Festivalbericht: Maryland Deathfest 2010 (USA)

15.07.2010 USA

Maryland Deathfest – Sonar, Baltimore:Seit der WM 2006 war es eigentlich schon fest geplant, dass ich nach dem Abitur meine Abireise zur nächsten WM 2010 nach Südafrika mache. Dieses Vorhaben wurde jedoch schnell gekippt, als ich 2008 zum ersten Mal vom Maryland Deathfest hörte: Ein Death Metal und Grindcore Festival in den USA, mit Pre-Festparty 4 Tage lang und mit Bands von nahezu jedem Kontinent.
Als dann schon im Juli 2009 Autopsy, Obituary und jede Menge weitere Top-Acts für die 2010er Ausgabe bestätigt wurden gab es für mich keinen Zweifel mehr: Ich musste dahin!
Also fand ich mich rund 10 Monate später mit kurzem Zwischenstopp in New York dann am 27. Mai 2010 in Baltimore in Maryland wieder. Schon der ersten Eindruck zeigte, dass es ein unglaubliches Festival werden musste: Im meinem ca. 1 km vom Sonar entfernten Hostel waren fast ausschließlich Metaller: aus Australien, der Schweiz, Slowenien, Serbien und aus der gesamten USA. Dieses gemütliche Zusammenwohnen entschädigte fast, dass man als verwöhnter Europäer auf das übliche Campen direkt am Festival verzichten musste.
Nach einigen Stunden Kennenlernphase ging es dann schon gemeinsam ab Richtung Sonar zur Pre-Festparty, die mit lediglich 15$ Eintritt im Vergleich zu den anderen 3 Tagen (zusammen 130$) ein richtiges Schnäppchen war.

Pre-Fest Party – 27.5.2010

Am Veranstaltungsort angekommen mussten wir erstmal eine lange Warteschlange überstehen, da die Securities den Ausweis jedes Besuchs kontrollierten und alle unter 21 Jährigen die berühmten schwarzen Xe mit dem Edding auf beide Hände malten, was so viel hieß wie: kein Alkohol für dich.
Im inneren des Clubs war es dann erstaunlicherweise schon um 19:15 Uhr gut gefüllt, als die erste Band Ex-Dementia auf die Bühne kam. Die 3 Jungs aus New Jersey waren dann gleich die erste Überraschung des Festivals. Für die erste von insgesamt acht Bands auf einer Pre-Fest Party waren die Death Metaller eine musikalisch richtig gute Band, die in nur 25 Minuten Spielzeit wohl viele neue Fans dazu gewannen.
Als nächstes an der Reihe waren XBRAINIAX aus Michigan, die jedoch nicht an den Erfolg der ersten Band anknüpfen konnten. Der Versuch etwas Grove in eine verrückte und chaotische Mischung aus Thrash Metal und Grindcore zu bringen scheiterte vom ersten Song an und wurde durch die eher mäßigen Vocals des Frontmannes auch nicht gerade besser.
Deswegen legten die meisten Leute über 21 hier erstmals eine Bierpause ein, wobei man entdeckte, dass der Bierpreis mit 3$ für einen halben Liter sogar halbwegs trinkbares Dosenbier unerwartet niedrig war.
Die nächste Band Swarm Of The Lotus führte genau das fort, dass XBRAINIAX begonnen hatten: sehr gewöhnungsbedürftige Musik mit ganz miesen Vocals von Gitarrist Peter Maturi, dessen stylisches Vorbild wohl offensichtlich Max Cavelera ist. Trotz des lokalen Bonus der Engorged Ersatzband war dennoch die Enttäuschung der meisten Besucher ersichtlich, die lieber Engorged gesehen hätten.Gegen 21:20 gab es dann wieder ein positives Ereignis: Die norwegischen Thrasher Nekromantheon heizten dem jetzt brechend vollen Club ordentlich ein und weckten das Publikum wieder auf.Danach gab es Grindcore der allerbesten Sorte. Das texanische Grindduo P.L.F. (kurz für Pretty Little Flower) bewies, dass man nicht mehr als eine Gitarre und ein Schlagzeug benötigt, um im Publikum die ersten Pits des Abends entstehen zu lassen. In einer halben Stunde Spielzeit spielten sich die Houstoner in die Herzen des Publikums und verkaufen danach jede Menge spotbilliges Merchandise (10$ für ein Shirt).

Als nächstes durfte dann ebenfalls ein Grindcore Duo die Gäste erfreuen: Iron Lung aus Seattle, die am Abend zuvor vor ganzen 7 Fans spielten und vor allem durch den ein oder anderen Scherz des Sängers und Schlagzeugers Jensen Ward in Erinnerung blieben („I don\’t know what you said, but if you had a microphone it would probably matter“). Musikalisch hinterließen sie allerdings nicht so viel Eindruck wie P.L.F. zuvor.
Nun kam endlich der Moment, auf den jeder Grindcore Fan gewartet hatte: Die schwedischen Fun-Grinder Birdflesh kamen um 23:25 Uhr auf die Bühne und die „Crowd“ feierte wie auf einem Deichkind Konzert: Hunderte von Knicklichtern und aufblasbare Penise, Delphine und ein rosaner Flamingo flogen während des gesamten Konzerts ununterbrochen auf die Bühne und von dort zurück ins Publikum. Im Gegensatz zu dem Fun Grind von etwa den Excrementory Grindfuckers spielten die Schweden im originellen Japan Bühnenoutfit jedoch Grindcore der besten Sorte und verließen sich nicht nur auf das Drumherum oder die komischen Texte.Nach dieser genialen Show mit toller musikalischer Untermalung ging der Anfang des General Surgery Gigs fast unter, die am Beginn etwas langweilig wirkten, aber gegen Mitte des Sets endlich alle im Publikum erreichten. Mit dem typischen Auftritt mit Ärtzekitteln und Kunstblut können General Surgerymittlerweile nicht mehr punkten, aber mit den gigantischen Circle Pits die sie hier in Baltimore verursachten können sie wohl noch eine Weile lang angeben.
Um 1:30 Uhr endete dann die Pre-Fest Party des Festivals und die Besucher verließen nach 8 Stunden Musik das Sonar ziemlich rasch und zufrieden in alle Himmelsrichtungen zu ihren Unterkünften.

