Konzertbericht: Fiddler’s Green w/ Feuerschwanz

30.03.2006 München, Backstage

Im Februar traf die Anhänger von FIDDLER’s GREEN die Nachricht noch wie ein Stich ins Herz: Peter Pathos, eines der Gründungsmitglieder der Band, wird die Kombo Mitte dieses Jahres verlassen, um musikalisch düsterere Pfade zu beschreiten. Vor diesem Hintergrund erstrahlt die aktuelle Tour der Fiddlers natürlich unter einem besonderen Licht. Wie würden die 6 auf der Bühne und vor allem die Fans reagieren? Wahrscheinlich bin ich nicht der einzige, der sich diese Frage vor dem Backstage in München gestellt hat.

Pünktlich um 21 Uhr begannen FEUERSCHWANZ ihr Programm als Support und hatten die überraschend zahlreichen Zuschauer im beinahe ausverkauften Backstage spätestens nach ihrem 3. Song geschlossen hinter sich. Das Nebenprojekt von einigen Mitgliedern von FIDDLER’s GREEN und Merlons Lichter entwickelte sich live Stück für Stück zu einer ungemein frischen, unverbrauchten Mischung aus guter Musik und teils derber Comedy. Auf ihrer aktuellen CD „Prima Nocte“ wirkt der Gesang ab und an amateurhaft, live gab es jedoch nichts zu beanstanden. Besonders Sir Richard Hodenherz an seiner Minneflöte hinterließ bei mir einen bleibenden Eindruck. Die Truppe beschränkte sich auf Stücke aus ihrem aktuellen Album, das sowohl klassische mittelalterliche Stücke wie den „Bärentanz“ sowieso Eigenkompositionen wie das gleichnamige Lied zur Band „Feuerschwanz“ umfasst. In Bezug auf Interaktion mit dem Publikum merkt man den Jungs eindeutig ihre vorhandene Erfahrung an und so vergingen die 45 Minuten wahnsinnig schnell. Mein persönliches Highlight war die Schandmaulcoverversion von „Herren der Winde“, wo der Saal zum ersten Mal zu platzen drohte, und Eisi, der Mann mit der eisernen Maske. Wenn die Band in Zukunft noch ihre CDs in weniger als 2,5 Monaten verschickt und sich regelmäßiger blicken lässt, dann könnten sie noch einige weitere Fans gewinnen.

FIDDLER’s GREEN legten nach der Umbaupause furios mit „Tarry Trousers“ los und sofort entwickelte sich das Backstage zu einer Art riesigem Moshpit, was ich in dieser Form noch auf keinem Fiddlerskonzert erlebt habe. Selbst die Jungs auf der Bühne wirkten auf Grund der anwesenden Menge und der Stimmung etwas überrascht. Zu meiner persönlichen Überraschung gab es während des ganzen Teils des Konzertes, den ich gesehen habe, keine Sprechchöre an Peter oder vergleichbares. Würde es nicht auf der Homepage stehen, könnte man meinen, es sei nichts passiert – vielleicht auch besser so, denn einen Ersatz zu finden ist fast unmöglich und so kann jeder die letzten Auftritte in der über 10-jährigen Bandgeschichte mit Peter Pathos noch (fast) ohne Wehmut genießen. Vereinzelt liest man immer noch mehr oder weniger über die vermeintliche Eintönigkeit von Irish Independent Speedfolk in diversen Magazinen, da die Instrumente und die Musikrichtung die Möglichkeiten angeblich zu eng beschneiden. Dies kann ich wieder einmal absolut nicht bestätigen: Die Musik und die Bühnenshow holen wirklich alles heraus, was diese Form von Musik zu bieten hat – mal schneller, mal langsamer, mal punkiger, mal im Walzertakt. Das Spektrum der Fiddlers ist breit gefächert und mit all ihrer Routine von über 1000 Konzerten gelingt es ihnen auch, den Zuschauern immer wieder etwas Neues zu bieten, wie an diesem Abend z.B. Peter Pathos an der Flöte und eine wieder einmal sehr abwechslungsreiche Setlist.
Zu allem Überfluss entwickelte sich der Abend noch zu einem sehr denkwürdigen Tag für Sänger Ralf „Albi“ Albers, der in der Mitte des Konzerts plötzlich zusammenbrach, da er sich beim Tanzen das Knie sehr übel verdreht hatte. Sofort kam es zu einer Unterbrechung und die Stimmung kippte kurzzeitig von 100 auf 0, bis Albi sich nach einer Behandlungspause zurück auf die Bühne schleppte und den Rest des Konzerts eben im Sitzen sang. Die Fans quittierten dies mit lautem Szenenapplaus. Selbst um ein wenig Galgenhumor waren die Fiddlers nicht verlegen und improvisierten auf sehr witzige Art und Weise, wobei man Ralf seine Schmerzen ansehen konnte und sein verletztes Knie im Laufe der Zeit deutlich an Umfang gewann. Außerdem schien es ihn richtig anzukotzen, dass er nicht seinen üblichen Tanzschritten nachgehen konnte. Doch dafür hauten seine Bandkollegen umso mehr auf den Putz und sofort danach war wieder Party angesagt, während man anderswo den Abend wohl vorzeitig beendet hätte. Zum jetzigen Stand der Dinge darf allerdings angezweifelt werden, dass die Tour mit Albi heute Abend in Glauchau fortgesetzt werden kann. Dies ist natürlich sehr schade für die übrigens Fiddlersfans, die nun eventuell um eine weitere grandiose Show der Erlangener gebracht. Es gehört schon sehr viel dazu, eine Menge Routine und so viel Spaß bei der Sache nach all den Jahren noch überzeugend zu verkaufen, so dass man nie den Eindruck gewinnt, hier würden 6 Musiker nur ihr bekanntes Programm durchziehen, was sie schon 1000 Mal gemacht haben.

Setlist (ohne Anspruch auf Richtigkeit, da ich nicht bis zum Ende bleiben konnte):
01. Tarry Trousers
02. Bonnie Ship the Diamond
03. The Creel
04. Shut up and Dance
05. Johnson Boys/Cotton-Eye Joe
06. Likey
07. Days of Yore
08. Matty Groves
09. Djembensolo
10. If I Should Fall From Grace
11. As I Roved Out
12. Jacobites
13. The Night Pat Murphy Died
14. Queen Of Argyll
15. Rose Of Ballymore
16. Marie’s Wedding
17. Midnight Rambler
18. Picard Jigs
19. Celebrate
20. Whack Me

Zugaben:
21. I Won’t Follow You Up To Carlow
22. Rocky Road To Dublin
23. Don’t Turn Away
24. Don’t Come Again
25. Gallant Murray

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