Interview mit Heri Joensen von Heljareyga

Mit HELJAREYGA hat der ambitionierte Färinger Heri Joensen neben Týr sein zweites großes Projekt auf den Weg gebracht. Über das selbstbetitelte Debüt, den Standort Deutschland sowie die aktuelle Lage der Weltpolitik konnten wir ihm ein paar Fragen stellen.

English Original…

Hei Heri! Glückwunsch zum HELJAREYGA-Debüt. Wie geht’s dir im Augenblick?
Mir geht’s sehr gut, danke der Nachfrage. Komme gerade aus dem Studio von den Aufnahmen zum neuen Týr-Album.

Neue Týr-Alben gab es 2008 und 2009, nun präsentierst du uns „Heljareyga“. Wie schaffst du es, so viel (komplexe) Musik in so kurzer Zeit zu machen?
Ich arbeite fast ständig an Musik und habe immer eine Menge Ideen herumliegen, entweder als Noten auf meinem Laptop oder als Demoaufnahmen auf meinem festen Rechner. Es gibt noch an so viel zu arbeiten, ich mache daher mehr Musik als durch Veröffentlichungen eingeholt werden könnte.

Die vier Jungs, die du für die Band angeheuert hast… war das sowas wie „Die Färöer suchen den Superstar“ ohne Fernsehen? Oder seid ihr alle verwandt?
Amon kenne ich von der Paganfest Tour 2008, als er für Kári (Streymoy, Schlagzeuger von Týr, Anm. d. Red.) einsprang, da dieser eine Rückenverletzung hatte und nicht mit touren konnte. Schon damals habe ich Amon gefragt, ob er bei Heljareyga mitmachen wolle. Weiterhin habe ich die Augen nach Talenten in der färöischen Metalszene offen gehalten, und da gab es eine Menge Auswahl. Die Besten der Besten sind jetzt bei Heljareyga.

Du nennst Einflüsse von Johann Sebastian Bach bis zu Ronnie James Dio. Das verlangt eine Erklärung!
Meiner Meinung nach hat Bach einige der schönsten Musiken aller Zeiten geschrieben, und es fasziniert mich total, wie er den Kontrapunkt einsetzt – etwas, was ich hier und da versuche im Metal unterzubringen. Dio hingegen war schon immer eine große Inspirationsquelle für mich und wird es immer bleiben.

Hast du ein Lieblingslied auf „Heljareyga“?
Mein Lieblingslied auf dem Album ist „Lagnan“. Relativ einfach arrangiert und auf einer ganz simplen Idee mit viel Variation aufgebaut. Auch lyrisch ist es das Zentralstück und Highlight des Albums.

Auf dem Promozettel steht, dass die Texte die persönlichsten sind, die du je geschrieben hast. Ich bin zwar kein Färöisch-Profi, aber es ist zumindest deutlich, dass einige der Titel mit Natur(-phänomenen) zu tun haben. Wie passt das zusammen?
Die Naturphänomene in den Texten sind nicht als Naturbeschreibungen gedacht. Ich sehe sie als Symbole für abstraktere Dinge, die ich aber hier nicht weiter ausführen werde.

Auch der Bandname kommt von einem solchen Naturschauspiel. Was ist an einem so einem „Höllenauge“ so faszinierend?
Es fasziniert mich, wie viel der Name eines solchen Phänomens über die Gedankenwelt der Menschen in früheren Zeiten aussagt. Aber bezogen auf das Album fesselt mich, welche Metaphorik so eine Erscheinung zusammen mit dem Namen jemandem geben kann, der über seine eigene Existenz nachdenkt. Ich weiß nicht, vielleicht habe ich nur eine gute Vorstellungskraft.

Wie wichtig ist es dir, nur auf färöisch zu schreiben – ich meine, kaum jemand versteht, worüber du singst! Ihr liefert nicht einmal Übersetzungen im Booklet mit…
Ich wollte schon immer mal ein ausschließlich färöisches Metalalbum machen, aber es ergab sich nie mit Týr. Als ich mit diesem Projekt anfing, war eine der ersten Entscheidungen, alle Texte auf färöisch zu schreiben. Es gibt beispielsweise viele finnisch-singende Metalbands, und die machen das gut, auch wenn es wenig Menschen außerhalb Finnlands gibt, die verstehen, worum es geht. Und nimmt zum Beispiel Rammstein – es ist nicht immer Grundvoraussetzung, dass die Sprache verstanden wird, damit die Musik Erfolg hat.

Um es jenen zu erklären, die keinen großen Unterscheid heraushören: Wie viel Týr ist in HELJAREYGA und umgekehrt?
Erstens ist bei Heljareyga alles auf färöisch, keine traditionellen Melodien werden benutzt, die Texte sind nicht in einer Welt der Mythologie angesiedelt und die Musik ist denkbar komplexer, sowohl im Songwriting, als auch in den Arrangements. Außerdem gibt es keine Chöre in den Refrains.
Ich weiß, wahrscheinlich habe ich eine Art Musik zu schreiben und eine Stimme, die leicht wiederzuerkennen ist, daher wird es immer Leute geben, die den Unterschied nicht hören. Aber wenn man die Musik tiefer analysiert, kann jeder sehen, dass es nicht dasselbe ist.

Ich habe bemerkt, dass die meisten Lieder sich atmosphärisch nicht besonders unterscheiden. Als ich vor eineinhalb Jahren auf den Färöern war, haben manche Touristen das Gleiche über die Inseln selbst gesagt. Ist die Natur für mehr Variation nicht inspirierend genug?
Bei diesem Album war ich in einer besonderen Stimmungslage, einer epischen und hochfliegenden Stimmungslage, die mit Absicht relativ gleichförmig auf dem Album eingefangen ist. Viele Gedanken über die färöische Natur habe ich mir in dem Zusammenhang wirklich nicht gemacht.

Ihr nahmt die CD in Deutschland auf, ihr habt schon ein paar Gigs hier gespielt, ihr seid bei Black Bards unter Vertrag und die schicken euch auf eine größere Tour im Frühjahr… hast du eine Idee, warum Deutschland so verrückt nach Musik von den Schafsinseln ist?
Nun, wegen Týr habe ich eine Idee, ja. Ich habe den Eindruck, dass die Deutschen – und Festlandeuropäer überhaupt – glauben, dass die färöische Folklore eine urtümlichere Form vorchristlicher europäischer Folklore repräsentiert. Viele Menschen haben das Gefühl, dass wir etwas zurückbringen, was in der heutigen europäischen Gesellschaft verloren gegangen ist. Ob das stimmt oder nicht, ist eine ganz andere Geschichte.
Wenn es Týr nicht gegeben hätte, zweifle ich daran, dass es für mich so einfach gewesen wäre, Heljareyga unter Vertrag und auf Tour zu bringen. Außerdem denke ich nicht, dass Heljareyga die gleiche Anziehungskraft wie Týr haben wird, weil weniger Folklore drin vorkommt. Wir werden sehen, wie’s wird. Vielleicht haben wir andere Qualitäten.

Andererseits wurde die CD ja zunächst über Tutl Records daheim auf den Färöern veröffentlicht. Würdest du sagen, dass dort zu unterzeichnen das beste ist, was einer Band von den Inseln passieren kann?
Ja, wahrscheinlich. Vielleicht das zweitbeste nach einem Deal in den USA. Soweit ich weiß ist der deutschsprachige Metalmarkt der zweitgrößte der Welt nach dem US-Markt. Meiner Erfahrung mit Týr zufolge ist Deutschland aber der richtige Weg.

Schade, dass wir es nicht geschafft haben, uns persönlich treffen, aber die Frage erscheint mir dennoch angebracht. Kann es sein, dass du ein spezielles Verhältnis zu Hamburg hast? Facebook-Benutzer dürften sowas bemerkt haben…
Du bist sehr aufmerksam! Ich lebe zur Zeit in Hamburg, ja. Ich bin vor eineinhalb Jahren nach Deutschland gezogen und kam mit meiner deutschen Freundin im vergangenen Juli nach Hamburg.

Die Welt ist zur Zeit sehr unruhig, Aufstände in der islamischen Welt und anderswo. Wie denkst du – mit deinem nationalen Hintergrund – darüber? Unterstützt du zum Beispiel auch weitere Autonomiebestrebungen für dein Volk?
Ich beschäftige mich damit so viel wie möglich. Es hat sogar einigen Einfluss auf die Texte und Themen des nächsten Týr-Albums gehabt. Ich bin absolut für Demokratie und Säkularisierung bei den unterdrückten Völkern in der islamischen Welt. Ihnen Menschenrechte zu bringen, würde riesige Probleme in der heutigen Welt lösen.
Bezüglich der Selbstständigkeit der färöischen Nation, kann diese für meinen Geschmack nicht früh genug kommen, aber das ist ein völlig anderes Problem im Vergleich mit den Diktaturen und Gottesstaaten in der islamischen Welt. Unsere Probleme sind verglichen dazu Peanuts und ich empfinde es als Beleidigung für die Unterdrückten, das auch nur in einem Atemzug zu nennen.

Gut, soweit das Interview. Nun kommt nur noch das obligatorische Metal1.brainstomring, das du ableisten musst. Sag, was dir zuerst einfällt, wenn du diese Worte liest…

Vögel (essen): Diese verdammten Möwen!
Verwandtschaft: DNA.
FC St. Pauli: Jolly Roger.
Das Meer: Schiffe.
Das Internet: Bloßstellung.
Margrethe Alexandrine Þórhildur Ingrid: Zigaretten.
Metal1.info: [nichts]

Góða takk! Wenn es noch was gibt, was du sagen willst, tu dir keinen Zwang an!
Bitte kauft das Heljareyga-Album und kommt zu unseren Auftritten im April, wenn ihr könnt, danke.

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