Konzertbericht: Combichrist w/ V2A

06.07.2012 München, Backstage Halle


COMBICHRIST gehören in Szenekreisen schon lange zu den wohl angesagten Bands im Industrial Metal / EBM-Sketor – dass der (kommerzielle) Erfolg, beziehungsweise „Durchbruch“ erst mit dem Support-Slot auf der vorvergangenen Rammstein-Tour eintrat, ist insofern erstaunlich, als dass die Musik durchaus als „massenkompatibel“ eingestuft werden könnte – und insofern nicht, als dass diese Tour für die Norweger die erste Chance war, ihre Musik einer ebensolchen Masse vorzustellen.

Nachdem die anschließende Tour die Band als Headliner ins Backstage Werk führte, und im Publikum doch diverse Rammstein-Shirts verrieten, woher die ganzen Fans auf einmal kamen, ist der Hype mittlerweile wohl wieder etwas abgeflaut: COMBICHRIST spielen wieder eine Hallennummer kleiner, man ist wieder „unter sich“.
Hauptsächlich dürfte das jedoch an der Tatsache liegen, dass die Promotion für diese Tour war quasi nicht vorhanden war: Das Konzert wurde kaum zwei Wochen vorher bekanntgegeben, und wer nicht regelmäßig auf den Homepages des Backstage oder der Bands unterwegs ist, hatte aufgrund nicht vorhandener Vorberichterstattung oder Plakatierung kaum eine Chance, auf das Event überhaupt aufmerksam zu werden.


So ist es zunächst wenig verwunderlich, dass V2A, die Supportband, zunächst vor relativ leerer Halle die Bretter entern. Und nicht, dass ich das irgendeiner Band gönnen würde, allein in diesem Fall wäre mehr Publikum tatsächlich unverdient gewesen. Bereits der Bühnenaufbau aus Synthesizern, E-drums und Fahnen mit Gasmasken-Logos lassen hier eigentlich recht genau erahnen, was man die nächste halbe Stunde zu hören bekommen wird. Man tippt kühn auf stumpfe, pumpende Beats, eine Band in Cybergothic-Kostümen und mit Neon-Dreadlock-Extentions im Haar und eher gewollten denn gekonntem Gesang. Enttäuschend, weil diese Vermutung zu 100% korrekt ist und weil V2A mal wieder beweisen, wie unkreativ und monoton elektronische Musik sein kann, und enttäuscht, weil die Band es dabei nicht einmal schafft, durch Bühnenpräsenz wettzumachen, was musikalisch auf der Strecke bleibt: Ohne Ausstrahlung eiern Sänger und Sängerin über die Bühne, und es gelingt den beiden dabei nicht ansatzweise, ihrer Musik Kraft oder Ausdruck zu verleihen. Schade, aber leider nicht sonderlich überraschend.

Als nach einer längeren Umbaupause um kurz nach 21:00 Andy LaPlegua die Bühne betritt, verblasst der Auftritt der Vorband innerhalb von Sekunden ins Transparente… schafft der sympathische Fronter doch innerhalb weniger Sekunden und quasi im Alleingang, was dem Quartett auch nach einer guten halben Stunde unmöglich war: Das Publikum mitzureißen.
Sicherlich, Andy hat den eklatanten Vorteil, dass die Anwesenden wohl zu 100% wegen seiner Show gekommen sind – andererseits habe ich selten erlebt, dass eine Vorband mit Talent und Engagement nicht ebenfalls die Chance bekommen hätte, das Publikum auf seine Seite zu ziehen.
„Quasi im Alleingang“ ist dabei mehr oder weniger wörtlich zu verstehen, beginnt Andy LaPlegua die Show mit „Intruder Alert“ vom Debüt-Album aus dem Jahre 2003, „Like To Thank My Buddies“ vom Folgealbum „Everybody Hates You“ sowie „Are You Connected“ von Album Nummer drei die Show etwas anders als erwartet: Lediglich durch Trevor Friedrich ergänzt liefert Andy hier quasi zunächst eine One-Man-Elektro-Show ab. Das erinnert zwar eher an Icon Of Coil, sein anderes Projekt, welches genau nach diesem Schema aufgezogen ist, überrascht jedoch durchaus positiv, verspricht doch bereits dieser Einstieg, dass COMBICHRIST hier nicht bloß eine weitere Show mit bereits bekanntem Programm abspuhlen.
Bereits wenig später ist jedoch schluss mit „besinnlich“, und COMBICHRIST geben Vollgas: Nun auch unterstützt von Z Marr am Synthie sowie Drummer Joe Letz greift man mit „Blut Royale“ und „Fuck That Shit“ gleich in die Vollen. Hier macht sich die Publikumszahl angenehm bemerkbar: Denn ist die Halle mittlerweile ansehnlich gefüllt, so dass man sich nicht für seine Heimatstadt zu schämen braucht, ist zwischen den vollbesetzten ersten Reihen und dem Publikum im hinteren Hallenbreich beziehungsweise an den Hallenseiten in der Mitte doch genug Platz, sich der Musik entsprechend nach Gusto zu bewegen – sei es nun leuchtstabunterstützter Ausdruckstanz oder ein ausgewachsener Pogo.


Wie man es von COMBICHRIST gewohnt ist, gibt die Band auch heute alles – Andy vereinnahmt den kompletten vorderen Bühnenraum, Joe Letz feuert Drumsticks durch die Gegend, Trevor kommt mitunter auch mal mit einem einzelnen Becken nach vorne, auf welches er wie besessen Drischt, und spätestens, als sich zu der illustren Truppe noch Gitarrist Abbey Nex von den Genitorturers gesellt, gibt es hier kein Halten mehr.

Seinen Höhepunkt findet die Show, welche sich durch die elegante Zusammenstellung der Setlist und das schrittweise hinzukommen von Musikern kontinuierlich steigern konnte, mit „Throat Full Of Glass“ und „They“ vom aktuellen Album „Making Monsters“. Dass hier jedoch nicht Schluss sein kann, wissen Band wie Fans gleichermaßen – so ist es eingentlich nur Formsache, dass COMBICHRIST die Bühne verlassen, bevor sie zu „Never Surrender“ und dem finalen „What The Fuck Is Wrong With You?“ vom quasi gleichnamigen Album noch einmal zurückkehren.

Die anschließende, obligatorische Drumkit-Demontage von Joe deutet schon an, dass an diesem Punkt definitiv Schluss ist – nach 90 Minuten vollkommen legitim, auch wenn das Publikum hier sicher auch noch den ein oder anderen zusätzlichen Song bedingungslos abgefeiert hätte.So oder so beweisen COMBICHRIST auch heute wieder, dass elektronisch basierte Musik live unglaublich viel Energie transportieren kann – geht man die Sache richtig an, und hat man einen Frontmann, der genau diese Energie aus der Musik auf die Bühne und von da ins Publikum zu bringen in der Lage ist. Großes Kino! Nächstes Mal wieder etwas mehr Promotion, und auch ohne den Rammstein-Hype eine größere Halle zu füllen dürfte für diese Band keine unlösbare Aufgabe sein.


Setlist COMBICHRIST:
01. Intruder Alert
02. Like To Thank My Buddies
03. Are You Connected
04. Blut Royale
05. Fuck That Shit
06. Deathbed
07. Get Your Body Beat
08. Electrohead
09. Shut Up And Swallow
10. Scarred
11. Get Out Of My Head
12. Just Like Me
13. Follow The Trail Of Blood
14. Throat Full Of Glass
15. They

16. Never Surrender
17. What The Fuck Is Wrong With You?

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Publiziert am von

Fotos von: Sigi Maier

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