Das Rock Harz Open Air geht dieses Jahr vom 8.-10. Juli in Ballenstedt/Harz in seine mittlerweile 18. Runde. Wir präsentieren euch im Folgenden ein aufschlussreiches Interview mit Organisator Buddy, der unter anderem erklärt, weshalb das Rock Harz in der deutschen Festivallandschaft einen so guten Ruf genießt.
Servus Buddy! Wie geht’s dir denn heute?
Hi Dennis! Der Frühling ist da, also voller Vorfreude auf Sonne!
Seit 17 Jahren gibt es das Rock Harz Open Air nun schon. Eine durchweg positive Bilanz?
Im Prinzip schon, sonst würden wir wahrscheinlich auch nicht mehr existieren. Natürlich gibt es auch unschöne Sachen, aber meistens hat sich alles wieder gefunden.
Wie hat die Geschichte eigentlich ihren Lauf genommen?
Ganz früher hat das Festival auf einem LKW-Anhänger mit 3-4 regionalen Bands stattgefunden. Da war der Eintritt noch frei und das Ganze fand auf einem Freizeitgelände in Osterode statt. Im Laufe der Zeit haben wir so einiges an Veranstaltungsorten durch gehabt. Osterode, die Ortsteile Förste und Dorste… und nun sind wir in Ballenstedt gelandet. Ein prächtiges Gelände, auf dem wir uns vorstellen können, unser “Nomadendasein” in dieser Beziehung zu beenden; sprich sesshaft zu werden. Gewachsen sind wir ja auch deutlich. Ich denke, dass sieht man schon, wenn man sich die Line-Ups der letzten Jahre anschaut.
Von den ersten kleineren Bands bis zu den heutigen Szenegrößen waren es ja teilweise recht große Sprünge.
Richtig. Aber teilweise haben wir die “großen” schon gehabt als sie noch klein waren. Schandmaul hatten wir bereits als sie kaum jemand kannte. Auch Guano Apes haben bei uns schon gespielt. Heute headlinen sie Rock am Ring und ähnliches. Ist schon witzig irgendwie…
Was erwartet ihr euch speziell vom diesjährigen Rock Harz?
In diesem Jahr haben wir eine Premiere: nämlich, dass wir weder mit Festivalgelände noch mit dem Campingplatz umziehen müssen. Endlich sind wir am gleichen Ort wie im vergangenen Jahr. Endlich haben wir die Möglichkeit, wirklich auf dem Vorjahr aufzubauen und nicht wie sonst immer völlig neue Gegebenheiten vorzufinden. Das macht es uns natürlich auch leichter, das Festival an sich zu verbessern! Und wir gehen von einem Besucherrekord aus, bleiben aber garantiert vergleichsweise klein und gemütlich.
Gibt es irgendwelche Neuerungen / Änderungen für die Besucher im Vergleich zum Vorjahr / den Vorjahren?
Neu sind die Warm-Up-Party am Mittwoch und die Aftershowpartys. Auch haben wir jetzt zwei exakt gleich große Bühnen, so dass es im Prinzip keine “Hauptbühne” oder “Nebenbühne” mehr gibt.
Wie steht es denn um die Akzeptanz des Festivals in der Gegend? Kam die erst mit den Jahren oder war sie von Anfang an da?
Die Akzeptanz wächst. Wir sind ja im letzten Jahr erst rund 100km umgezogen. Da trifft man natürlich auch auf Leute, die man bisher nicht erreicht hat. Ist schon spannend, das zu beobachten.
Die Live-Branche steht noch verhältnismäßig gut da – CD-Verkaufe an sich gehen seit Jahren zurück. Profitiert ihr noch vom gut laufenden Veranstaltungsgewerbe oder merkt auch ihr, dass die Leute weniger Geld in der Tasche haben?
Ich denke, das merkt man vor allem daran, dass die Leute gezielter aussuchen wohin sie gehen. Auch das Konsumverhalten auf dem Festival ändert sich. Heute bringen sich die Leute viel mehr mit als früher. Leider hat das nur den Effekt, dass andere Sachen teurer werden. Durch Gastronomie und Merchandise wird ja ein Großteil des Festivals finanziert. Wird nicht mehr soviel auf dem Gelände konsumiert, steigt der Ticketpreis. Das ist eine Spirale ohne Ende, von der ich mir wünsche, dass sie sich noch aufhalten lässt. Vielleicht dadurch, dass die Leute wieder mehr an den Buden und nicht soviel im Supermarkt kaufen.
Eure Besucherzahlen steigen Jahr um Jahr. Habt ihr euch denn selbst ein Pensum auferlegt, ab welcher Zahl ihr nicht mehr wachsen wollt?
Ein persönliches Ziel wären vielleicht 10000 Leute. In diesem Jahr werden wir das nicht schaffen. Daher würde ichs mir für 2011 wünschen. Aber wie das so ist mit dem Wünschen… Größer als diese Zahl kann ich mir das im Moment nicht vorstellen.
Gab es zwischendurch mal eine Zeitpunkt für dich, an dem du dich gefragt hast, warum du das alles überhaupt machst, ob sich ein Weitermachen überhaupt lohnt?
Klar. 2008 und auch letztes Jahr war das Festival kaum wirtschaftlich tragbar. Das liegt meines Erachtens zum Großteil am Wetter und an unvorhergesehenen Kosten, die teilweise eben auch durch das Wetter entstehen. Dem gegenüber stehen die minderen Einnahmen… durch die Kälte, die wir hatten, war der Bierumsatz katastrophal. Aber ich konnte die Leute verstehen, die bei 10 Grad und steifer Brise eher Bock auf Glühwein hatten. Ich will endlich mal wieder gutes Wetter. Seit 2003 hat es jedes Jahr geregnet.
