Konzertbericht: Saga w/ Alias Eye

2004-11-13 Stadthalle, Bünde

Am 13. November 2004 sollte es soweit sein: Ich durfte in meinem recht kurzen Progrock-Leben meine Lieblingsband SAGA zum achten Mal live erleben. Neben der persönlichen Erwartungshaltung an die Band, die man an nach so vielen Konzerten mittlerweile mitbringt, versprach auch der Werbeflyer so einiges: Da war unter anderem vom „Konzert Highlight des Jahres“ oder „ideenreich orchestriertem epischen Rock“ (Toronto Star) die Rede. Ein Zitat des „Metal Hammers“ war auch aufgedrückt: „…Eddie van Halen und Steve Vai dürften vor Neid erblassen, denn hier kommt der wahre Meister“. Gemeint ist natürlich Gitarrist Ian Crichton, der seit über 25 Jahren für erstklassische Gitarrenlicks und Stakkatoriffs genauso steht, wie für technisch höchst anspruchsvolle und superschnelle Soli. Aber gut, dass muss mir keiner sagen, ich bin mir dessen ja bewusst und gerade deshalb auch gekommen. Hinzu kommt natürlich, dass die Online-Vorverkaufstellen das Konzert aus „ausverkauft“ ausgewiesen hatten.

Eine halbe Stunde vor Einlass war vor den Eingangstüren zur Bündener Stadthalle jedoch noch eine sehr übersichtliche Gruppe von Leuten. Nach Einlass füllte sich die Halle, die über ein schönes Ambiente verfügte und für SAGA-Verhältnisse reichlich groß war (Platz für ca. 1700 Leute) aber dann doch nach und nach – schätzungsweise waren so circa 1000 Besucher anwesend. Von Ausverkauf kann also keine Rede sein, aber es war angemessen gefüllt, schließlich spielen SAGA die meisten Konzerte der diesjährigen Tour in eher kleineren Hallen als dem heutigen Veranstaltungsort.

Die Rolle des Support Acts übernahmen an diesem Abend die Mannheimer Alias Eye, die in der deutschen Progressive Rock Szene durchaus kein kleiner Name mehr sind. Sie bestreiten mit Saga den gesamten deutschen Teil der gut einmonatigen Europatournee und hatten somit das erste Mal die Gelegenheit, ihre Musik einem breiteren Spektrum von Zuhörern vorzustellen. Dies gelang ihnen dann auch durchaus überzeugend: Sänger Phil Griffith glänzte mit seiner Stimme genau wie auf den Studioalben, was ich so nicht unbedingt erwartet hätte, auch Gitarrist Matthias Richter ließ einige tolle, emotionale Soli vom Stapel, die live sehr gut rüberkamen. Im Allgemeinen hatte man die Gitarre gegenüber den Studioaufnahmen etwas heavier ausgerichtet, was der Musik hörbar gut tat. Neben dem epischen „The Great Open“, einem Highlight von ihrem aktuellen Album „A Different Point Of You“, spielten sie mit „Premortal Dance“ auch meinen persönlichen Lieblingssong der Truppe, der von ihrem Debüt „Field Of Names“ stammt. Nach sechs Stücken räumte man allerdings schon wieder die Bühne und die Umbauarbeiten für den Hauptact begannen.

