Interview mit Lori Peri von The Safety Fire

Die britischen Progressive-Newcomer THE SAFETY FIRE haben mit ihrem mehr als gelungenen Debütalbum „Grind The Ocean“ nicht nur bei uns in der Redaktion hohe Wellen geschlagen. Wie die Arbeit an der ersten Platte vonstattenging, warum die Londoner trotz ihres jungen Alters eigentlich schon alte Hasen sind und was sie von der Djent-Bewegung halten, erzählt uns Bassist Lori Peri ausführlich im Metal1-Interview.

Hi Lori! Danke erst mal, dass du dir Zeit für das Interview genommen hast! Da ihr zumindest hierzulande immer noch ein Insider-Tipp seid, kennt euch ein großer Teil unserer Leser wahrscheinlich noch nicht. Könntest du dich und THE SAFETY FIRE kurz vorstellen? Wie würdest du jemandem eure Musik beschreiben, der euch noch nie gehört hat?
Hi! Wir sind eine fünfköpfige Progressive-Metal-Band aus London. Wir sind alle zusammen aufgewachsen, haben im Prinzip unsere Instrumente gemeinsam von Grund auf erlernt und sind jetzt irgendwie bei THE SAFETY FIRE gelandet! Wir lassen uns von einer ganzen Reihe von Genres inspirieren, das fängt bei den offensichtlichen Metal-Genres an und hört bei Pop und Jazz auf.

Gratulation zu eurem neuen Album, hat mich ziemlich beeindruckt. „Grind The Ocean“ ist gerade veröffentlicht worden – ist es eine stressige Zeit für euch im Hinblick auf die Promo-Arbeit? Wie war denn bisher so das Feedback von Presse und Fans? Entspricht es euren Erwartungen?
Ich würde nicht sagen, dass es stressig ist, es ist aufregender als alles andere. Wir mussten bisher eine Menge Interviews geben, was eine tolle Sache ist, denn immerhin wollen wir, dass uns so viele Leute wie möglich kennenlernen. Die Reaktionen der Presse auf das Album waren äußerst vielversprechend und wir können es gar nicht erwarten, dass all unsere Fans sich endlich das Album anhören können.

Das erste Album ist ja immer etwas Besonderes. Was war denn euer wichtigstes Ziel, als ihr die Arbeit an „Grind The Ocean“ begonnen habt?
Ich denke, unser Ziel mit „Grind The Ocean“ war, ein Stück Musik zu erschaffen, auf das wir in allen Bereichen völlig stolz sein konnten. Von den individuellen Liedern bis zur Produktion sind wir alles so lange durchgegangen, bis wir fanden, dass es perfekt ist. Ich denke, dieses Album gibt auch eine Einsicht darüber, in welche Richtung wir mit neuem Material gehen werden. Einige der Tracks auf dem Album wurden zur gleichen Zeit geschrieben und haben eine bestimmte Atmosphäre. Der Gedanke, das zweite Album aufzunehmen, begeistert mich jetzt schon, weißt du?

Wo du gerade neues Material ansprichst: Schreibt ihr die Songs und die Texte gemeinsam oder sind nur bestimmte Bandmitglieder dafür verantwortlich? Wie funktioniert denn der Schaffensprozess bei THE SAFETY FIRE?
Dez (Derya Nagle, Gitarrist – Anm. d. Red.) ist der Hauptsongwriter. Er kommt oft schon mit einen kompletten Song an, von dem er eine Demoversion aufgenommen hat, die wir uns dann alle anhören können. Wir besprechen dann das Stück und Dez arbeitet danach an dem Track weiter, wobei er beim Schreiben unsere Meinungen berücksichtigt. Anschließend lernen wir den Song und nehmen ihn mit in den Proberaum, wo wir ihn spielen. Dabei versuchen wir, ein Gefühl für den Track zu kriegen, und nehmen noch weitere Änderungen vor, wenn es nötig ist. Sean (McWeeney, Sänger – Anm. d. Red.) und Dez neigen dazu, die Gesangslinien und Harmonien im Studio zu schreiben, da sie dadurch die fantastische Möglichkeit haben, zu experimentieren und das zu bekommen, was benötigt wird.

