Manowar…. diesen klangvollen Namen verbindet man mit meisterlichen, klassischen Metal-Alben wie “Battle Hymns”, “Hail to England”, “Sign of the Hammer”…. und leider auch „Fighting the World“. Die vier New Yorker, manche behaupten, sie wären etwas durchgeknallt, was natürlich nicht stimmt (nur, weil vier Männer in Fell-Lendenschurzen auf der Bühne über Kämpfer und Metal referieren, heisst das noch lange nicht, dass sie ein Haufen Wilde sind!!! ;-)), hatten sich mit ihrem 87er-Album nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Geniale Kompositionen früherer Tage flogen hier größtenteils über Bord, statt dessen bekam der True Metal-Fan einige halbärschige, simple Miklatsch-Schunkel-Rock-Liedchen wie „Carry on“ vorgesetzt, in denen Joey DeMaio wieder sein möglichstes tat, Manowar zu beweihräuchern und über False Metal und MTV herzuziehen. Nicht, dass ich das als wahrer Metaller nicht amüsant finden würde, aber solange die Qualität der Songs nicht stimmt…
Wie auch immer, nach den, eher mäßig begeisterten Kritiken, die „Fighting the World“ erntete, musste sich im Hause Manowar einiges ändern. Gottlob ist dies auch geschehen. Bandkopf Joey DeMaio, Gesangsgott Eric Adams sowie Gitarrist Ross the Boss und Drummer Scott Columbus haben sich mächtig ins Zeug gelegt und nur ein Jahr nach ihrer letzten LP, in dem einige Schwarzseher bereits den Untergang dieser kultigsten aller Metal-Bands sahen, wieder ein absolutes pures Stück edelsten Stahls geschmiedet. Es trägt den Namen „Kings of Metal“, und Manowar zeigten, dass sie selbst diesen Namen redlich verdienten. Oft kopiert, nie erreicht. Aus der umfassenden und qualitativ nicht gerade schwach bestückten Diskographie der Gruppe ist und bleibt Album Nr. 6 für mich das beste.
Manowar weichen erwartungsgemäß nicht einen Schritt von ihrem anno 1982 eingeschlagenen und erfolgreichen Weg ab und stimmen den Hörer mit ihren alten Tugenden endlich wieder glücklich und zufrieden. Es darf wieder munter in wagneresken Epen über Schlachten und Siege, Kämpfer und Schwerter, Ehre und Tod geschwelgt werden. Mit Joey DeMaios klischeereichen Texten lässt sich zwar wie immer kein Pulitzer-Preis gewinnen, aber seien wir doch mal ehrlich. Sind die, oft für peinlich empfundenen Texte nicht das Salz in dem musikalischen Süppchen Marke Manowar? Ist es nicht furchtbar lustig, sie in bierseliger Stimmung nachzusingen, bis jedem Anwesenden True Metal-Fan vor Lachen das Wasser aus den Augen läuft? Doch, genau so ist es.
Über die lyrische Qualität kann man geteilter Meinung sein (wobei jeder echte Metalhead seine Erfüllung darin finden würde), aber an der Güte der Kompositionen ist nicht zu rütteln. Es gibt, wie gesagt, absolut hochkarätigen Manowar-Stoff zum Verschlingen, doch das soll nicht heißen, dass die knapp 48 Minuten des Longplayers von oben bis unten ausschließlich mit gutem, aber altbekannten Metal angefüllt sind! Ganz im Gegenteil: Trotz des vorhergehenden Flop-Albums ging man nicht auf Nummer Sicher, sondern erwies sich als erstaunlich experimentierfreudig und erweiterte die musikalische Palette um einige hübsche Facetten. Nie zuvor (und auch später nie wieder) war ein Manowar-Album so vielseitig und ausgewogen wie „Kings of Metal“, zwei Eigenschaften, auf die ich persönlich sehr viel Wert lege, und die dieses Werk letztlich zu meinem liebsten von Manowar machen. Reichend von rasend schnellen Genickbrechern über epische Halbballaden bis hin zu Choralgesängen und noch exotischeren Dreingaben bekommt man ALLES, was das Repertoire einer True Metal-Combo hergibt, vorgesetzt. Doch dazu später mehr.
Die Band zeichnete sich seit jeher dadurch aus, weniger aus 4 Einzelmusikern zu bestehen, die eisern ihren Stiefel durchziehen, sondern mehr als eine Einheit zu agieren. Bloßes Angeben mit den eigenen Fertigkeiten würde auch nicht viel nützen, denn abgesehen von Eric Adams, dem unangefochten besten Metal-Vocalisten aller Zeiten, gehört keiner der restlichen Bandmitglieder objektiv betrachtet zur Crème de la Crème seiner instrumentalen Zunft. Joey DeMaio spielt seinen berühmt-berüchtigen, modifizierten 8-String-Bass oftmals mehr wie eine Rhythmusgitarre und Scott Columbus erweist sich auch nicht gerade als Meister der Variation, sondern behält mehr oder weniger dasselbe, unsäglich simple Drumpattern bei. Ross the Boss schließlich, der sich übrigens nach den Aufnahmen zu dieser Platte von der Band trennte, ist zwar ein guter Gitarrist, schließlich zeichnet er größtenteils für den typischen Manowar-Sound verantwortlich, als Genie würde ich ihn jedoch wirklich nicht bezeichnen.
Zwei Fähigkeiten, die Manowar allerdings nicht mal der größte Hasser (die ich in diesem Zusammenhang eigentlich lieber als „Neider“ bezeichnen würde ;-)) abzusprechen wagen würde, sind erstens ein absolut untrügliches Gespür für eingängige und mitreißende Melodien und zweitens das Vermögen, diese Melodien in ein pathetisch-episches Gewand zu kleiden.
Der Opener „Wheels of Fire“ zum Beispiel tut einmal mehr die Schwäche der Männer für schnelle, motorisierte Vehikel kund und dürfte mit seinem rasenden Drum-Gerüst der schnellste Manowar-Track sein. Nicht gerade abwechslungsreich zwar, doch dafür entschädigt neben der schieren Geschwindigkeit der mitreißende, wenn auch sehr kurze Refrain.
Das nachfolgende Titelstück handelt von Manowar selber und ihren Fans, und jeder sollte sich denken können, was das Ergebnis ist. Eine Lobpreisungs-Hymne erster Couleur, natürlich sehr simpel gestrickt und mit eher plattem Text („Where other bands play, Manowar kills!“), dafür aber erneut stampfend und mitreißend, außerdem absolut dafür prädestiniert, live zelebriert zu werden.
Nach zwei gewohnten und guten Tracks zum Anheizen wartet das erste kleine Experiment auf den Hörer. „Heart of Steel“, eine epische Ballade, welche sogar in einer deutschsprachigen (!!!) Version existiert, lebt von Eric Adams´ göttlicher Stimme in Kombination mit dem fast schon kitschigen Text und den wunderschönen Pianoklängen. Nach einiger Zeit schaltet sich noch die Gitarre ein, die jedoch, von einem kurzen Solo abgesehen, das Hauptaugen- bzw. –ohrenmerk auf Gesang und Klavier belässt. Schöner Song.
„Sting of the Bumblebee“ ist das obligatorische DeMaio-Bassolo, was vielen Fans wieder übel aufstoßen dürfte. Mich persönlich stören diese Soli nicht, doch außer der Gewissheit, dass Joey sehr gelenkige Finger hat, gewinnt man auch nichts durch sie. Also gleich weiter.
