Interview mit Schutzschall

Leise Klänge sind nicht unbedingt das, was den Metaller hinter dem Ofen hervorlockt. Wenn sie gut gemacht sind, ist das aber ganz was anderes. Akustische Rockmusik, handmade aus dem Ruhrgebiet, dafür stehen SCHUTZSCHALL. Sven, Michael und Nils ließen sich anlässlich ihres Debüts „Bühne“ in die Karte schauen und plauderten über Hammerfall, Frisöre und Blasorchesterersatzteile.

Hy beisammen und willkommen zu einer echten Rarität, einem Interview in der Sparte „entmetallisiert“. Für Euch sicher auch etwas ungewöhnlich, ein Interview mit einem Metal-Magazin zu geben, oder?
Nils: Ungewöhnlich ist es wohl – obwohl wir bei näherer Betrachtung gar nicht soo fehl am Platze sind, denke ich. Musikalisch sind wir ziemlich klassisch besetzt mit Gitarre, Bass, Schlagzeug und wenn auch alles etwas leiser ist, kann ich mich erinnern, dass Du auf unserem letzten Konzert beim Cover von ‚Hammerfall‘ schon ein wenig mitgegangen bist!
Michael: Und immerhin sind zwei von uns auch regelmäßige Konsumenten von metalähnlichem Getöse.

Bisher dürftet Ihr es ja „nur“ zu regionaler Bekanntheit gebracht haben; stellt Euch doch bitte kurz vor.
Nils: Wir von Schutzschall sind zu dritt: Michael spielt Gitarre, singt und macht eigentlich die meiste Musik und alle Texte. Nils spielt Bass und singt und Sven Schlagwerk und singt auch. Wir sind alle gestandene Mannsbilder und machen schon seit Anfang des Jahrtausends auf unterschiedliche Arten Musik zusammen.

Ich muss gestehen, dass ich mich in Eurer „Szene“ nicht wirklich gut auskenne. Ist die Zeit gerade günstig für deutschsprachige akustische Rockmusik?
Nils: Erst einmal kann bei uns nicht wirklich von „Szene“ sprechen – was wir immer wieder schmerzlich erfahren müssen, wenn wir in fremden Städten touren. Ein echter Metallabend zieht eben immer Leute, selbst wenn keine der Bands wirklich bekannt ist. Wir müssen halt immer Leute suchen, die unabhängig von Kategorien einfach Schutzschall gut finden.Daneben ist deutschsprachige Rockmusik ja auch eher mal ein Evergreen, statt Hype weswegen die Zeit im Moment genauso günstig und genauso ungünstig ist wie schon immer.

Von Euren Einflüssen kenne ich gerade mal eine Handvoll Songs von Element Of Crime und ein wenig von Rio Reiser. Diese sind aufgrund ihrer Qualität auch in Metalkreisen keine Unbekannten; würdet Ihr sagen, dass denjenigen, die Sven Regeners Band mögen, auch SCHUTZSCHALL gefallen könnte?
Michael: Diese ‚Einflüsse‘ sind uns eigentlich immer vom Publikum nachgesagt worden. Auf die beiden genannten wäre ich persönlich zum Beispiel nicht gekommen, obwohl ich im Nachhinein verstehe, wo die Leute die Verbindung sehen. Manchmal ist das eine bestimmte Art von Text, manchmal auch nur eine gewisse Ähnlichkeit der Stimmen. Wir sind sicherlich nicht ganz so melancholisch Element of Crime.

Welche Bewandtnis hat es mit Eurem Bandnamen?
Michael: Schutzschall ist der Schall der dich schützt. Mit Schutzschall im Kopfhörer kann dir nicht mehr viel passieren.

Eure Debütplatte „Bühne“ ist gerade ganz frisch herausgekommen. Wie zufrieden seid Ihr mit dem Resultat?
Michael: Die ist gut! Ähnelt dem was wir im Vorfeld im Kopf hatten. Sie sollte ja sehr ’nackt‘ und ursprünglich klingen – Eben wie drei Menschen die zusammen Musik machen. Wir haben auf alles verzichtet, was den Klang unnötig verfremdet hätte.