Nach äußerst stimmungsvoller Pausenmucke von Pink Floyd & Marillion sollte es dann endlich losgehen. Störgeräusche von nicht richtig eingestellten Fernsehsendern, Nachrichtenschnipsel und Ausschnitte aus alten Songs bildeten den Rahmen des Intros – das passte zwar in Bezug zu ihrem aktuellen Albums „Network“, welches sich mit dem Einfluss der Medien auf die Gesellschaft auseinandersetzt, wie die Faust aufs Auge, allerdings machte es als Einleitung im Vergleich zu früheren Konzerten nicht allzu viel her. Kaum schien der Sender richtig eingestellt zu sein, ertönten bereits die ersten Töne von „On The Air“ und die Band enterte die Bühne. Mit diesem Song hatte man sicher den richtigen Opener ausgewählt, gehört er doch zu den besten auf „Network“. Etwas gemildert wurde der gelungene Auftakt allerdings durch leichte Soundprobleme; Ian Crichtons Gitarre war anfangs nur sehr spärlich zu vernehmen. Bis zum nächsten Song war dieses Problem jedoch bereits beseitig, schließlich präsentierte man mit „Keep It Reel“ einen neuen, fast progmetalischen Song, der nach entsprechender Gitarre verlangte. Das Publikum schien indessen, wie fast immer, mit dem neueren Material nicht so vertraut zu sein, es nahm erst die beiden folgenden Songs „Careful Where You Step“ und „The One“ zum Anlass aufzuwachen, mitzufeiern und mitzugrölen. Die Band war in der Zwischenzeit auch warmgespielt, so dass einfach alles zusammenpasste – immer noch sind Michael Sadlers Vocals live überzeugend, Keyboarder Jim Gilmour hat sich und seine acht Keyboards auch wieder gefangen, nachdem er auf der letzten Tour seltsam unbeteiligt und unkonzentriert erschien; über Ian Crichton muss man wohl kein Wort mehr verlieren – gewohnt faszinierend. Die aktuelle Tour ist übrigens, von den vier Konzerten der „Weihnachtstour“ im letzten Jahr mal abgesehen, das offizielle Tourdebüt vom neuen Drummer Christian Simpson, der seine Sache durchaus zufriedenstellend machte. Er bietet Saga ein knüppeltrockenes, groovendes Grundfundament, ohne allerdings die Feinheiten eines Steve Negus nachahmen zu können. Seine Aufgabe besteht darin, das Schlagzeug zu bedienen, von emotionaler Verbundenheit zu der Musik von Saga kann nicht groß die Rede sein. Etwas schade fand ich, dass er noch nicht einmal dem Publikum vorgestellt wurde. Im Allgemeinen waren Michael Sadler & Co. an diesem Abend nicht allzu kommunikativ, überzeugten aber stattdessen mit (wie immer) musikalischer Brillanz und Perfektion und einer Hammer-Setlist. Neben fünf Songs vom neuen Album, darunter auch die wunderschöne Ballade „Believe“ und der epische Rocker „Don’t Make A Sound“, der unter den TOP20-Songs der Diskografie anzusiedeln ist und eindeutig mein Highlight an diesem Abend war, spielten sie ihr komplettes Album „World’s Apart“, das Anfang der 80er nicht nur in künstlerischer, sondern auch kommerzieller Hinsicht die Sperrspitze der Bandgeschichte markierte. Neben darauf enthaltenen Dauerbrenner wie „On The Loose“ oder „Wind Him Up“ bekam man so auch selten bis gar nicht live gehörte Titel wie „Amnesia“ oder „No Stranger“ zu hören. Natürlich durften weitere Klassiker wie „You’re Not Alone“, „Don’t Be Late“ nicht fehlen. Alles war umrahmt von einer sehr effektiven Lightshow: Einer Mischung aus etlichen beweglichen Lasern und festinstallierten Strahlern, die um ein paar schöne Hintergrundprojektionen auf den aufgehängten Vorhang ergänzt wurden. Nach nicht weniger als 20 Songs verließen die Jungs dann die Bühne, um wenig später mit den beiden Zugaben „The Flyer“ und „Humble Stance“ wiederzukommen und dem Konzert ein gelungenes Ende zu bereiten. Wer kennt hier nicht die letzten Töne von „Humble Stance“?

Erschrocken feststellen musste ich jedoch, dass viele der anwesenden Leute keine „wirklichen Fans“ waren. Es ist oftmals so, dass Leute erfahren, dass es ihre alte Lieblingsband noch gibt und dann mal wieder ins Konzert gehen, um ein Bier zu trinken und in Erinnerungen zu schwelgen. Viele sind nicht informiert über ein neues Album, einen neuen Drummer und Ähnliches, was ich etwas schade finde. Sicherlich ist die Band und ihr nicht immer gelungenes Management daran auch nicht unschuldig, dennoch finde ich es schade, dass SAGA mehr und mehr zur Partyband mutiert und nur noch wenige Leute sich wirklich mit der Musik verbunden fühlen und ihre Heroes sehen wollen. Aber auch in Bünde gab es Ausnahmen! Wenn ihr eine wirklich erstklassige Liveband erleben wollt und progressiv angehauchter Rockmusik nicht abgeneigt seid, geht unbedingt noch auf ein Konzert der laufenden Tour!

Setlist Alias Eye:
A Clown’s Tale
Hybrid
The Great Open
The Readiness Is All
On The Fringe
Premortal Dance

Setlist Saga:
On The Air
Keep It Real
Careful Where You Step
The One
Runaway

On The Loose
Wind Him Up
Amnesia
Framed
Time’s Up
The Interview
No Regrets
Conversations
No Stranger

Keyboards Solo + Scratching The Surface
If I Were You
Believe
Don’t Make A Sound
You’re Not Alone
Don’t Be Late

The Flyer
Humble Stance

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