Interview mit Jan Müller von Last One Dying

Nachdem sie 2006 mit ihrer EP „Anthems Of The Lost“ ordentlich Staub aufwirbeln konnten, legen LAST ONE DYING 2009 mit ihrem ersten Longplayer „The Hour Of Lead“ noch eine gute Portion drauf. Sänger Jan erzählt uns im Interview, wie ein Venom-Mitgründer zum 6ten Bandmitglied wurde, wo die musikalischen Wurzeln liegen und was für Musik sie eigentlich spielen.

Einen wunderbaren Tag wünsche ich! Schön, dass ihr euch die Zeit nehmt, wieder mal ein paar Fragen für uns zu beantworten. Wie ist denn das allgemeine Befinden?
Danke der Nachfrage. Soweit ist alles im Lot bei uns. Wir sind froh, dass der Release sauber über die Bühne gegangen ist und im Moment kümmern wir uns darum, die Scheibe auch in gebührendem Umfang und Rahmen auf die Bühnen zu bringen.

Drei Jahre, nachdem das Projekt LAST ONE DYING mit der „Anthems Of The Lost“ EP ziemlichen Wirbel erzeugte, steht ihr heute als vollwertige Band mit dickem Debüt-Album im Gepäck da. Wie fühlt sich das an?
Gut. Kann man nicht anders sagen. Auch wenn wir eigentlich immer noch nicht verstehen können, was da mit der EP damals passiert ist.

Wie würdet ihr nun jemandem, der noch nie von euch gehört hat, die Band und die Musik beschreiben? Wieso sollte man gerade eure CD kaufen?
Oh, das ist immer die Gretchenfrage für einen Musiker. Ich hab neulich in einer Review den Begriff „Retro-Metalcore“ gelesen und obwohl ich uns nicht wirklich als eine Metalcore-Band sehe, gefällt mir die Bezeichnung ganz gut. Wir versuchen halt, klassische und moderne Darreichungsformen des Metal miteinander zu verbinden. Deshalb sollte man sich auch die CD kaufen. Es sei denn, man will zum 15.000. Mal das gleiche Doublebass-Breakdown-Gewitter hören, dann sollte man die CD liegen lassen.

Gibt es Dinge am Album, die ihr schon jetzt anders machen würdet, irgendetwas, was euch stört? Was gefällt am Besten?
Die Frage ist ebenso unumgänglich, aber angebracht. Im Endeffekt ist der Moment, in dem man nichts mehr ändern will, bloße Utopie. Trotzdem sind wir sehr zufrieden.

Die Produktion passt meiner Meinung nach wunderbar zur Musik. Wie viel Einfluss hattet ihr da eigentlich? Wann genau habt ihr aufgenommen?
Oh, wir hatten sehr viel Möglichkeiten, die Produktion mitzugestalten. Der Herr Karwatka ist ein sehr gedudilger und experimentierfreudiger Mensch und hat stets ein offenes Ohr. Aufgenommen haben wir das Album über mehrere Monate, da wir ja alle noch unseren „day jobs“ gerecht werden mussten, das war im ersten Quartal 2008.

Die Musik selber ist ja immer noch ziemlich deutlich das, was man so gemeinhin als Metalcore betitelt, hat aber doch irgendwo eine eigene Ausrichtung. Wie seid ihr zu diesem Stil gelangt und wo würdet ihr euch vom „gemeinen Metalcorer“ abgrenzen?
Wie ich schon sagt, klar findet man einige Metalcore-Strukturen in unseren Songs, aber ich sehe uns trotzdem eher in der Death- oder Thrashecke. Wir versuchen, dynamische Songs zu schreiben und den Harmonien Raum zu lassen.

Wo liegen eure Haupteinflüsse beim Schreiben der Musik? Man hört wieder viel Killswitch Engage heraus, aber zum Beispiel auch etwas Heaven Shall Burn ;)
Oh, ich denke, dass wir unsere Einflüsse eher Bands wie Pantera, Metallica und Maiden verdanken als z.B. All That Remains oder As I Lay Dying (auch wenn so manche das gerne allein schon aufgrund des Wortes „Dying“ schon in die Musik hineininterpretieren wollen). Klar, an Killswitch kommt man in diesem Genre nicht vorbei, aber wir haben auch einfach einen ähnlichen Hang zu Epik. Darüber hinaus wird man ja sowieso schnell in einen Topf mit den Jungs geworfen, wenn man gebrüllte und cleane Gesangsparts hat. Heaven Shall Burn würde ich persönlich nicht in unseren Songs wiederfinden. Aber da soll sich jeder seine eigenen Eindrücke verschaffen.

Wie entsteht bei euch in der Band ein Song. Ist da zuerst der Text, die Riffs oder gar eine Idee für ein Drumpattern?
Oft sind es Riffs und Drumpattern, die zu einem Song führen. Ich hab immer ein paar Textfragmente auf Lager, wenn mir was einfällt, kritzel ich es hin – aber der eigentlich Text entsteht erst, wenn die Sturktur des Songs schon erkennbar ist.

Nochmal zeitlich ein wenig zurück: Wie erscheinen euch diese 3 jahre seit der EP im Rückblick. Immerhin hat sich einiges getan in der Zeit. Hat euch die Aufmerksamkeit, die ihr plötzlich bekamt, überrascht?
Absolut. L.O.D. war ja am Anfang ein reines Spaßprojekt. Wir hätten niemals erwartet, dass das so durchstarten würde. Wenn man sich das jetzt alles wachruft, wirkt das immer noch irgendwie surreal.

Was hättet ihr getan, wenn das gesamte Projekt grandios ins Wasser gefallen wäre?
Dann wären wir hinterhergesprungen und hätten es wieder an Land gezogen. Nein, wir waren ja eigentlich gar nicht auf Erfolg aus, wir hätten aus Spaß an der Sache weitergemacht. So wie jetzt auch.

Wie kam es dann zur Zusammenarbeit mit Jeff „Mantas“ Dunn, der euch ja auch 2008 auf Tour schon begleitet hat?
Unser Drummer Bodo hat mit Jeff ein Projekt, für das er immer wieder mal nach England düsen muss. Wir haben ihn dann einfach für ein Gastsolo angefragt. Die Idee mit der gemeinsamen Tour kam uns dann später. Und jetzt sind wir richtig dicke Kumpels. Mantas ist so ne Art 6. Bandmitglied geworden.

Erzählt doch mal was zum Album! Gibt es ein Konzept? Wenn ja, worum geht es? Und inwiefern passt das Artwork da hinein?
Es gibt ein Konzept, gleichwohl ist es kein Konzeptalbum. Die Songs sind nicht zwingend miteinander verbunden. Wer sich davon ein Bild machen will, soll mal die Texte studieren. Und das Artwork wird dem Umstand gerecht, dass sich da etwas Fieses, Böses im Ansturm befindet.

Mein eigener Eindruck der Scheibe war dann ja doch mit 8 von 10 Punkten ziemlich gut. Doch wie ist sie ansonsten bisher aufgenommen worden?
Das Gros der Rezensionen und der persönlichen Feedbacks war ausgesprochen gut. Natürlich gab es den einen oder anderen Verriss. Wir versuchen aber immer, uns da nicht zu sehr tangieren zu lassen, damit das keinen Einfluss auf unsere eigene Wahrnehmung dieses Band nimmt. