Dass sich Promotion eben doch auszahlt, beweist der heutlige Konzertabend unter der Führung der Headliner ABSU beeindruckend. Denn diese wurde nicht in diesem Falle kaum bis garnicht gemacht, und schon stehen auch nur knapp 30 Menschen vor dem Münchner H39 im Feierwerk (es kann ja nicht immer an München liegen, dass Potential da wäre, haben ja erst kürzlich Secrets Of The Moon bewiesen… und am Bekanntheitsgrad der aufspielenden Formationen wird es wohl auch nicht allein liegen, sind ABSU doch in gewisser Weise legendär, oder zumindest die einzige namhafte Black Metal Band aus dem Land der unbegrenzten Freiheit).
Dennoch haben es am Ende gut 60 Leute in die Halle geschafft, als die ABSU-Landsmänner ZOROASTER die Bühne betreten. Drei Mann stark macht die Truppe eine groovige Michung aus Sludge und Doom, die ein wenig an progressive Six Feed Under mit Sepultura-Einschlag erinnert…was genau daran sie für einen Slot auf dieser Tour prädestiniert, ist mir unklar. Dennoch weiß die Band das Publikum recht schnell (beziehungsweise langsam) zu überzeugen, die langatmigen Songs kommen gut an und der Applaus ist für eine Vorband und die eher geringe Besucherzahl durchaus in Ordnung und auch PANTHEON I, die sich größtenteils in der ersten Reihe versammelt haben, nicken wohlwollend. Mit dem Satz „We’ve got one more“ wird dann nicht nur der letzte Song angekündigt, sondern zugleich mit PANTHON I-Sänger/Gitarrist Kvebek ein Gast-Gitarrist begrüßt – immer wieder nett sowas. Einzig das Stage-Acting gibt Rätsel auf: Sänger Anderson, gleichzeitig Bassist der Truppe, hat sein Gesangsmikro knapp über hüfthoch installieren lassen, so dass es jedes Mal, wenn Vokaleinsatz gefordert ist, einer kleinen Verrenkung ähnlich sieht, was der Herr veranstaltet (der Gesang selbst ist dabei abwechslungsreich von Klar bis gegrowlt, beides durchaus gekonnt) – und auch, dass sich der wohl nicht (nur) vom Bühnennebel leicht benebelte Herr nach einem kompakten 30-Minuten-Set entschließt, den Gig auf dem Boden liegend zu beenden, kann man sich ein leichtes Stirnrunzeln nicht verkneifen, ist die Szenerie doch etwas skurril: Während er noch auf der Bühne gurgelnd entspannt, beginnen die Kollegen bereits, Utensilien von selbiger zu schaffen.
RAZOR OF OCCAM müssen wohl soetwas wie eine „unknown legend“ sein… mir selbst sagte der Name bisher nicht viel, und die Tatsache, dass es sich dabei um eine australische Blackened Thrash Metal-Band handelt, sorgte bei mir nicht unbedingt für gesteigertes Interesse.
Dennoch scheinen einige Leute im Publikum ausschließlich für diese Herren gekommen zu sein, ist der Zuschauerraum doch so gut gefüllt wie an diesem Abend nicht wieder, als die vier Herren die Bühne entern. Nunja, irgendwie ist es ja auch immer wieder schön, zu sehen, dass in den entlegendsten Kontinenten der Welt junge Männer darum bemüht sind, traditionelle Spielarten am Leben zu halten…dennoch kommt es mir bisweilen so vor, als würde die Saitenfraktion hier nach der Maxime „Das Riff is so cool, das müssen wir alle drei spielen“ entscheiden. Und so ist der Spannungsbogen, den die Songs durchlaufen, eher eine Schussfahrt, zumal sich auch die Songs untereinander wenig unterscheiden („Das Riff ist so cool, das müssen wir gleich nochmal spielen“?).
Die Truppe gibt ihr Bestes, die Spielfreude ist den Musikern ins Gesicht geschrieben, und auch das Posing kommt, reichlich Pyramidnietenbestückt, nicht zu kurz. Dem Publikum scheint es zu gefallen, diverse Mähnen werden geschüttelt, und als nach „Heart Of Battle“ vom ersten und zugleich aktuellen Album der Band, sowie einem Coversong der US-Legende Whiplash dann Schluss ist, verabschiedet sich das Publikum durchaus angetan in die Raucher- beziehungsweise Bierhol-Pause.