Was unterscheidet das Rock Harz von anderen deutschen Festivals?
Zum einen natürlich die geografische Lage. Wir sind zum einen genau in der Mitte Deutschlands, zum anderen in einer Gegend, die so mythenbehaftet und geschichtsträchtig ist, dass sie für Metaller und Gothics eigentlich perfekt ist. Wir haben hier so viele Orte, die sagenumwoben sind und die die Phantasie anregen. Nimm nur mal die Teufelsmauer, an deren Fuß sich unser Gelände befindet… Der Brocken oder Blocksberg ist in Sichtweite. Der Hexentanzplatz einen Steinwurf entfernt. Was will man mehr?
Davon abgesehen haben wir das Konzept, dass wir keine Zeitüberschneidungen bei den Bands und zwei gleichwertige Bühnen haben. Und der Musikmix spricht glaube ich auch für sich. Im vergangenen Jahr von der Ersten Allgemeinen Verunsicherung über ASP bis zu WASP. Die Mischung und die Vielseitigkeit machts aus.
Wie schaut denn euer Alltag während der Festival-Tage aus?
Ich sag’s mal in einem Wort: Problembewältigung!:o)
Mal ehrlich, man hat viel um die Ohren, das kann ich hier kaum alles schreiben…
Bleibt dir selbst überhaupt noch Zeit, auch mal eine Band anzuschauen, oder stehst du die ganze Zeit unter Strom?
Eine komplette Band hab ich mir noch nicht anschauen können. Meistens guck ich mal ein bis zwei Songs von den Bands am Abend oder wenn zwischendurch mal Luft ist. Ist aber selten. Ich freue mich immer auf die DVD. Da kann ich dann schauen, wie die Bands waren…
Ihr habt die vergangenen Jahre immer ziemlich faire Preise auf dem Festival gehabt. Wie konntet ihr die Preise denn halten?
Das hat ziemlich was mit Selbstausbeutung zu tun und damit, dass die meisten Helfer ehrenamtlich gearbeitet haben. Mittlerweile verändern sich aber bei uns auch die Strukturen, weil viele Bereiche einfach professionalisiert werden müssen. Wir müssen nun wirtschaftlicher arbeiten als früher. Es gibt keine öffentlichen Zuschüsse mehr. Daher haben wir in den vergangenen Jahren immer leicht erhöhen müssen. Ich denke aber, dass wir immer noch zu den günstigsten Festivals dieser Größenordnung zu zählen sind. Ich kenne jedenfalls nichts vergleichbares, was günstiger wäre.
Wenn du dir drei Bands für das nächste Rock Harz aussuchen dürftest und Geld dabei keine Rolle spielen würde – welche würdest du nehmen?
Ich nenne jetzt mal absichtlich nicht die ganz Großen, das wäre ja langweilig. Obwohl wir natürlich gerne mal in Regionen schnuppern würden, wo eine Band wie Maiden bei einem spielt… Aber das ist ja momentan undenkbar. Deswegen nenne ich mal persönliche bzw. unrealistische Wünsche, die sicherlich ein Highlight wären:
1. Skyclad mit Martin Walkyier
2. King Diamond
3. Black Sabbath mit Ozzy, Dio (!), Tony Martin UND Ian Gillan
In 15 Jahren hat sich mit Sicherheit auch einiges Erzählenswertes angesammelt. Gibt es denn ein paar lustige und/oder verrückte Anekdoten?
Die beklopptesten Sachen darf man natürlich nicht erzählen, weil ich hier keinem ans Bein pissen will, aber besonders lustig fand ich Folgendes: Ein Gast hatte sich 2008 unter dem Zaun hindurch einen Gang in den Backstage gegraben und sich ins Catering Zelt geschmuggelt. Er hatte sich selber ein Bändchen gemalt, war aber von oben bis unten voll Schlamm, so dass wir ihn ziemlich schnell wieder rausbefördert haben… Die Securitx hat ihm dann auch das eigentliche Festivalbändchen abgeschnitten und ihn nach Hause geschickt… Zurecht, wie ich finde. Da hatte er es echt übertrieben.
2009 stand meine Freundin hinter dem Zaun neben der Bühne, als sich plötzlich ein von oben bis unten eingesauter Gast hinter dem Zaun aus der Erde wälzte… und siehe da: es war unser Freund von 2008. Er flog natürlich gleich wieder raus. Sein Festivalbändchen haben wir ihm diesmal aber gelassen… War halt irgendwie witzig – ein Pechvogel, wie er im Buche steht!
Gibt noch tausend andere Sachen… aber das würde hier den Rahmen sprengen.
Das Metal1.Brainstorming musst du natürlich auch noch über dich ergehen lassen. Was fällt dir denn spontan zu den folgenden Begriffen ein:
Ratzinger: Papst, für mich aber bedeutungslos…
Poker: Sonnenbrillenverbot!
China: Ente süß-sauer
Westerwelle: besserer Innenpolitiker als Außenpolitiker; wird glaube ich oft missverstanden…
Metal1.info: übersichtlich, aktuell, konzentriert und sympathisch!
Buddy, danke dir vielmals für deine Zeit und das Interview! Viel Erfolg mit dem Rock Harz 2010, wir sehen uns! Gibt es noch ein paar abschließende Worte, die du loswerden willst?
Klaro: wir sehen uns auf dem ROCKHARZ! Zumindest ich sehe Euch… hoffentlich nicht nur ein halbes Jahr später auf DVD :o).