Interview mit Tobi von The Sorrow

Drei Alben in drei Jahren haben auch schon andere Bands geschafft, aber sich dabei jedes Mal wieder zu steigern, gelingt nur den wenigsten. Die Vorarlberger THE SORROW haben damit keine Probleme und liefern mit dem selbstbetitelten dritten Album ihr bisheriges Meisterwerk ab. Wie dies möglich wurde und allerlei weiteres berichtet uns Bassist Tobi.

Hy! Vielen Dank für die Zeit, die Du Dir für das Interview nimmst, sicher hast Du gerade eine Menge diesbezüglich zu tun. Kein Wunder bei dem Hammerbrett, das Ihr da abgeliefert ab, herzlichen Glückwunsch!
Vielen dank! Du hast recht, im Moment geht’s wirklich rund. Ein Interview nach dem anderen, zudem viel proben, da ja unsere Tour zeitgleich mit dem Release startet.

Euer neues Album hört schlicht auf „The Sorrow“. Was gab den Ausschlag, Album Nummer 3 selbstzubetiteln? Viele Bands wollen damit ja ein ganz besonderes Zeichen setzen – ihr auch?
Wir hatten ja massig Songtitel parat, aber kein anderer hätte die Essenz des Albums besser auf den Punkt gebracht als „The Sorrow“. Auf diese Weise setzen wir dann auch ein Zeichen, die Platte verkörpert zu 300% das, wofür die Band im Jahre 2010 steht.

Seit eurem letzten Langspieler ist gerade mal ein Jahr vergangen – eine ziemlich kurze Zeitspanne. Hattet ihr die Songs des aktuellen Silberlings damals schon in der Pipeline oder wie kommt es, dass die Veröffentlichung von „The Sorrow“ jetzt so flott ging?
Wir haben direkt nach der Fertigstellung der letzten Platte mit dem Songwriting für die neue begonnen, um uns den Stress, den wir das letzte Mal hatten, zu ersparen. Außerdem hatten unsere Songwriter Andi und Mätze wirklich einen Lauf. Man hört der Platte aber auch an, dass wir uns dieses mal Zeit dafür genommen haben, auch wenn es sich für jemanden von außen nicht nach viel Zeit anhört.

Auf dem Artwork ist ein – einsamer – Wolf zu sehen. Was bedeutet das, was sind deine Gedanken dazu?
Das Coverkonzept wurde von Jonas Valtysson ausgearbeitet, einem jungen, ambitionierten Grafikdesigner aus Island. Er kam auf die Idee, nachdem ich ihm unsere Texte vorgelegt hatte. Der Wolf repräsentiert die Seele einer Person, wild, aber auch einsam. Es ist wichtig, das gesamte Booklet betrachten zu können, wenn man das Artwork verstehen will.

Wie lief der Prozess von Songwriting und Produktion ab? Seid ihr jetzt im Nachhinein noch vollkommen zufrieden?
Der ganze Prozess verlief ziemlich „smooth“, haha! Wir waren schon von der Preproduction überzeugt, sodass wir im Studio relativ entspannt drauflos arbeiten konnten. Wir sind immer noch restlos überzeugt von der neuen Platte, ich hab mir noch nie so oft und gerne unser neues Zeug angehört und kann nach wie vor nichts ausmachen, das es zu bemängeln gäbe.

Die letzten beiden Scheiben wurden mit Toni Meloni aufgenommen? Habt ihr für „The Sorrow“ auch wieder mit ihm zusammengearbeitet?
Ja, haben wir. Wir sind schon länger mit Toni befreundet, er ist ein Landsmann von uns und weiß, wie wir ticken. Den Endmix hat uns aber dann der Sky van Hoff besorgt, die Promomixe für die Medien wurden aber noch aus Zeitgründen nicht im Endmix von Sky versandt.

Habt ihr nicht mal Lust, einen anderen Produzenten auszuprobieren und zu schauen, was der so aus euch herausholen könnte?
Im Endeffekt wie oben genannt, haben wir das ja getan, aber Toni macht auch als Engineer im Studio wichtige Arbeit.

