„Was hast du denn erwartet, bei fünf Frauen in der Band“ – Schlagzeuger Till, als Hahn im Korb der einzige Mann der Melodic Metaller(innen) ARVEN verrät es uns und lässt sich nebenbei auch über Metalhochburgen und partytaugliche Texte aus.
Hy!! Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Euer Debütalbum „Music Of Light“ ist seit einiger Zeit auf dem Markt. Habt Ihr diesbezüglich noch viel zu tun?
Servus, ja momentan kommen wir kaum nach, die vielen Interviewanfragen zu beantworten. Da wir ja alle auch arbeiten oder studieren muss man halt gucken, wie man das zeitlich einschiebt, aber wir machen das natürlich gerne! Wir freuen uns auf jeden Fall über das rege Interesse!
Ich habe sicher die eine oder andere etwas kritische Frage im Gepäck, ich hoffe, das stört nicht. Fangen wir gleich mal mit dem Bandnamen an; ARVEN ist in Der Herr der Ringe eine prinzipiell ziemlich unwichtige Rolle, die im Film unnötig aufgebauscht wird. Habt Ihr Euch dort inspirieren lassen oder eher an der ursprünglichen Bedeutung (ARVEN = Edelfrau)?
Der Bandname stand schon fest als ich in die Band kam, von daher bin ich da eigentlich nicht der optimale Ansprechpartner. Aber du hast recht, der Name ist auf jeden Fall von der Herr der Ringe-Elbin inspiriert. Sie gibt ihre Unsterblichkeit auf, um mit einem sterblichen Mann zu leben. Das sind natürlich große Gefühle, was wiederum gut zu einer von Frauen dominierten Band mit symphonischem Sound passt. Bei uns spielen natürlich auch große Gefühle eine starke Rolle in den Texten. Ob das jetzt im Film aufgebauscht wurde, ist für uns da erst mal egal, weil wir ja nicht direkt die Geschichten aus dem Herrn der Ringe vertonen.
Das zweite, was an Eurem Debüt auffällt, ist das durchaus ziemlich kitschige Coverartwork. Wie passt das in die Metalszene und was wollt Ihr damit zum Ausdruck bringen?
Hehe, was hast du denn erwartet, bei 5 Frauen in der Band ;-)? Klar ist das Artwork kitschig aber manchmal muss man auch einfach mal den Mut zum Cliche haben. Ich bin eigentlich auch kein Fan von Bandfotos auf dem Cover, aber wenn es bei irgendeiner Band Sinn macht, dann definitiv bei Arven ;-). Jan Yrlund hat das auf jeden Fall professionell gemacht und den meisten Leuten gefällt’s auch. Es wird deutlich, dass die Platte einiges an Feuer zu bieten hat! Im Übrigen machen wir zwar schon irgendwie Metal oder Rock, aber wir haben auch viele positive Reaktionen von Leuten bekommen, die normalerweise gar nicht unbedingt in dieser Richtung zu Hause sind. Wir haben uns auch keine Gedanken darüber gemacht, ob unsere Musik oder das Artwork in eine bestimmte Szene passt oder nicht.
Andererseits muss ich aber schon sagen, dass Ihr musikalisch einiges auf dem Kasten habt. Kannst Du ein paar Einblicke in Euren Werdegang geben und aufzeigen, wie viel Arbeit dahinter steckt?
Mit Ines (Gitarre) und Lena (Keys/Piano) haben wir zwei studierte klassische Musikerinnen in der Band. Auch unsere Sängerin Carina hat eine klassische Gesangsausbildung. Unsere Gitarristin Anastasia, Bassistin Lisa und ich haben auch vor Arven schon in diversen Metalbands Erfahrung gesammelt. Von daher können wir da schon auf einem fundierten Gerüst aufbauen. Anastasia, die die Band gegründet hat, hatte aber auch anfangs einige Probleme die richtigen Leute zusammenzubekommen, zumal sie halt auch explizit nach Frauen gesucht hat. Eine Drummerin, die das angepeilte Niveau draufhatte, hat sie da wohl zu meinem Glück nicht gefunden, hehe.Im Endeffekt kann man dem Bandsound auf jeden Fall anhören, dass hier sowohl Klassik- als auch Metalbackground aufeinandertreffen.