Mit PANTHEON I, welche die für den Slot ursprünglich geplanten Nachtmystium ersetzen, steht (beziehungsweise, bezogen auf die Cellistin, sitzt) als Nächstes mein persönlicher Headliner des Abends auf der Bühne, wussten sie mich doch spätestens mit ihrem dritten und aktuellen Album „Worlds I Create“ vollends zu überzeugen.
Dass die Herren und die Dame aus Norwegen jedoch keine all zu leichtes Spiel haben werden, lässt schon der durchwachsene Sound der Vorbands erahnen – zumal sich der Zuschauerraum zudem unnachvollziehbarer Weise deutlich geleert, beziehungsweise nach der obligatorischen Raucherwanderung in der Umbaupause nicht wieder zu voller Besetzung gefüllt hat. Und so laboriert der ansonsten sehr engagierte Auftritt der Band um Front-„Riesen“ Andrè Kvebek von vorne herein an drei gravierenden Leiden: Zum einen ist da das träge und nur circa vierzigköpfige Publikum zu nennen, das der Band, die sich sichtlich bemüht, dennoch nur verhalten Sympathie entgegen bringt, zum anderen ist Live Julianne Kostøls Cello, wie der durchwachsene Sound der Vorbands bereits befürchten ließ, nur zu erahnen – wer die Songs von PANTHEON I kennt, der weiß, dass das bedeutet, dass ein Großteil der Melodien nurnoch im Kopf des bewanderten Hörers mitspielt. Schade, und definitiv nicht nötig.
Als drittes wäre da noch die Setlist zu nennen: Ob nun, um sich den ansonsten relativ straighten Bands des Billings anzupassen, oder schlicht aus Bequemlichkeit oder Gründen der Umsetzbarkeit wurde die Setlist sehr true zusammengestellt: Außer in „Bannlyst“ keine Cleanparts, gar keine Klargesänge, statt dessen, durch den gefühlten Totalausfall des Cellos und den noch immer zu lauten (Base) Drum-Sound verstärkt nahezu durchgängig Geknüppel. So bleibt das grandiose „Ascending“ leider genauso außen vor wie der Opener des aktuellen Werkes, „Myself Above All“, welches ansonsten mit vier von sieben Liedern stark vertreten ist. Viel bedauerlicher noch, dass der grandiose Vorgänger mit dem Titeltrack und „Where Angels Burn“ abgefertigt wird…
Dennoch versucht die Band das Beste aus der Situation zu machen, Headbangt sich die Köpfe von den Hälsen und beglückt zu guter Letzt noch zwei Fans durch ins Publikum geworfene Shirts – für den unterhaltsamsten Moment des Konzertes ist allerdings eher ZOROASTER-Sänger Brent Anderson verantwortlich, der Jesusgleich und, so mutmaße ich, breit wie eine Autobahn, bei „Defile The Trinity“ mehrfach über die Bühne strahlt und den Refrain mitsingt. Nach einer guten Dreiviertelstunde ist die Show vorüber – ein trotz aller Widrigkeiten kurzweiliger Black Metal-Auftritt, welcher jedoch die progressiven, musikalisch hoch anspruchsvollen Kompositionen der Truppe leider nur erahnen lässt – angemerkt sei dabei jedoch, dass das Bühnenautfit, beispielsweise Seidemanns versifftes Feinmaschen-Unterhemd, nicht gerade eine große Gedächtnisstütze darstellt, denkt man bei derlei Auftreten doch an Alles, nur nicht an progressive, anspruchsvolle Musik.
Setlist PANTHEON I:
1. Serpent Christ
2. The Last Stand
3. The Wanderer And His Shaow
4. Defile The Trinity
5. Bannlyst
6. Enter The Pantheon
7. Where Angels Burn
Als Letztes sind ABSU an der Reihe, und, auch wenn natürlich einige Die-Hard Fans da sind, lässt die Anzahl der Absu-Shirts (fast keines) eher darauf schließen, dass mehr Leute gekommen sind, um sie eben mal gesehen zu haben – viel anders sehe ich es selbst auch nicht, und bin so auch frei von jeder Ertwartungshaltung – zum Glück. Denn, wenn man ehrlich ist, wäre wohl so ziemlich jede, wie auch immer geartete Erwartung enttäuscht worden:
Beispielsweise die Erwartung, ABSU würden auf die Bühne kommen, und, wie die anderen Bands, überzeugend und mit Engagement ihr Ding durchziehen.
