Konzertbericht: Skeletonwitch w/ Warbringer, Angelus Apatrida

04.09.2010 München, Kranhalle (Feierwerk)

In Zeiten, in denen Kreator mit Eluveitie oder Dimmu Borgir mit Korn durch die Welt ziehen, ist man doch wahrlich freudig erleichtert, dass es offensichtlich noch Veranstalter gibt, die auf ein in sich stimmiges Billing Wert legen und Touren wie diese zusammenstellen: Die Spanier ANGELUS APATRIDA supporten die Newcomer des Thrash-Sektors, WARBRINGER, sowie die ebenfalls noch relativ jungen SKELETONWITCH – drei Mal jung und wild steht auf dem Programm, was das Münchner Publikum offensichtlich zu schätzen weiß: Zwar birst die Kranhalle, die im übrigen weitaus kleiner ist, als man bei dem Namen eventuell denken könnte, nicht aus allen Nähten, jedoch ist sie mit gut einhundert Besuchern angenehm gefüllt – bei einem Ticketpreis von fairen 14€ (AK) beziehungsweise 12€ (VVK) und diesem Lineup eigentlich auch kein Wunder.

Um 21:00 betreten als erste Band des Abends ANGELUS APATRIDA, der heimatlose Engel aus Spanien die Bühne: Die Truppe um den äußerst sympathischen Fronter Guillermo Izquierdo „Polako“ ist mit ihrem bereits drei Alben umfassenden Backkatalog zwar eine längere Diskographie als die nachfolgenden WARBRINGER, sind jedoch in unseren Breitengraden wohl dennoch die unbekannteste Band des Billings, so dass der Opening-Slot durchaus in Ordnung geht.
Allein von den Fähigkeiten und der Professionalität im Auftreten her hätte die Formation aber auch problemlos weiter hinten ins Billing gepasst: Spielfreudig wie man es sich von den großen Szene-Koryphäen oft nur wünschen könnte, zocken sich die vier durch ihr Set – und können mit ihrem klassischen Highspeed-Thrash-Metal das Münchner Publikum im Sturm nehmen: Die Haare fliegen, sogar die ersten Stagediver versuchen mehr oder minder erfolgreich ihr Glück – und ANGELUS APATRIDA genießen den Applaus und die Anfeuerungsrufe auf ihrer ersten Europarundreise sichtlich. Nach einer halben Stunde ist jedoch breits wieder Schluss. Und auch, we nn der ein oder andere, den Publikumsreaktionen zu Folge, gern noch etwas mehr von den Spaniern gehört hätte – die Tatsache, dass als nächstes bereits der Auftritt von WARBRINGER ansteht, tröstet wohl auch den Letzten über die relativ kurze Spielzeit hinweg.

Knappe 20 Minuten Umbauzeit später ist es Zeit für den heimlichen Headliner, wie man bei den Publikumsreaktionen meinen könnte: Bereits im Vorhinein ist Auffällig, dass WARBRINGER-Shirts das am häufigst gesichtete Kleidungsstück im Saal sind – kein Wunder, haben die Kalifornier doch spätestens mit ihrem letzten Album, „Walking Into Nightmares“, ihren Anspruch auf eine Führungsposition in der „New Wave Of Bay Area Thrash“-Bewegung eindrucksvoll untermauert.
So wundert es wenig, dass das Publikum nochmal einen Zacken zulegt, als das Quintett die Bühne betritt – die Haare werden noch hingebungsvoller geschüttelt, die Texte inbrünstig mitgegrölt und auch an Crowdsurfern und sogar Circlepits mangelt es nicht. Die mit diesen Reaktionen sichtlich zufriedene Band gibt im Gegenzug auch alles und spielt sich mit so glasklarem Sound, wie man ihn sich nur wünschen kann, quer durch die Diskographie (was bei bislang zwei veröffentlichten Alben nicht sonderlich schwer ist). Das Hauptaugenmerkt liegt dabei natürlich auf dem aktuellen Langspieler, womit aber wohl keiner der Anwesenden ein Problem hat. Sänger John Kevill wirkt so gut gelaunt wie eigentlich immer, schneidet Grimassen und rennt wie ein Derwisch über die Bühne – hinsichtlich des in Besitz nehmens von Bühne und Publikum war diese Band aber ja schon immer unschlagbar. So wundert es auch wenig, dass die Zuschauerschaft die Band nicht nur zu einer Zugabe zurück auf die Bühne, sondern John Kevill nach dessen finalem Stagedive auch in der Halle noch umringt und mit skandierten „WARBRINGER“-Rufen ehrt.

Dass es nicht gerade die dankbarste Aufgabe der Welt ist, nach WARBRINGER auf die Bühne zu dürfen, müssen wie bereits Evile als Headliner der letzten Tour mit WARBRINGER, auch die Headliner des heutigen Abends, SKELETONWITCH, erfahren:
War es bei WARBRINGER in der Kranhalle noch gesteckt voll, haben einige Besucher offensichtlich bereits nach deren Auftritt den Heimweg angetreten oder zumindest eine ausgedehntere Raucherpause eingelegt, so dass SKELETONWITCH zunächst nur eine halbvolle vorfinden, als sie um 23:00 die Bühne betreten. Auch sind die Reaktionen der anwesenden Zuschauerschaft zunächst eher Verhalten: Höflichkeitsapplaus, einige nickende Köpfe… viel mehr scheint hier nicht mehr zu holen zu sein.
Doch wer denkt, SKELETONWITCH würden sich so einfach ihrem Schicksal fügen, kennt Derrick „Mullet Chad“ Nau schlecht. Statt zu resignieren, mobilisiert zumindest der Fonter der Truppe aus Ohio alle seine Kräfte und holt aus sich und seinen Stimmbändern alles heraus, was irgenwie geht: Während der Rest der Band relativ unspektakulär-statisch auf der Bühne steht, gestikuliert und agiert „Mullet Chad“ wie besessen und kann so mit seiner Bühnenpräsenz die Zurückhaltung seiner Truppe in einer One-Man-Show mehr als kompensieren. Und der Einsatz lohnt sich: Mit der Zeit scheint sich das Münchner Publikum doch noch mit SKELETONWITCH anfreunden zu können, bis die Publikumsreaktionen am Ende des Sets denen WARBRINGER gegenüber in nichts nachstehen. Nachdem auch hier eine Zugabe gefordert und gegeben wurde, ist schließlich endgültig Schluss und die „European Bangover 2010“-Tour zumindest in München Geschichte.

Was bleibt, sind die Impressionen eines von allen drei Bands mit voller Hingabe dargebotenen Konzertabends, der vor allem eines bewiesen hat: Um die Zukunft des Thrash Metal braucht man sich definitiv keine Sorgen zu machen, solange es junge Bands wie diese und ein so dankbares Publikum wie das des heutigen Abends gibt.

Setlist SKELETONWITCH:
01. Submit To The Suffering
02. Blinding Black Rage
03. Upon Wings Of Black
04. The Despoiler Of Human Life
05. Strangled By Unseen Hands
06. Sacrifice For The Slaughtergod
07. Fire From The Sky
08. Limb From Limb
09. Stand Fight And Die
10. Beyond The Permafrost
11. Crushed Beyond Dust
12. Repulsive Salvation
13. Vengeance Will Be Mine
14. Within My Blood

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