Ist es heutzutage noch schwierig, als fast reine Frauenband in einer männerdominierten Szene wie dem Metal Fuß zu fassen? Verspürt Ihr einen gewissen Exotenbonus?
Klar ist es immer noch selten, wenn so viele Frauen in der Band spielen. Das bringt zum einen natürlich eine gewisse Aufmerksamkeit, zum Anderen aber eben auch das Vorurteil mit sich, dass man eben nur wegen dem Exotenbonus einen Plattendeal bekommen hat. Umso wichtiger ist es dann, dass man mit seiner Musik überzeugen kann. Wenn die Leute feststellen, dass hinter der schönen Fassade musikalisch nichts geboten wird, ist man auch ganz schnell wieder unten. Es hat also Vor- und Nachteile. Aber ich denke wir brauchen uns musikalisch nicht zu verstecken.
Wie beinahe alle Spielarten, gilt auch der melodische Powermetal als ziemlich ausgelutscht. Was motiviert Euch, dennoch in diesem Bereich aktiv zu sein?
Wir machen halt einfach die Musik, die uns gefällt und die auf natürlich Weise entsteht. Ob das gerade angesagt ist oder nicht interessiert uns eigentlich gar nicht. Außerdem ist unser Sound ja auch nicht auf den klassischen Powermetal beschränkt, sondern greift immer wieder auch auf symphonische oder Folkelemente zurück. Wir haben schon so viele Stilbezeichnungen gehört, was wir angeblich machen würden, da habe ich schon komplett den Überblick verloren ;-).
Mit welchen Argumenten wollt Ihr szenemüde Konsumenten zu Eurer Musik locken?
Bei uns muss man sich nicht auf eine Szene festlegen. Live haben wir schon bei Metalclubpartys, vor Gothic- oder Mittelalterfans oder auch vor einem gemischten Publikum mit Familien, Altrockern und Metalkids die Leute überzeugen können. Wir haben einfach keine Lust uns nach irgendwelchen limitierenden Szenewächtern zu richten. Wer einfach jede Menge ins Ohr gehende Melodien hören will, mal mit ordentlich harten Gitarren, mal sehr gefühlvoll dargeboten, noch dazu mit einer klassischen weiblichen Gesangsstimme etwas anfangen kann und auch mal gut gelaunt über den Tellerrand gucken kann, der wird mit Sicherheit an Music of Light seinen Spaß haben!
Wie zufrieden seid Ihr selber mit dem Release? Gibt es rückblickend viele Dinge, die Ihr gerne anders oder besser gemacht hättet?
Wir sind absolut zufrieden mit dem Endergebnis und stolz jetzt die fertige CD in den Händen halten zu können. Zumal wir das Album komplett in Eigenregie aufgenommen haben und uns erst mit dem fertigen Ergebnis an Plattenfirmen gewendet haben. Man weiß was man getan hat…;-)Natürlich mussten wir gerade was die Recordings angeht auch noch eine Menge lernen und beim nächsten Mal werden wir einige Sachen wohl etwas anders angehen und uns so eine Menge Zeit und Arbeit ersparen. Auch würden wir wahrscheinlich heute das ein oder andere kleine Detail in den Songarrangements etwas anders machen, das ist aber denke ich ganz normal. Man entwickelt sich halt ständig weiter und eine Studioaufnahme ist eben eine Momentaufnahme.
Tragen Eure Texte eine bestimmte Message? Wovon handeln sie und sind sie Euch überhaupt wichtig?
Die Themen in den Texten drehen sich oft um zwischenmenschliche Beziehungen und die Gefühle, die damit einhergehen. Teilweise haben Anastasia und Carina, von denen die Texte stammen, auch persönliche Erlebnisse verarbeitet. Anderes ist aber auch eher sozialkritisch oder philosophisch. Und dann gibt es auch den ein oder anderen Fantasy- oder mittelalterinspirierten Text. Die Bandbreite reicht also von tiefsinnig bis partytauglich, was in diesem Fall aber gut zusammen passt.
Erzählst Du uns ein wenig darüber, wie das Songwriting bei Euch abläuft?
Im Normalfall arbeitet Anastasia, die bei uns für den Löwenanteil des Songwritings sorgt eine erste Version für einen neuen Song aus, der dann mit der gesamten Band im Proberaum bearbeitet wird. So beeinflusst im Endeffekt jeder das Ergebnis. Das kann sich dann auch schon mal über Wochen und Monate hinziehen in denen ein Song immer wieder sein Gesicht verändern kann. Bisher spielen wir neue Songs immer direkt auch live, sobald wir eine erste vorzeigbare Version haben und sehen dann, wie er auf der Bühne funktioniert. Das trägt natürlich enorm zur Qualitätssteigerung der Songs bei.
Wie ist die allgemeine Meinung von Presse und Fans?
Wir bekommen extrem viel Zuspruch und ein absolut positives Feedback auf das Album von unseren Fans. Wobei wir uns als Newcomerband auch erst mal dran gewöhnen müssen, plötzlich tatsächlich Fans zu haben, die nicht hauptsächlich aus dem persönlichen Bekanntenkreis kommen, hehe. Das ist schon ne geile Sache. Einen Tag nach der Veröffentlichung haben wir einen Liveabstecher nach Frankreich gemacht und die Reaktion der Leute da war einfach nur überwältigend. Wir hatten kaum genug CDs dabei, so viele gingen da weg. Auch die Artikel in den französischen Metalmagazinen, die sie uns gezeigt haben waren sehr positiv. Frankreich scheint also ein gutes Pflaster für uns zu sein…Aber auch in Deutschland waren die meisten Reviews positiv. Die Leute scheinen manchmal überrascht zu sein, dass eine Band mit 5 weiblichen Mitgliedern von der sie nicht viel erwarten, dann doch musikalisch überzeugen kann und nicht nur einen Schmachtfetzen nach dem anderen raushaut ;-). Es gibt natürlich auch den ein oder anderen Verriss von Leuten denen die Musik überhaupt nicht gefällt, aber das war bei unserem Stil ja nicht anders zu erwarten. Ich hab, wenn ich sowas lese fast ein bisschen Mitleid mit dem Schreiber, weil er sich 50min lang diesen verdammten Mist anhören musste, hehe. Und dann gibt es natürlich noch die Leute, denen zum Beispiel die harten Sachen gefallen, aber die Folklastigeren nicht, oder andersrum. Naja, Geschmäcker sind halt verschieden…
Wie sieht es auf dem Livesektor aus? Ich muss ehrlich sagen, dass ich Euren Namen zum ersten Mal hörte, als die Promo bei mir ankam, seid Ihr nicht so viel unterwegs?
Wir haben bisher über 40 Gigs gespielt und so schon eine gewisse Erfahrung gesammelt. Allerdings fängt man als neue Band natürlich erst mal damit an, die Locations in der Region abzugrasen. In unserem Fall also vor allem das Rhein-Main-Gebiet und angrenzende Gegenden. In den letzten zwei Jahren waren wir aber zunehmend auch in anderen Teilen Deutschlands vom hohen Norden bis in den tiefen Süden und sogar in der Schweiz und Frankreich unterwegs. Allerdings natürlich nicht in so einer geballten Form. Da wir alle noch irgendwie unser Geld verdienen müssen, können wir natürlich nicht ständig durch die Weltgeschichte fahren und Gigs spielen, bei denen man wenn’s gut läuft gerade sein Spritgeld wieder rausbekommt. Trotzdem wollen wir natürlich in Zukunft liebend gern öfter live auftreten als bisher, weil es einfach unglaublich viel Spaß bringt. Bis Ende des Jahres stehen noch ein Konzert in Wetzlar und ein Auftritt beim Metal for Mercy-Festival in Witten an, womit wir dann auch endlich mal unser Livedebut in der Metalhochburg Ruhrgebiet feiern dürfen (Hochburg??? Vor 20 Jahren vielleicht! Anm. d. Red.)!
Welche Bands haben Euch inspiriert, Musik zu machen? Was sind Eure Vorbilder oder gar Idole?