Stattdessen kommen vier Musiker auf die Bühne und spielen Songs. Zwar, das muss man ihnen lassen, jeweils die gleichen und auch sehr synchron (man könnte glauben, die hätten das vorher geübt), aber doch so jeder für sich, dass man sich letzteres eigentlich nur schwer vorstellen kann. Die Bandhierarchie wirkt strenger, als in einer musilimischen Familie: Drummer, Sänger und Bandchef in Personalunion, Proscriptor, zeigt wo es langgeht, mit verbissener Mine, aggressivem Highspeed-Drumming und auf extra böse gekeiften Ansagen zwischen den Songs hat er das Ruder fest in der Hand – dass er zudem über weite Strecken während des Drummings den Gesang übernimmt, ist allerdings ein in der Metalwelt nahezu einzigartiges Phänomen, das man auch mal live gesehen haben muss – ist es doch wirklich beeindruckend, wie der Mann gleichzeitig so extrem schreit und extrem drummt und zwischendrinn auch noch das Luftholen nicht vergisst…
Sein direkter Untergebener ist Ezezu, welcher zudem bei kniffligen Drumpassagen als Stellvertreter in Sachen Gesang fungiert. Der Rest übernimmt die Rolle des Pöbels, welcher, egal wo er steht, fehl am Platze ist und somit stets im Weg umgeht: Bassist Ezezu gehgört das Podest in der hinteren Bühnenmitte (dort, wo sonst das Drumkit steht, wurde für die Cellistin von PANTHEON I eine kleine Plattform installiert, das Drumkit an den rechten Rand der Bühne verbannt), verlässt er allerdings diesen angestammten Platz, hat sich der Rest der Band danach zu richten und gefälligst nicht im Wege zu stehen. Betreten des Podestes allerdings ist unter Strafe verboten, Versuche, von Viz Crom, dem unausweichlich entstehenden Gewurle auf der Bühne so zu entgehen, werden sofort durch Ezezus mahnenden Blick abgestraft. So planlos das Stageacting, so schwach auch die Setlist: Mit „Nunbarshegunu“, „Night Fire Canonization“ und „13 Globes“ entstammen, soweit ich erkennen kann, lediglich drei Songs dem neuen Album „Absu“ (dass diese Auswahl nicht unbedingt die überzeugendste ist, muss wohl nicht extra dazugesagt werden).
Aber auch der Rest der Setlist kann ob der schwachen Performance, wenig überzeugen: Sogar das Stück mit dem Manowartitel, „Swords And Leather“ und das durchaus mächtige „The Coming Of War“ kommen nur halbgar und lieblos an und entfachen auch beim mittlerweile stark geschrumpften Publikum nur wenig Begeisterung – womit dieses allerdings nicht alleine ist, denn ausser Proscriptor lässt auch keiner der Musiker ein Zeichen von Anteilnahme am Geschehen erkennen. Zwar sägen die beiden Gitarristen verbissen vor sich hin, so richtig überzeugen will ihre Hingabe dennoch nicht. Lediglich „Never Blow Out The Eastern Candle“ kann als der Klassiker, der er nunmal ist, eigentlich garnicht ganz danebengehen und stellt dementsprechend einen der raren Höhepunkte im ansonsten monotonen Verlauf der Show dar.
Dass die Performance nach der „Aufgescheuchter Hühnerhaufen“-Taktik nicht ankommt, scheint irgendwann auch Gitarrist Aethyris MacKay zu merken, worauf er schließlich vollkommen ohne Vorankündigung von der Bühne ins Publikum springt und während des spielens ein wenig im Zuschauerraum herummosht. Dass diese Idee beim eh schon eher mäßig begeistert dreinblickenden und generell Moshpitfaulen Münchner Publikum nicht sonderlich gut ankommt, war abzusehen, scheint nach einiger Zeit auch MacKay zu dämmern, der daraufhin wieder auf die Bühne zurückspringt. Wenig später ist der Gig nach einer knappen Stunde vorüber, ohne ein Wort oder Zeichen verlassen die Musiker die Bühne, das Outro erschallt und das Publikum strömt, wohl auch etwas erleichtert, dass die Zugabe in beidseitigem Einvernehmen heute ausgelassen wurde, aus der Halle…
Alles in Allem zwar vielleicht nicht das Konzert des Jahres, konnten dennoch alle Bands des vielseitigen Billings, wenn auch, bezogen auf ABSU nur unter großen Vorbehalten, überzeugen. Für das Eintrittsgeld von fünfzehn Euro auf jeden Fall ein netter Zeitvertreib, auch wenn man sich bei Bierpreisen von 3,20€ die Flasche doch genauer überlegt, ob man sein Geld nicht vielleicht lieber in das preislich deutlich fanfreundlicher gestaltete Merchandise (Beispiel PANTHEON I: Tourshirts sowie alle CDs je 10€) investiert.