Wie war denn die Arbeit im Studio? Ich schätze mal, das war bisher euer längster Studioaufenthalt. Ist denn alles glatt gelaufen oder gab es auch mal Probleme?
Die Instrumentalaufnahmen waren recht schmerzlos, ich glaube, wir hatten so ziemlich alle Instrumente in etwa einem Monat aufgenommen. Sean brauchte ähnlich lange für den Klargesang, aber leider hatte er ein Problem mit seinen Screams. Es war fast wie eine Schreibblockade, bloß halt beim Singen… es war psychologisch, er bekam die Screams einfach nicht in der Qualität hin, in der er sie wollte. Deshalb legten wir eine Pause ein und spielten ein paar Shows, und eines Tages sagte Sean einfach: „Jungs, ich glaube, ich schaffe das.“ Rückblickend kann ich sagen, dass ich echt froh bin, dass es so lief, denn die Screams, die er dann abgelieferte, waren noch besser als die, die er zuvor hervorgebracht hatte. Alles in allem hat die Pause also nur zu einem besseren Album beigetragen!

In eurer Label-Info steht, dass ihr euch dazu entschieden habt, das Album von Dez produzieren zu lassen – wie kommt’s?
Dez war schon, als wir 16 waren, für so ziemlich alle unserer Aufnahmen als Produzent tätig, deshalb war es für uns einfach selbstverständlich, das so weiterzuführen. Finanziell konnten wir uns dadurch mehr Zeit im Studio erlauben, was natürlich gut ist, und grundsätzlich ist Dez einfach ein klasse Produzent und wir können uns glücklich schätzen, jemanden mit seinen Fähigkeiten in der Band zu haben. Außerdem ermöglichte es uns eine genauere Kontrolle über den Mix des Albums, was toll war.

Lass uns auch mal ein paar Worte zu eurem Label verlieren. Wie seid ihr bei InsideOut Music gelandet und wie lief die Zusammenarbeit bisher?
InsideOut Music war eins von mehreren Labels, darunter einige Major-Metal-Labels, mit denen wir gesprochen hatten, nachdem wir das Album fertiggestellt hatten. Es erschien uns sinnvoll, mit einem Label zusammenzuarbeiten, dass eine ähnliche Mentalität wie die unsere pflegt, progressive Musik wirklich respektiert und eine so tiefgehende Geschichte innerhalb des Genres hat. Die bisherige Zusammenarbeit war fantastisch. Es ist großartig, wie sehr sie unsere Meinungen respektieren, und das Team arbeitet wirklich hart, damit wir unsere Ziele erreichen können.

Reden wir mal näher über das Album. Mir scheint, dass im Albumtitel und Artwork auch ein Stück Kritik an der Ausnutzung der Natur durch den Menschen steckt. War das eure Absicht oder fandet ihr einfach nur Titel und Illustration cool? Kannst du uns ein bisschen was zum Konzept und der Botschaft von „Grind The Ocean“ erzählen?
Es gibt keine direkte Kritik an der Ausnutzung der Natur durch den Menschen, auch wenn Titel und Artwork das vielleicht andeuten. Textlich beschäftigen wir uns aber mit der Manipulation und Ausnutzung der Menschen und der Gesellschaft durch die Machthaber, sowohl auf subtile als auch nicht so subtile Art – da gibt es wohl einen Zusammenhang, nehme ich an. Es gibt eine Menge Gegensätze im Album, die den Hörern ermöglichen, ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. Das hast du hier ja auch gemacht, das ist fantastisch und zeigt deutlich, dass wir unser Ziel erreicht haben!
Wer zeichnet denn für das Artwork verantwortlich?
Kim Taylor ist der fantastische Künstler, der unser Artwork entworfen hat. Schaut euch gerne mal seine anderen Werke an.

Gehen wir mal noch weiter ins Detail. Was hat euch dazu getrieben, einen Song wie „Circassian Beauties“, also ein weibliches Schönheitsideal im Nordkaukasus, zu schreiben? Das ist ja nun ein sehr spezielles und auch irgendwie obskures Thema.
In dem Song geht’s nicht direkt um tscherkessische Schönheiten, aber es knüpft an den Songtext an. Das Lied handelt von der Isolation, die von unseren eigenen Kulturen und Ideologien der modernen westlichen Welt verursacht wird. Nimm dir aus dem Text, was du willst, und interpretiere es, wie es für dich passt – ich kann eindeutig eine Verknüpfung erkennen zwischen dem textlichen Inhalt und dem, was eine tscherkessische Schönheit war.