Ich habe eben von „exotischen Dreingaben“ gesprochen, hier kommt die erste: „The Crown and the Ring“ besteht praktisch ausschließlich aus klassischen Klängen wie Orgel und Streicherquartett sowie einigen Effekten, die sozusagen eine Geschichte erzählen. Im Vordergrund steht wie schon bei „Heart of Steel“ klar Eric Adams, der zusammen mit einem reinrassigen Männerchor ein superbombastisches Gänsehautstück fabriziert. Ein sehr gewagtes und wunderschönes Experiment, das von der Manowar-Fangemeinde zum Glück wohlwollend aufgenommen wurde und das Ende eines jeden Konzertes besiegelt.
„Kingdom come“ ist eine flotte, simple Midtempo-Hymne mit original Mitsing-Refrain und genialen Schreien von Eric Adams, die auch nie lächerlich wirken ( was viele Power Metal-Sänger späterer Jahre nicht von sich behaupten können ).
Das nächste Stück, „Pleasure Slave“, ist, bei aller Toleranz und Sinn für Ironie, wirklich ein peinlicher Griff ins Klo. Der Song ist zwar eigentlich nicht übel, sehr langsam und ungewohnt düster für Manowar, und Eric Adams überzeugt wie immer, doch die schlichtweg lachhaften Lyrics (allein der Titel bürgt schon für Qualität…) und noch dazu das nervtötende Frauengestöhne verderben zumindest mir echt den Spaß. Nicht gut.
Diese Enttäuschung wird jedoch durch das nachfolgende „Hail and Kill“ mehr als nur ausgebügelt. Schon der Gitarrensound zu Anfang ist einfach unbeschreiblich geil, und nach einem kurzen Akustik-Intermezzo wird auch genauso brachial im Uptempo weitergemetzelt. Mancher mag die Lyrics etwas geschmacklos finden („May your sword stay wet like a young girl in her prime“ oder „Rape their women as they cry“), aber darüber kann man als Fan der Combo hinwegsehen. Fest steht, dass, wer bei diesem Sound und diesem Refrain noch still sitzen kann, dem Metal abschwören und nächstes Jahr lieber halbnackt um die Siegessäule tänzeln sollte. Insgesamt eines meiner Lieblingslieder von Manowar!
„The Warrior´s Prayer“… der Titel klingt eigentlich stark nach einem weiteren Uptempo-Reißer, doch weit gefehlt! Vielmehr lauert hier exotische Dreingabe Nummer 2, in der Gestalt eines, haltet Euch fest, Hörspiels!!! Ein Großvater erzählt seinem Enkel eine Geschichte über vier Krieger, überflüssig zu sagen, wer diese vier Krieger sind… Viele Leute finden das „Stück“ schlicht überflüssig, meiner Meinung nach ist es witzig und trägt einfach nur zum Charme des Albums und der ganzen Band bei. Außerdem ist es eine Art Intro zum zehnten und letzten Track. „Blood of the Kings“ zum guten Schluss dürfte die endgültige Aussöhnung mit den Fans weltweit sein, an die das Lied als eine Art Danksagung gerichtet ist. In den Lyrics dieses Highspeed-Krachers verbergen sich viele mehr oder minder auffällige Zitate alter Manowar-Titel wie „Death Tone“, „Blood of my Enemies“ oder „March for Revenge“. Nach einem angetäuschten Schluss wird noch einmal so richtig aufgedreht, bevor der Vorhang mit dem Manowar-typischen Sound-Gemetzel fällt. Ein toller Abschluss zu einem starken, runden und facettenreichen Album!
Fazit: Manowar sind tot, es leben Manowar! Die True Metal-Quadriga aus New York meldet sich auf die bestmögliche Art zurück aus dem Grab, in das sie viele nach „Fighting the World“ schon stecken wollte. Bis dato unbekannte Abwechslung mit gelungenen musikalischen Experimenten und bis auf eine Ausnahme durch die Bank sehr gelungene Songs formen das meiner Meinung nach beste Album dieser streitbaren und vielleicht gerade deswegen so einmaligen Band.
Wertung: 9 / 10