für sich jeweils keine bahnbrechenden Stilmittel, aber die Kombination ist doch eine, die man von Hardlinern wie MOURNING BELOVETH zwar nicht erwartet, die ihr aber sehr gut zu Gesicht steht. Und die, wenn es darauf kommt, immer noch mächtig Arsch tritt.
Ein Doom-Album, bei dem man nach Ende der 67minütigen ersten CD guten Gewissens behaupten kann, man könnte noch einen Nachschlag vertragen, ist nicht unbedingt der Regelfall. Aber so und nicht anders sieht es aus, wenn „Nothing Has A Centre“ vorbei ist, der Song, der in 15 Minuten zusammenfasst, warum „Formless“ ein Album ist, das bei Weitem nicht nur für Genre-Anhänger interessant ist: Der pathetische Klargesang, die kraftvollen Growls, die zarten Clean-Passagen, die treibenden, majestätischen Riffs, die elegischen Melodien, Komponenten, die auch Nicht-Doom-Metal-Freaks durchaus zusagen sollten. Und eben: Keine salzsäulenartige, sondern organische Strukturen, die nie an Unterhaltungswert vermissen lassen.
Esoteric mögen im Vorjahr ebenfalls einen absoluten Doom-Koloss geschaffen haben, leichter hörbar und mit gleicher Qualität legen nun MOURNING BELOVETH nach. Ich würde sagen: Der ideale Einstieg für Neulinge, die direkt die komplette Genre-Bandbreite mitbekommen und sich dabei nicht mit Stümpereien aufhalten wollen. Nicht zuletzt auch Menschen, welchen schon das Wort „Death Doom“ zu extrem klingt, könnten großen Gefallen an dieser Scheibe finden. Kenner legen sie sich ja ohnehin zu, wenn MOURNING BELOVETH draufsteht ist immer, und somit auch hier, Qualität drin.
Wertung: 9 / 10