Erster Festivaltag – 28.5.2010

Der erste Tag des Maryland Deathfests begann dann gleich mit zwei negativen Überraschungen: Die erste war, dass sich eine unglaublich lange Warteschlange bildete, in der man teilweise 2 Stunden warten musste, bis man endlich sein Plastikfestivalarmband und sein schwarzes X oder das „Drinking Age Verified“ Armband bekam und die zweite war, dass zwei von Possessed ihren Flug verpasst hatten und deren Auftritt zumindest am ersten Tag ausfiel.
Mit diesem Ausfall und der kurzfristigen Absage von Trap Them begann eine verwirrende Folge von Änderungen der Runningorder:
Watain spielten anstatt auf der Side Lot Stage außerhalb drinnen auf dem Trap Them Slot und Nazxul übernahmen die Position von Possessed auf der Street Stage. Dies führte dazu, dass am gesamten Tag nur 3 Bands auf den beiden Bühnen außerhalb des Sonars spielten und einige Besucher verwirrt über eine Stunde auf Nazxul warteten, bis die ersten entdeckten, dass die Organisatoren des Festivals kleine Ausdrucke der neuen Runningorder an verschiedenen Punkten ausgelegt hatten.
Direkt nach dem Einlass auf das Festivalgelände, auf dem über Nacht die beiden Außenbühnen errichtet und alle Zäune aufgestellt wurden stürmten die Massen erstmal an die Merchandise Stände der Händler und Bands, insbesondere den von Autopsy.
Somit war die erste Band des Tages für mich Putrescence, die mit durchschnittlichen Grindcore kein wirklicher Blickfang waren. Die nächste Band Defeatist übersprang ich, wie viele andere um die Massen an gekauften Merchandise zurück ins Hostel zu bringen.
Als ich wieder zurück aufs Festivalgelände kam wartete ich brav eine sehr lange Zeit auf einen Geheimtipp eines Freundes: Naxzul – Black Metal aus Australien. Da diese jedoch wie oben beschrieben den Possessed Slot spielten, wartete ich vergebens und sah somit als zweite Band des Tages die amerikanischen Death Metal Heroen Malignancy, die als einzige Band des Tages die Side Lot Stage bespielten. Diese zweite und neue Bühne außerhalb stand seitlich des Sonar auf einem kleinen Hügel, was die Sicht und vor allem den Sound der Bühne nur in den ersten paar Reihen annehmbar gestalteten.Mit dem Glück einen Access All Areas Pass zu besitzen schaute ich mir daher die meisten Konzerte auf dieser Bühne von der Bühnenseite aus an.Malignancy spielten ein überragendes Set gespickt mit einigen Songs vom neuen Album „Eugenics“, das nach ungefähr einem Jahr Verspätung endlich im September erscheint und mit einer Europa Tour promotet wird. Frontmann Danny Nelson erheiterte zwischen dem angenehmen Gebolze das Publikum mit Geschichten über seine grauen Haare am Kopf und an seinem linken Hodensack und weiteren Geschichten über Geschlechtsteile und das Altern, was einige Groupies im Publikum weiter ermunterte wie verrückt zu fordern, dass er sich auszieht.

Nach dem Set versuchte ich noch schnell die letzten 15 Minuten vom Birds Of Prey Gig nicht zu verpassen, da diese nach 4 Jahren Bandgeschichte und 3 Alben ihr erstes Konzert überhaupt spielten, von dem mich aber nicht viel überzeugte.
Danach kam dann endlich der Auftritt von Nazxul aus Sydney, die einen Hauch von Black Metal Ambiente bei immer noch deutlich über 25° Außentemperatur verbreiteten. Die fünf Australier, die allesamt mit Corpse Paint auf die Bühne kamen lieferten einen guten Auftritt hin, der sogar mir als Black Metal Abgeneigten gefiel. Das rote Priestergewand von Sänger Luke Mills war natürlich mit dem typischen umgekehrten Kruzifix geschmückt, jedoch verzichtete die Band weitgehend auf das typische Black Metal Image gehabe, was ihnen zumindest von meiner Seite aus viele Sympathiepunkte einbrachte. Nach einer Stunde Hitze hatte ich dann aber wirklich genug und freute mich wieder in den Club begeben zu können, der permanent durch eine sehr starke Klimaanlage gekühlt wurde, was tagsüber sehr angenehm war, jedoch abends ab 22 Uhr etwas nervig wurde.
Drinnen angekommen sah ich gerade noch, dass Watain natürlich wieder ihre Duftkerzen anzündeten und begab mich nach vorne in den Photograben, von dem man die typischen Bühnenutensilien der Band beobachten konnte: Drei große umgedrehte Kreuze mit Schweinsköpfen dran, die wie schon in der voherigen Ankündigung per MySpace dazu dienen sollten „einen triumphalen Holocaust von allem Heiligen und eine riesige Feier der Götter der gesetzlosen Dunkelheit“ imagegetreu zu unterstützen. Ebenfalls gut zum Image der bösen Jungs passte, dass Gitarrist Set keine Einreisegenehmigung bekommen hatte und somit ersetzt werden musste. Wohl auch wegen diesem Gehabe war die Reputation der Band beim Publikum überwältigend und die Menge bebte feierte jeden einzelnen Song, bis es passend zum Namen der neuen Platte „Lawless Darkness“ zum Skandal kam: D.R.I. Bassist Harald Oimoen stürmte naiv auf die Bühne und versuchte die Black Metal Show durch „Irish Dancing“ aufzuheitern, woraufhin er prompt brutal von der Band mit ihren Nietenstiefeln von der Bühne getreten wurde, was dem Großteil des Publikums verborgen blieb und somit nicht zum Stimmungskiller wurde. Wie schon auf dem gesamten Festival war der Sound im Club überragend und die neuen Songs von Watain kamen sehr gut bei den Besuchern an. Am Ende ließ sich die Band sogar dazu verleiten eine Zugabe zu spielen, was aber wohl sicher kein Zeichen von Reue war…