Und welche Bedeutung steckt hinter dem geheimnisvollen Titel „DMP (FDP)“?
„DMP (FDP)“? Das bedeutet uns sehr viel. Was glaubst denn, was es bedeutet? #FDP

Nun, bisher hatte ich noch nicht die Möglichkeit, die Songtexte zu lesen. Ganz allgemein, sind die Texte für euch wichtig oder konzentriert ihr euch eher auf den Klang von Worten als auf deren Bedeutung?
Generell hört sich Sean das Lied an, bevor er den Text dazu schreibt, aber an dem Punkt konzentriert er sich mehr auf die Bedeutung und den Inhalt der Texte in Verbindung mit der Atmosphäre der Musik. Sprache ist ja naturgemäß ohnehin schon onomatopoetisch, daher richtet Sean sein Augenmerk am meisten darauf, wie die Texte ein Bild erzeugen. Es geht auch darum, wie man ein Wort singt, deshalb kann Gesang so mächtig sein. Man hat den Text, die Note, die Stimmung, in der er gesungen wird, und ob er isoliert oder in einer Harmonie gesungen wird.

Ihr habt ja zu dem Song „Huge Hammers“ auch ein Video veröffentlicht. Wieso habt ihr diesen Song für den ersten Videoclip ausgewählt und wie war es denn so für euch, ein Video zu drehen?
„Huge Hammers“ hat von Beginn an solch eine Wirkung, er schien schon immer der richtige Song zu sein, um ihn als eine Art „Vorschau“ auf das Album mit Videoclip zu veröffentlichen. An dem Video haben wir mit Jazz Goddard gearbeitet, der ein fantastischer Nachwuchsregisseur ist. Zu unserem Glück ist er auch ein langjähriger Freund, von daher hat es sehr viel Spaß gemacht und die Ergebnisse, die er abgeliefert hat, sind einfach fantastisch.

„Grind The Ocean“ klingt sehr reif und professionell, besonders für ein Debütalbum. Ich nehme an, einer der Gründe dafür ist, dass ihr alle zusammen aufgewachsen seid und als Band schon ein paar Jahre auf dem Buckel habt, also mit Routine und Erfahrung bei der Sache seid. Kannst du uns etwas über eure frühen Tage verraten, eure Einflüsse und Inspirationsquellen?
Nun, Calvin (Smith, Schlagzeuger – Anm. d. Red.) kenne ich schon seit unserem fünften Lebensjahr und Dez, mit dem ich ursprünglich die Band gründete, habe ich getroffen, als wir 14 waren. Nachdem wir Jo (Joaquin Ardiles, Gitarrist – Anm. d. Red.), Calvin und Sean etwa im gleichen Zeitraum recht schnell reingezogen hatten, spielen wir jetzt schon seit fast zehn Jahren zusammen Musik. Wir fingen an, indem wir Cover spielten… schlecht. Cover von Bands wie Tool, System of a Down und Deftones, die wiederum unsere frühen Songs beeinflussten. Im Laufe der Zeit erweiterten wie unsere musikalischen Inspirationen, sodass wir uns heute von offensichtlichen Künstlern wie Sikth, Between the Buried and Me, Cynic und Karnivool, aber auch weniger offensichtlichen wie Kaki King, Prince und Jaga Jazzist beeinflussen lassen.

Ein Begriff, der in Verbindung mit eurer Band immer wieder auftaucht, ist Djent. Auch wenn ich nicht gerade ein Djent-Experte bin, würde ich euch nicht als typischen Vertreter bezeichnen. Was hältst du von der Djent-Szene? Denkst du, sie wird sich als unabhängiges Subgenre etablieren, und würdest du THE SAFETY FIRE als Djent-Band bezeichnen?
Ich stimme dir zu, dass wir nicht wirklich Djent-Musik spielen, da wir uns nicht an das halten, was als deren grundsätzlicher Stil angesehen wird. Wir sehen uns einfach als Progressive-Metal-Band. Ich denke, Djent ist mehr eine Bewegung als ein Subgenre. Inspiriert von Leuten wie Misha Mansoor und Acle Kahaney sind überall diese Bedroom Producer aufgetaucht und es ist wirklich großartig, so viele Menschen Musik machen zu sehen. Es scheint sich jetzt in ein voll entfaltetes Genre entwickelt zu haben, das mit einigen tolle Bands aufwartet. Wenn die Leute uns Djent nennen wollen, in Ordnung, wir persönlich nennen uns halt nicht so, aber wenn es den Leuten hilft, unsere Musik zu entdecken, dann haben wir kein Problem damit.

Was glaubst du denn, warum diese progressive, virtuose Spielart des Metals, wie auch ihr sie spielt, in den vergangenen Jahren wieder so beliebt geworden ist? Vielleicht, weil hochbegabte Musiker in der großen Masse der talentlosen Eintagsfliegen in der heutigen Szene wieder als etwas Besonderes angesehen werden? Was findest du an diesem Sound so faszinierend?
Wow, schwierige Frage! Ich denke, es liegt an Pionieren wie Sikth und Meshuggah, die den Weg für moderne technische und progressive Metal-Bands heute geebnet haben. Was diese Bands hervorhebt, ist die Tatsache, dass sie technische Musik und dabei trotzdem noch großartige Songs geschrieben haben, anstatt einfach nur technisch zu sein. Ich schätze, Bands wie diese haben es „cool“ gemacht, dein Instrument gut zu beherrschen? Um ehrlich zu sein, gibt es wahrscheinlich eine Million Faktoren und das ist nur ein kleiner Teil davon. Was auch immer es war, es bereitet sehr viel Vergnügen, progressive, technische Musik zu spielen.

Kommen wir mal noch auf eure Live-Aktivitäten zu sprechen. Ihr habt ja schon auf dem angesehenen Sonisphere-Festival gespielt. Was ziehst du vor: Kleine Clubbühne oder große Festivalbühne?
Ich denke, dass kann man nicht vergleichen. Den Rausch, den du bekommst, wenn du auf einem Festival neben einigen deiner Lieblingsbands spielt, ist so ein wahnsinniger Kick, dass er dich wirklich voranbringt, wenn du siehst, wie sehr diese Bands geliebt werden, und du sagst zu dir selbst: „Das ist es, was ich in fünf Jahren tun will.“ Wenn du dagegen in einem Club spielst und das gesamte Publikum für dich total ausflippt, und du nach der Show dann mit den Fans sprichst, gibt es auch nicht viel, was dieses Gefühl überbieten kann.

Mit welchen Bands würdest du denn gerne mal touren?
Welttournee mit Between the Buried and Me, Karnivool, Circa Survive und Mastodon. Ich denke, wir wären da die Opener, ich kann mir nicht vorstellen, nach irgendeiner dieser Bands auf die Bühne zu gehen. Alle vier sind fantastisch live.

Wie sehen denn eure Pläne für 2012 aus? Wird es eine Tour geben? Können wir uns schon drauf freuen, euch hier in Deutschland zu sehen?
Wir starten jetzt im März erst mal in Großbritannien mit dem James Cleaver Quintet, danach geht es für vier Wochen rüber in die USA, wo wir mit Protest the Hero, Periphery, Jeff Loomis und Today I Caught the Plague spielen werden. Wir sind total aufgedreht, weil wir jetzt auf Tour gehen und das Album vorstellen werden. Vor Jahresende werden wir definitiv noch nach Deutschland kommen. Wir fanden es letztes Mal schon klasse, von daher können wir es kaum erwarten, zurückzukommen.

Was können wir von einer THE SAFETY FIRE-Show erwarten?
Eine Menge Haare, Highkicks und Bassgrimassen.

In Ordnung, wir sind fast durch! An dieser Stelle vielen Dank für deine Antworten, Lori! Den Abschluss macht unser traditionelles Metal1.info-Brainstorming – ich nenne dir ein paar Begriffe und du sagst uns, was dir zuerst dazu einfällt!
Facebook: Ermüdend…
Fish ‘n‘ Chips: Das Essen der Götter…
Vocoder: Foo Fighters – Generator
Germany: Bratwurst und Kebab! Wir lieben die deutsche Gastfreundschaft!
Gesichtsbehaarung: Ich wünschte, da würde mehr wachsen.
Metal1.info: Biggidybadboy-Interviewer aus Deutschland!

Nochmals danke für deine Zeit und alles Gute für die Zukunft! Wenn du noch was loswerden willst, das letzte Wort gehört dir:
Bitte nehmt euch die Zeit, unser Debütalbum „Grind The Ocean“ anzuchecken und schaut mal auf thesafetyfire.com vorbei!

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