Naja, da hat jeder in der Band natürlich seine eigenen Vorlieben und Einflüsse. DAS Idol kann man da gar nicht ausmachen. Anastasia, die den Großanteil der Musik schreibt, nennt meistens Bands wie Blind Guardian, Nightwish oder Rage als Bezugspunkte. Sogar ein bisschen Ensiferum kann man bei den Melodien denke ich manchmal erahnen. Eine weitere Inspirationsquelle ist mit Sicherheit die klassische Musik und, vor allem was Carina und ihren Gesang angeht, auch Musicals. Als ich damals zur Band kam, haben mich an Arven vor allem die großartigen Melodien und die Vielseitigkeit der Band gereizt, zumal ich zu dem Zeitpunkt ansonsten nur in einer ziemlichen Knüppelband gespielt habe und einfach mal etwas Abwechslung brauchte. Da ich neben den harten Metalspielarten, auch melodische Sachen und auch Klassik faszinierend finde, ist es absolut super für mich, dass ich mich auch in diesem Gebiet mal austoben kann.
Wie beurteilt Ihr die Szene allgemein, ist da noch DER Zusammenhalt zu verspüren, der den Metal vor zwei Jahrzehnten groß gemacht hat?
Tja, schwer zu sagen. Vor zwei Jahrzehnten war ich noch nicht in der Metalszene aktiv, sondern hab höchstens mal die Rolling Stones Platten von meinen Eltern gehört, hehe. Vielleicht ist heute alles etwas zu sehr auf die einzelnen Sparten fokussiert und viel zu sehr voneinander abgegrenzt. Leute, die sich sowohl Blackmetal als auch Powermetal anhören, gibt es wohl leider eher wenige. Früher war das wohl alles mehr ein Ganzes. Ein größeres Problem ist aber denke ich einfach die Übersättigung. Es gibt so unglaublich viele gute Bands, und im Verhältnis dazu zu wenige Fans, die auch mal zu den kleinen Konzerten von Undergroundbands gehen. Grade in Frankfurt lockt man auch mit wirklich guten Undergroundbands kaum jemanden vor die Tür, was den Einstieg ins Livegeschäft nicht gerade erleichtert. Wir haben aber gerade auch im Umgang mit anderen Bands mit denen wir gespielt haben schon oft sehr positive Erfahrungen gesammelt. Da wird sich untereinander ausgeholfen, gegenseitig eingeladen oder auch mal ein Schlafplatz organisiert. Und da spielt‘s dann auch keine Rolle, ob die eine Band dann Deathmetal und die andere symphonischen Melodic Rock spielt.
Auf welche Releases fiebert Ihr selber noch hin?
Gespannt war ich zuletzt erst auf das neue Dream Theater Album, und wie es da so mit dem neuen Drummer weitergeht. Das ist sowieso eine Band, von der ich mir jedes neue Album ungehört zulegen würde, genauso wie z. B. 1349, Blind Guardian, Soilwork oder Satyricon. Gespannt bin ich auch sehr auf’s neue Kreator Album. Deren letzte Platten waren auch einfach nur der Oberhammer! Meine All-Time Faves Scorpions wollen ja leider keine Platte mehr machen, aber das muss man erst mal abwarten…
Welche Pläne habt Ihr für die (nahe) Zukunft?
Wir wollen auf jeden Fall möglichst viel live spielen und unsere Musik den Leuten vorstellen. Dazu werden wir jetzt auch mal auf die Suche nach einer passenden Bookingagentur gehen, damit wir da insgesamt präsenter werden können. Mal auf einem großen Open Air-Festival zu spielen wäre auf jeden Fall mal eine Riesensache für uns, die wir unbedingt erreichen wollen. Ansonsten sind wir schon eifrig dabei Material für das nächste Album zu schreiben und zu einzuproben. Da ist schon so einiges Vielversprechendes dabei.
So, ich wäre durch mit meinen Fragen, beschließe gerne das Interview mit Deinen letzten Worten.
Danke dir und euren Lesern für das Interesse an Arven! Ich kann jedem nur raten sich das Album anzuhören und zu selbst zu entscheiden, ob es gefällt. Vielleicht hilft auch mal der Blick über den Tellerrand ;-). Oder am besten gleich bei einem Livegig von uns vorbeikommen und uns direkt sagen, was ihr denkt. Wir sind neugierig!