Konzertbericht: Neaera w/ Bury Tomorrow, Support

2013-03-01 Leipzig, Conne Island


THE DEFILED und LANDSCAPES eröffneten den Abend, fielen in meinem Falle jedoch einem ausführlichen Interview mit NEAREAs Sänger Benjamin Hilleke zum Opfer.

So begann der musikalische Teil des Abends mit den Kanadiern COUNTERPARTS. Diese boten dem gespannten Publikum 25 Minuten Hardcores mit melodischen Einschüben und heftigen Breakdowns. Schon zu Beginn des Sets war der Raum voll und direkt vor der Bühne wurden durchgängig die Köpfe geschüttelt. Die Band selbst agierte äußerst energetisch, besonders Sänger Brendan Murphy sei hier erwähnt. Dieser pflügte so ungestüm über die Bühne, dass ein Barney Greenway seine wahre Freude gehabt hätte, denn auch die Bewegungen an sich erinnerten stark an den Napalm-Death-Fronter. Mit zunehmender Dauer des Sets konnten sich immer mehr Besucher für die Klänge von COUNTEPARTS erwärmen, sodass gegen Ende deutlich mehr Reaktionen auf das Gebotene sowie Bewegung insgesamt zu verzeichnen waren. Die immer wieder eingestreuten, kurzen ruhigen und melodischen Parts (die teilweise an Touché Amoré erinnerten) boten dabei sowohl Fans als auch der Band kurz Luft zu holen, bevor man sich in den nächsten Breakdown stürzte. Unterm Strich stand hier ein gelungener Auftritt zu Buche, der durchaus geeignet war, Interesse an der Band zu wecken.

Mit BURY TOMORROW folgte eine Band, die mit ihrem Deathcore geradezu prädestiniert ist, Meinungen zu spalten. Die Band spielt nun einmal Deathcore wie aus dem Lehrbuch – harte Riffs wechseln sich mit Melodien ab, auf wildes Gebrüll folgt Klargesang, der in massive Breakdowns mündet. So viele Feinde diese Stilrichtung durchaus hat, so viele Anhänger hat sie allerdings auch, was sich an diesem Abend von Anfang an zeigte. Mit dem ersten Gitarrenton wurde es eng vor der Bühne, wobei der Altersdurchschnitt frappierend jung und der Anteil der jungen Mädchen erstaunlich hoch war. Der Band schien das durchaus zu gefallen, denn so bewegungsfreudig und energiegeladen präsentiert sich nicht jeder Support. Diese Energie griff auch rasch auf das Publikum über, was zu Pits, Headbanging, Stagediving und lautstarkem Mitsingen führte. Sympathisch war auch (neben seinem britischen Akzent) die Danksagung des Sängers an alle, die die Band zwar nicht mögen, aber wenigstens da geblieben waren, um sie sich anzuhören. Interessant war ebenfalls die deutlich bemerkbare Weiterentwicklung im Songwriting, erkennbar an den Unterschieden zwischen älteren Songs und Stücken vom aktuellen Album „The Union Of Crowns“, bei denen melodische Parts mit Klargesang und heftige Riffs und Breakdowns deutlich organischer zusammenpassten. „Leipzig – make me fucking proud!“, forderte Sänger Daniel Winter-Bates vor dem abschließenden „Royal Blood“ und die Bitte wurde ihm umgehend erfüllt, so dass am Ende ein für Fans und Band befriedigender Auftritt zu Buche stand, bei dem keiner der Band ihre Live-Qualität absprechen konnte.

Setlist BURY TOMORROW:
01. Lionheart
02. Sceptres
03. Honourable
04. Waxed Wings
05. You and I
06. Redeemer
07. Knightlife
08. Royal Blood

Was dann allerdings während des einstündigen Auftritts von NEAERA abging, lässt sich am besten mit Begriffen wie Urgewalt, Chaos und kollektives Ausrasten beschreiben. Angetrieben von Sänger Benni ging das Leipziger Publikum komplett steil. Schon während des Intros „The Deafening“ sprangen die Leute übereinander, was beim folgenden Titelsong ihres neuen Album „Ours Is The Storm“ nicht direkt weniger wurde. Dieser Auftakt war jedoch nur ein Vorgeschmack, auf die irre Energieleistung, die Band und Publikum während der nächsten Stunde vollbringen würden. Wie selbstverständlich wurden die Fans schon nach dem ersten Songs zum stagediven aufgefordert, wozu sich Sänger Benni während des dritten Songs (und damit nach der ersten Wall Of Death) selbst hinreißen ließ. Wer auf die Bühne wollte, ließ sich einfach von den enthusiastischen Fans bis an den Bühnenrand tragen, von der Band selbst wurde man dann hochgezogen – wahrscheinlich nicht gerade der feuchte Traum eines Sicherheitsbeauftragten, für das Publikum jedoch erste Sahne. Auch kurzzeitig aus Lausprechern gerissene Kabel oder von Monitoren gefetzte Schutzgitter vermochten es nicht die gute Laune der Band zu brechen, eher im Gegenteil.


Besonders der Sänger schien einen Clown verspeist zu haben und erheiterte mit unglaublich lustigen Ansagen. Zugleich organisierte er aber auch immer wieder Leute, die Stagediver auffangen sollten und hatte stets ein Auge auf den Pit, was er mit der Bitte unterstrich, dass jeder Besucher heil nach Hause kommen sollte – den „Niemals!“-Ruf aus dem nahm er denn mit einem belustigten Grinsen zur Kenntnis. Dass der Pit von der ersten bis zur letzten Sekunde aktiv war, wunderte bei der Leistung der Band und der genial zusammengestellten Setlist niemanden. Neben Tracks vom neuen Album („Ours Is The Storm“, „Decolonize The Mind“ und „Through Treacherous Flames“) kamen auch die Bandklassiker nicht zu kurz. „Spearheading The Spawn“ präsentierte sich erneut als absolute Dampfwalze von einem Song, während „Let The Tempest Come“ problemlos dafür sorgte, dass die Anwesenden die Wände hochgingen. Als Sänger Benni schließlich um Worte rang um sich für die geile (inoffizielle) Release-Show zu bedanken, glaubte man ihm die Verlegenheit um Worte uneingeschränkt, denn eine derartig energetische Interaktion zwischen Band und Publikum, bei der beide Seiten bis an ihre Grenzen gehen, sieht man wahrlich nicht alle Tage – ein Hammer von einem Auftritt, der einmal mehr unterstrich, dass NEAERA sich vor niemandem zu verstecken brauchen!


Setlist NEAERA:
01. The Deafening
02. Ours Is The Storm
03. Walls Instead Of Bridges
04. Armamentarium
05. Decolonize The Mind
06. Spearheading The Spawn
07. In Defiance
08. I loathe
09. The World Devours
10. Plagueheritage
11. Through Treacherous Flames
12. Let The Tempest Come
13. Paradigm Lost
14. Synergy

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