Nach dem Watain Konzert leerte sich der Club innerhalb von nur wenigen Minuten, was einen sehr guten Grund hatte: Auf der Street Stage waren Gorguts schon fast auf der Bühne.
Die Band aus Quebec, die sich schon zweimal auflöste und selten live Konzerte gibt war ein unglaublicher Zuschauermagnet und sorgte sicher dafür, dass der ein oder andere Besucher mehr den Weg von Europa aus auf sich nahm. Leider war der Sound der Street Stage nicht wirklich gut und die Power fehlte während des gesamten Sets der vier Kanadier. Die Setlist bot das Beste aus über 20 Jahren Bandgeschichte und die Ankündigung eines neuen Albums im Frühjahr 2011 gab den teilweise enttäuschten Zuschauern noch einmal einen zusätzlichen Motivationsschub.Danach spielte im Club die Grindcore Truppe Gride aus Tschechien, die mit dem guten Sound und vor allem mit ihrer guten Musik für riesige Circle Pits mit mehr als 10 m Durchmesser sorgte. Sehr angenehm war, dass die Organisatoren die Spielzeit für solche harten Bands mit nur 30-40 Minuten relativ kurz hielten, wodurch vermieden wurde, dass die Zuschauer von der auf Dauer recht monotonen Musik gelangweilt wurden.Nun war es wieder Zeit für etwas Exotisches und eine echte Rarität: die Death Metaller von Coffins aus Japan sorgten mit ihren sehr lang gezogenen, langsamen und harten Songs für eine Mischung aus langweile und Ekstase im Publikum. Viele sprachen von der bisher besten Band des Festivals, die genau ihren Nerv traf und viele andere auch von dem langweiligsten, was sie bisher gesehen haben. Musik ist halt eben Geschmackssache und als Fan von viel Tempo und schnellen Blastbeats muss ich sagen, dass ich zur zweiten Gruppe gehöre und froh war, als sie endlich die Bühne verließen und sich alle auf D.R.I. freuten.
Die Anforderungen an die Thrash Pioniere, die schon seit unglaublichen 28 Jahren die Bühne der Welt unsicher machen waren unglaublich hoch und die Band konnte diese Erwartungen souverän erfüllen. Nur 3 Stunden nach dem Zwischenfall während des Watain Auftritts merkte man Bassist Oimoen nichts an, als er eine viertelstündige Unterbrechung des Sets wegen Gitarrenprobleme mit viel Humor und noch mehr Durchhaltevermögen sehr originell überbrückte, in dem er als Alleinunterhalte einige Klassiker wie „Running Free“ von Iron Maiden anspielte und das Publikum singen ließ, während die weiblichen Roadies Räder über die Bühne machten. Nicht nur bei dem Iron Maiden Song, sondern beim kompletten Auftritt zeigte sich das Publikum sehr textsicher und vor allem bereit zum abgehen. Gegen 2 Uhr trat ich dann vollkommen zufrieden und glücklich den Heimweg zu Hostel an, um nach 10 Stunden Live-Musik neue Kräfte für die nächsten zwei Tage zu sammeln.