Mir sagen auf dem aktuellen Album vor allem die langsamen Songs zu, da sie sehr heavy und fett rüberkommen. Wie geht es Dir dabei und wie sind Eure Erfahrungen, was Liveauftritte angeht, bei welchen Songs gehen die Leute mehr ab?
So richtig schnell waren wir noch nie oder selten. Uns liegt das Midtempo, der Groove. Und das sind dann auch jene Parts, bei denen die Leute live am ehesten steil gehen. Ich denke, wenn wir eher auf Speed stehen würden, hätten wir auch mehr in diese Richtung gemacht. Dem ist aber nicht so.

Hat das Album ein bestimmtes Konzept? Der meiner Meinung nach beste Song („Reach For The Skies“) kommt erst ganz zum Schluss und wird vielleicht von dem einen oder anderen überhört, könnte dies dem textlichen Zusammenhang geschuldet sein?
Das ganze Album findet sich in einem eher traurigen, düsteren Kontext. Es wurden sehr persönliche Dinge bearbeitet, zb. der Tod meines Vaters oder die schwere Erkrankung unseres Drummers. „Reach For The Skies“ ist ein kleiner Hoffnungsspender und deshalb als Rausschmeißer perfekt geeignet.

Aktueller denn je sind Fragen zu generellen Möglichkeiten von Bands. Aufnahmen und gute Sounds werden einerseits leichter möglich, andererseits wird es immer schwieriger, gute Deals zu bekommen und CDs in die Läden zu stellen. Labelpleiten prägen das Bild, viele Bands sind gezwungen, sich selbst zu vermarkten und stellen ihr Material teilweise sogar kostenlos ins Netz. Wie ist Deine Meinung dazu und wie siehst Du speziell „unsere“ Szene in den 10/20 Jahren?
Allerdings. Es ist traurig zu sehen, wieviele grossartige Bands sich unter ihrer Qualität verkaufen müssen. Auch wir müssen mit den ganzen Online-Plattformen arbeiten und stellen zum Teil auch Sachen wie Livevideos oder Songs gratis ins Netz. In welche Richtung die Szene sich entwickelt, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Man wird sehen, ich hoffe aber, das Qualität sich irgendwann wieder bezahlt macht.

Wie wichtig ist Euch Schubladendenken? Ich frage deshalb, weil Ihr bislang oft im Metalcore vermarktet wurdet, das Info spricht aber von Melodic Death, was auch meine Meinung eher widerspiegelt.
Es ist uns überhaupt nicht wichtig, da Schubladendenken auch Scheuklappendenken bedeutet. Die Medien nennen uns gerne Metalcore, was grundsätzlich von der Stilistik her nicht verkehrt ist. Metalcore rührt aber von der Hardcorebewegung her und mit der haben wir nicht viel am Hut. Aber auch der Terminus Melo Death stimmt nicht ganz, da ist zuviel anderes bei uns vorhanden. Modern Metal ist die Bezeichnung, mit der ich mich am besten anfreunden kann.

Eure Musik verlangt schon ein gewisses Maß an technischem Können; wie wichtig ist im steten Wechsel von Songwriting/Aufnahmeprozess/Touren noch das tägliche Üben?
Es ist das Nonplusultra. Wir proben, wenn wir zuhause sind, drei bis vier Mal pro Woche. Nur so kann man seine Leistung halten und auch verbessern.

Ich habe Euch beim Rock Hard 2008 gesehen. Findest Du, dass der Platz für „Newcomer“ am Samstag Mittag geeignet ist oder werden dort nicht Bands, nur weil sie noch keinen großen Namen haben, an dieser Stelle „verheizt“?

Der Slot ist schon ok. Wir waren sehr froh und auch stolz auf diesem Festival performen zu dürfen. Das wird von anderen Festivals schon eher so gehandhabt. Ich finde es zum Beispiel ganz schlimm, wenn ungesignte Bands ein gewisses Kontingent an Tickets verkaufen müssen, um irgendwo auf der kleinsten Bühne zur beschissensten Teit spielen zu dürfen. Davon würde ich jeder jungen Band abraten, man hat nur Unkosten und spielt vor 5 Leuten.

Bist Du generell von Nachwuchsbands überzeugt oder wird in Deinen Augen zu viel Schrott produziert?
Um ehrlich zu sein, habe ich da gar nicht so ein Auge drauf. Das passiert eher durch Zufall, bei Shows oder so. Ich will mir auch nicht anmaßen, über andere Bands solch ein Urteil abzugeben.

Mit welcher Band würdest Du gerne mal auf Tour gehen?
Am liebsten würde ich auf einer fetten Tour dabei sein mit Machine Head oder Slipknot oder so. Das wäre ein Traum, aber wir haben schon mit so vielen großartigen Bands spielen dürfen, da sind wir nicht mehr so wählerisch.

Ihr konntet schon in frühen Tagen auffallende Erfolge erzielen, beispielsweise auf Wacken und Tuska spielen, habt mit eurem Debüt sogar den 1. Platz im Metal Hammer-Soundcheck belegt. Wie erklärst du dir das alles?
Eine Erklärung dafür habe ich nicht, wir haben unser Herzblut und alles, was wir hatten, reingesteckt, damit es was wird. Dass wir aber gleich auf Anhieb solche Erfolge einfahren durften, damit konnten wir nicht rechnen. Aber es hat uns trotzdem irrsinnig gefreut und stolz gemacht.

Was macht so ein schneller, einschneidender Erfolg mit einer Band? Wie würdet ihr heute unterwegs sein, wenn all das nicht so früh oder gar nicht passiert wäre?
Ich denke, wir würden eben kleinere Shows in österreich, schweiz und dem süddeutschen Raum spielen und eben proben, proben, proben. „Was wäre wenn“-Fragen zu beantworten, ist natürlich immer sehr schwierig.

Österreich ist recht reich an (historischer) Musikkultur. Sagen Dir als Metaller Komponisten wie Joseph Haydn oder natürlich auch Mozart zu?
Diese Frage muss ich leider mit jein beantworten. Ich beschäftige mich nicht mit klassischer Musik, das gibt mir nichts. Auch wenn ich nun als Kulturbanause bezeichnet werde…

In Deutschland wird gerade heftig über die Laufzeit von Atomkraftwerken debattiert. Welche Meinung hast Du zu umweltpolitischen Themen, ich denke, dass das in Österreich sicher auch eine aktuelle Frage ist.
Österreich ist ja AKW-frei, aber an der slowakischen, tschechischen und ungarischen Grenze stehen einige Atomkraftwerke, die sicherheitstechnisch nicht mehr ganz einwandfrei sind (sehr politisch ausgedrückt, Anm. d. Verf.). Es ist ganz klar, dass erneuerbare Energien unverzichtbar sind, aber der Atomenergie ist ganz klar kritisch entgegenzutreten. Generell muss sich der Mensch Gedanken machen, wie es denn nun wirklich weitergehen soll, wenn dieser Planet weiter Bestand haben soll. Das passiert aber nicht, die meisten haben immer noch das „nach mir die Sintflut“-Denken, was natürlich tragisch ist.

Wo und wann empfiehlst Du Urlaub in Österreich?
Vorarlberg, unsere Heimat ist wunderschön. Ich bin relativ oft in den Bergen, vor allem im Sommer. Aber natürlich ist der Winter in Vorarlberg, aber auch Tirol allen Skifahrern und Snowboardern ans Herz zu legen.

Hand aufs Herz, wo gibt es das wirklich beste Bier?
Natürlich ist Österreich für gutes Bier zuständig, sei es Fohrenburger oder Mohren aus Vorarlberg oder Stiegl aus Salzburg. Am liebsten, das muss ich eben nun gestehen, trinke ich aber Becks…

Sehr beliebt und manchmal auch gefürchtet ist das Metal1-Wortspiel. Du kennst das Procedere sicher, Deine ersten Gedanken zu den folgenden Begriffen:
Mathematikunterricht: fürchterlich. Mathe hat mir meine Matura (Abitur) gekostet.
Pyramiden: kenn ich nur aus dem Fernsehen.
Atlantis: wie zum Teufel haben die da geatmet?
Tauerntunnel: Stau! Vor allem wegen unseren deutschen Nachbarn…
Fußleisten: gute Sache sowas!
Der Abstimmerer: computer says no!
Architheutis: zum Glück gibt’s google. Großer Tintenfisch muss ich sagen.
Metal1.info: verantwortlich für grossartige Wordraps…

Vielen Dank noch mal für das Interview, Euch alles Gute und viel Erfolg mit der neuen Platte und hoffentlich noch vielen weiteren. Die letzten Worte gehören natürlich Dir.
Vielen dank. Holt euch unsere neue Platte, ihr werdet nicht enttäuscht sein. Horns up!

Copyright der Fotos: Severin Schweiger

Publiziert am von Jan Müller

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