Ihr agiert in der klassischen Bandbesetzung; wo seht Ihr Vor- und vielleicht auch Nachteile mit nur drei Musikern?
Nils: Jeder einzelne Musiker wird mehr gefordert und steht mehr im Mittelpunkt. Daraus ergeben sich Vor- und Nachteile. Ein Basslauf bestimmt genauso das Gesamtergebnis wie die Gitarrenbegleitung und das Kajon. Das macht es spannend für den Bassspieler allerdings fällt auch ein leicht verschluckter oder schnarrender Ton sofort auf. Dazu kommt die häufige Doppelbelastung Bass/Gesang und regelmäßige Instrumentenwechsel. Das alles erzeugt aber eine extrem hohe Befriedigung als Musik.Zu den musikalischen Aspekten kommen natürlich auch noch zwischenmenschliche. Drei gute Freunde sind den Verwerfungen die gemeinsames Musizieren so mit sich bringen viel besser gefeit als z.B. fünf ;-)

Trotz neun Songs kommt Eure Platte auf keine halbe Stunde Spielzeit; sowas kennt man sonst eigentlich nur von Slayer. Warum so wenig Musik?
Nils: Die wichtigsten Dinge lassen sich meistens sehr kurz zusammenfassen:-)
Michael: Bei dieser Platte gehört das zum Konzept. Wir haben alles Verzichtbare weggelassen. Mit diesen 9 Liedern hätte man auch eine Stunde füllen können, wenn man das gewollt hätte.

Eure Musik ist durchaus von ungewöhnlichen Instrumenten (den Namen der „Tröte“, die Sven spielt, kenne ich nicht mal) geprägt; seid Ihr insgesamt sehr offen für alles?
Nils: Allerdings! Irgendwie haben wir fast bei jeder Probe was Neues dabei… Die Kazoo, die Sven spielt ist unser Live-Ersatz zum Blasorchester :) Glockenspiel und Udu sind mittlerweile fest im Repertoire. Für uns gehört es zur Weiterentwicklung immer wieder Neues auszuprobieren. Vielleicht ist auf der Nächsten CD ja ein Dudelsack oder so…

Wie läuft das Songwriting ab? Wenn ich richtig informiert bin, sind die Songs alle von Michael, wird sich dies in Zukunft ggf. ändern?
Sven: Michael trägt permanent Ideen für Texte und Musik in kleinen schwarzen Büchern oder auf einer Festplatte zusammen. Irgendwann setzt er sich dann an den Schreibtisch und formt daraus ein Lied. In den meisten Fällen bringt er somit ein in den Grundzügen fertiges Stück mit zur Probe. Dort werden dann gemeinsam die einzelnen Parts ausgearbeitet. Das ist etabliert und wird erst einmal so bleiben.

Was ist aus Eurer anderen Band „Kreisliga“ eigentlich geworden?
Nils: Mit „Kreisliga“ hatten wir eine Menge Spaß. Wir haben große Hallen gerockt und waren richtig laut! Mit unserem Album ‚Exkursion‘ (gibt es noch hier zum kostenlosen Download: www.kreisliga-die-band.de/?p=183) haben wir aber mit dem großen Set abgeschlossen und uns kleiner und ausgearbeiteter orientiert.Einige Lieder wie „Lebenswandel“ oder „Abriss“ haben wir neu interpretiert und finden sich nun sogar in neuem Gewand auf „Bühne“ wieder.

Wohin soll die Reise von SCHUTZSCHALL gehen, für die ganz große Karriere dürftet Ihr wohl schon etwas zu alt sein ;-)
Nils: Wir werden einfach immer weiter machen :-) Die Musik ist ja eine große Reise. Wir werden uns musikalisch immer weiter entwickeln und auf diesem Weg hoffentlich jede Menge Leute mitnehmen und begeistern können. Dabei ist explizit keine richtung verschlossen. Wer weiß, vielleicht stehen wir in ein paar Jahren ja wieder hier im M1 – aber dann mit der Veröffentlichung unserer ersten ‚Metal-Platte‘

Lasst Ihr Euch in der „Honey Hair Bar“ auch schon mal die Haare schneiden oder findet Ihr Euch dort immer nur zu Konzerten ein ;-)
Nils: Der Laden lässt sich in allen Belangen uneingeschränkt empfehlen. Es gibt neben Musik und Frisuren auch sehr leckeren Kaffee dort! Einfach mal reinschauen!

So, mit meinen Fragen wäre ich durch, aber wir wollen ja nicht mit der guten Tradition brechen. Daher bitte die spontanen Gedanken zu den folgenden Begriffen:
Bermudadreieck: Bochum ich komm aus dir!!!
Che Guevara: Wenn der noch was von seinem Merchandising gehabt hätte…
Altpapiercontainer: Auch wenn er sehr schön brennen kann: Finger weg!
Metallica: Hatten unglaublich viel Einfluss. Die Beatles unserer Generation.
Vegane Ernährung: Tut mir leid. Fleisch ist mein Gemüse.

M1: Jo, dann mal vielen Dank für die Antworten; Euch alles Gute für die Zukunft und natürlich die letzten Worte.
Schutzschall: Keep on rocking!

Publiziert am von Jan Müller

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