Zweiter Festivaltag – 29.5.2010

Nach viel zu wenig Schlaf machte ich mich noch vor 13 Uhr auf den Weg zum Festivalgelände, da ich nur ungern die Grindcore Band Fuck The Facts um die hübsche Frontfrau Mel verpassen wollte und ich habe es nicht bereut: mit einem glasklaren, brillanten Sound ließen sie beim Publikum schon zu früher Stunde die Dämme brechen und gewannen mit Sicherheit viele neue Fans, die von ihrem Grindgeballer genauso beeindruckt waren wie ich.
Kaum waren Fuck The Facts von der Bühne unten ging es auch schon weiter mit der nächsten Grindcore Band: Ingrowing aus Tschechien, die fast nahtlos da weitermachten, wo Fuck The Facts 10 Minuten vorher aufgehört hatten. Äußerst amüsant waren zudem noch die elementaren Englischkenntnisse des Sängers, bei dem die unsicheren Ansagen teilweise länger dauerten als der nächste Song.
Leider konnten Obliteration aus Norwegen mich danach nicht wirklich überzeugen und ich ging wieder auf Shoppingtour bei den sehr günstigen Merchandiseständen. Hierbei entdeckte ich ein Schild, dass mich arg in Bedrängnis brachte: „Possessed are playing a set together with Sadistic Intent from 4:10 – 4:55 PM“ – Possessed parallel zu Impaled, ein Albtraum! Abgesehen davon war es äußerst merkwürdig die als freitags Co-Headliner geplanten Possessed mitten am Tag 20 Minuten lang auf die Bühne zu schicken.

Nun ja, anstandshalber schaute ich mir dann zumindest die ersten wie Songs von Possessed an und ging danach schnell in den Club um die letzten 15 Minuten Impaled genießen zu können und ich bereute es erst so spät dazugekommen zu sein. Sämtliche Bandmitglieder standen in einer Pfadfinderkluft mitsamt Halstuch auf der Bühne und wiedermal zeigte sich, dass der Sound im Club um Welten besser als der auf den Bühnen außerhalb war. Das Schlagzeug brachte den Bauch zum beben und die gut gespielten Songs sorgten dafür, dass ich mir schwor nie wieder „alte“ Bands aus Interesse zu schauen und anderen Bands, die ich wirklich mag vorzuziehen.
Doch die Trauer wich schnell der Vorfreude auf die nächste Band des Tages Blood Duster! Noch mal Grindcore, noch mal besser. Die gefühlten 1000 Australier auf dem Festival freuten sich wie kleine Kinder auf ihre Landsmänner und die Euphorie war durchaus verständlich, denn wenn man nicht gerade aus Australien kommt sind die Möglichkeiten sehr stark beschränkt einen Blood Duster Liveauftritt erleben zu können.. Schon als sie die Bühne betraten war jedem klar, dass das ein unvergesslicher Auftritt wird. Wie schon bei Birdflesh flogen wieder Knicklichter, Plastikpenise, -delphine und –gitarren durch das gesamte Sonar und innerhalb von Sekunden entstand ein großer Circle Pit. Auch hier gab es leider wieder Probleme mit der Gitarre und 10 Minuten Reparatur- und Verschnaufpause. Sänger Tony versuchte die Situation durch etwas Gerede mit dem Publikum zu überbrücken, gab aber zu, dass er nicht so talentiert dazu ist, wie D.R.I. Bassist Harald Oimoen. Nach der Pause ging es dann genauso fantastisch weiter wie davor und der Höhepunkt war ganz klar der Coversong „Drink, Fight, Fuck“ von G.G. Allin, bei dem jeder im Publikum mitsang und die Bühne von den stark headbangenden Rompeprop gestürmt wurde.
Direkt nach dem Konzert stürmten die Massen jedoch sofort raus auf die Straße, um den Anfang von Melechesh nicht zu verpassen. Da sich die Israelis jedoch sehr viel Zeit mit dem Soundcheck ließen und nach 20 Minuten Wartezeit immer noch nicht angefangen hatten zu spielen wanderten viele Leute weiter zu Seitenbühne, um die Death Metal Urgesteine Incantation anzuschauen.
Trotz des miesen Sounds und der schlechten Sicht auf die zweite Außenbühne wurden Incantation von ihren Fans gebührend empfangen und gefeiert. Die Setlist war gespickt mit den Highlights der über 20 Jahre Bandgeschichte und der Auftritt wurde durch einen Gastauftritt von Asphyx Sänger Martin Van Drunen, der zusammen mit der Band das Death Cover „Scream Bloody Gore“ performte abgerundet. Ebenfalls sehr positiv kamen die Black Sabbath Cover Songs „The Mob Rules“ und „Stargazer“ an, die zu Ehren des verstorbenen Ronnie James Dio gespielt wurden.
Nun war es Zeit für ein historisches Ereignis: Die US-Grindcore Pioniere von Repulsion beehrten das Maryland Deathfest mit einem ihrer seltenen Konzerten. Da ich das Konzert von der linken Bühnenseite aus verfolgte fehlte mir etwas die Power im Sound, jedoch schien es dem Publikum vor der Bühne ganz und gar nicht so zu gehen. Schon mit dem Opener Song „The Stench Of Burning Death” hatten die Kalifornier das Publikum fest im griff und ließen sie bis zu den letzten drei genialen Songs „Maggots In Your Coffin“, „Black Breath“ und „Horrified“ nicht mehr los. Sehr merkwürdig war der Versuch der Securities bei ca. 30° Außentemperatur Crowd Surfer mit Wasser zu „bekämpfen“, was die Zahl der Crowd Surfer im Endeffekt eher steigerte als verminderte. Das Konzert war vom Anfang bis zum Ende atemberaubend und ein wirklich einzigartiges Erlebnis, dass man so schnell nicht mehr vergessen kann.
Da ich Asphyx gerade den Monat zuvor schon gesehen hatte setzte ich mich bei deren Auftritt gemütlich auf den Boden, genoss den mit 7$ unglaublich überteuerten Cheeseburger und die Vorfreude auf den echten Knaller es Festivals wuchs immer weiter.

Autopsy – ein Jahr bevor ich geboren wurde das letzten Mal in Deutschland auf Tour – waren das unumstrittene Highlight im Billing des Festivals. Der erste Song „Twisted Mass Of Burnt Decay“ vom zweiten Album „Mental Funeral“, der auf das etwas komischen Intro folgte, ließ das Publikum alle Hemmungen ablegen und in Ekstase verfallen. Der gesamte Gig war kam unglaublich gut bei den Zuhörern an und die Band überzeugte mit wirklicher Größe: Anstatt die Bühne zu verlassen und den minutenlangen Seelenbalsam durch die „We want more“ Rufe zu genießen blieben Autopsy auf der Bühne, um mehr Songs spielen zu können. Diese Spiellaune und der immer noch andauernde Erfolg sind wohl der Grund dafür, dass sich die Band wieder zusammengefunden hat und 2011 sogar ein neues Album mit dem Titel „Macabre Eternal“ veröffentlichen will. Spätestens jetzt war für mich klar: Die Reise hat sich gelohnt!

Setlist Autopsy:
Twisted Mass of Burnt Decay
In the Grip of Winter
Severed Survival
Disembowel
Ridden with Disease
Deathmask
Destined to Fester
Embalmed
Human Genocide
Fiend for Blood
Gasping for Air
Death Twitch
Voices
Spinal Extractions
Slaughterday
Dark Crusade
Horrific Obsession
Service for a Vacant Coffin
Charred Remains

Nun ließ ich den Abend gemütlich ausklingen und schaute mir noch Wolfbrigade aus Schweden, die mich mit ihrer Synthese von Hardcore, Death Metal und Grindcore durchaus positiv überraschten und die australischen Death Metaller Portal an, die in ihren Henkerskostümen vor allem mit instrumental guter Musik, aber mit mittelmäßigen Vocals durchaus zu überzeugen wussten.

Dritter Festivaltag – 30.5.2010

Nach 3 Tagen Death Metal und Grindcore Gebolze und nur sehr wenig Schlaf nahm ich mir am dritten Festivaltag ein bisschen Auszeit und ging „erst“ gegen 14 Uhr aufs Festivalgelände, was im vergleich zu deutschen Festivals immer noch ziemlich früh ist.
Eigentlich wollte ich noch später aufstehen, doch wenn Rompeprop spielen führt kein Weg daran vorbei. Rompeprop – in Europa die wohl bekannteste und erfolgreichste Goregrind Band – sind in den Vereinigten Staaten eine kleine Nummer (noch). Jedoch verschafften sich die Jungs aus Eindhoven mit ihrer sympathischen, fannahen Art und ihrem unglaublich guten Auftritt wieder einige neue Fans in den Staaten. Der Anfang der Show begann gewohnt lässig: Ein Intro, was sehr an ein Kinderlied erinnerte, eine Plastiktüte voll Bier, das ans Publikum weitergegeben und die typischen Bühnenkostüme von „Dirty Dr. Dente“ (Ärztekittel mit Kunstblut) und „Bonebag Rob“ (Skelettkostüm). Danach folgte 30 Minuten, bis auf kleiner Bierpausen ohne größere Unterbrechungen, Goregrind vom feinsten und einer Setlist quer durch die komplette Bandgeschichte, die das gut gefüllte Sonar vollkommen überzeugten. Einziges Manko war, dass die drei Niederländer überhaupt kein Merch dabei hatten – wohl durch die überragende
US-Visa-Politik verursacht – denn sie hätten an diesem Tag sehr gutes Geld damit verdienen können.
Nächster Act war wieder eine niederländische Band: Sinister. Leider überzeugten diese mich, obwohl ich sehr großer Fan ihrer Alben, insbesondere „Afterbruner“, bin ganz und gar nicht. Die Band machte einen müden und trägen Eindruck, bewegte sich kaum auf der Bühne und spielte einfach nur ihr Programm runter. Man sollte an dieser Stelle jedoch erwähnen, dass mir sehr viele Leute nach dem Auftritt gesagt haben, dass Sinister Konzerte wie dieses nur in ihrer aktuellen Bandphase vorkommen und sie bei vorherigen Konzerten ziemlich gut gewesen sein sollen.Nach einem kurzen Ausflug in den nah gelegenen Burger King erschien ich rechtzeitig zu EyeHateGod wieder vor der Bühne. Ich hatte mir vor dem Festival kein einziges Lied dieser Band angehört, da ich überhaupt kein Freund von Sludge oder Doom Metal bin, jedoch überzeugte mich ein Hostelmitbewohner sie mir doch anzusehen. Bei gut 30°, blauem Himmel, beißender Sonne und nur mäßigem Interesse meinerseits konnte ich mich während des gesamten Konzerts nicht mit der Musik anfreunden. Es war zwar nicht schlecht, was die Jungs darboten, aber es war einfach nichts für meinen Geschmack.
Mehr meinen Geschmack traf dann der folgende Pestilence Auftritt. Auf dem Maryland Deathfest 2009 mussten die Niederländer kurzfristig Absagen und als Ersatz gab es einen zusätzlichen Bolt Thrower Gig im Club, doch dieses Jahr schafften sie die Überfahrt und wurden nach 16 Jahren Amerika Abstinenz überwältigend empfangen. Und was noch viel überraschender war: An diesem Tag war der Sound auf der Side Lot Stage viel besser als an den beiden Tagen zuvor, was einen super Auftritt möglich machte. Selbstverständlich wurden die Zuschauer sowohl mit alten Songs als auch mit den neuen Songs von „Resurrection Macabre“ beglückt und beim letzen Song und Klassiker „Out Of Body“ hatte man das Gefühl, dass das gesamte Publikum entweder am headbangen war oder sich in den Pit stürzte. Alles in allem ein super Auftritt, der bei mir Lust auf die Europakonzerte im Oktober geweckt hat.

Nun folgte die absolute Enttäuschung des Festivals: Nirvana 2002 aus Schweden, eigentlich nur aktiv von 1988-1992 und ohne ein einziges veröffentlichtes Album. Im Vorfeld des Festivals wurden sie hoch gelobt, nahezu vergöttert und ihr Merchandise war bereits donnerstags ausverkauft und ich würde mich verdammt ärgern, wenn ich mir ein Shirt gekauft hätte. In 35 Minuten Spielzeit spielten sie ganze 4 eigenen Songs plus ein Kreator und ein Entombed Cover (Pleasure To Kill und Crawl), nahmen es sich dann noch heraus 5 Minuten früher aufzuhören und die eigenen Songs waren kaum wieder zu erkennen. Eine unnötige Re-Union und aus meiner Sicht absolute Zeit- und Geldverschwendung!

Im Anschluss daran wurde ich wieder vor die Wahl gestellt: Eine Band, die ich kaum gehört hab, die aber Kultstatus besitzt und selten live spielt oder eine gute Grindcore Band anschauen. Da ich schon bei Impaled bereut hatte die Kultband vorzuziehen wollte ich bei Captain Cleanoff nicht denselben Fehler begehen und ließ den Pentragram Gig außen vor. Glücklicherweise war ich nicht der einzige der lieber verrückten Aussie Grindcore anstelle von Doom oder Glam Metal sehen wollte und der Club war sehr gut gefüllt.
Die fünf Australier um Blood Duster Bassist Jason Fuller hielten sich ganz nach dem Motto „30 Songs in 20 Minuten“ und brachten das gesamte Publikum zum Abdrehen und ließen es mich nicht bereuen mich gegen Pentragram entschieden zu haben. Euphorisiert von dem Auftritt machte ich mich sofort auf den Weg zu ihrem Merchstand um eine CD zu erwerben, die schon die 1000ste Runde in meinem Autoradio dreht.
Danach kauften wir uns ein Bier, stellten uns raus und schauten uns Entombed an. Nun ja, anschauen konnte man das eigentlich nur die ersten 5 Minuten nennen, da wir dann fast die gesamte Spielzeit der schwedischen Death Metal Vorreiter darüber erzählen, wie geil Captain Cleanoff und Rompeprop waren. Dann machten wir uns auch 10 Minuten vor Setende auf die 50 Meter Reise zur anderen Bühne, um bei Obituary einen guten Platz zu ergattern. Obituary aus Tallahassee, Florida – auch schon über 20 Jahre im Geschäft – wurden ihrem Ruf und der Headlinerposition mehr als gerecht. Zur Freude der meisten Fans spielten sie ein Set mit sehr vielen alten Liedern wie z.B. „Chopped In Half“, „Dying“ und als letzten Song der Zugabe natürlich standesgemäß das schon die ganze Zeit geforderte „Slowly We Rot“, aber auch einigen neueren Songs wie „Blood To Give“ oder „List Of Dead“ vom 2009er Album „Darkest Day“. Typisch war auch, dass sie zwischen den Songs immer wieder nach Marihuana fragten, weil man wie schon während des gesamten Festivals sehr oft den Geruch hiervon in der Nase hatte. Nach dem beinahe epischen Ende mit „Slowly We Rot“ leerte es sich vor der Bühne ziemlich schnell, was auch einen sehr guten Grund hatte: Magrudergrind spielten im Club noch ca. 15 Minuten.
Was ich von ihrem Auftritt mitbekam war echt super – so wie fast jede Grindcore Band auf dem gesamten Festival. Für mich war das der Schlusspunkt eines genialen Festivals, da mich Capitalist Casualties und From Ashes To Rise nicht mehr wirklich interessierten. Ich tratt dann gegen 23:30 glücklich, aber auch traurig den Weg zurück ins Hostel an um ein letztes Mal mit allen neuen Bekannten zu feiern. Man sieht sich aber bestimmt irgendwann mal wieder – spätestens im nächsten Jahr…

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert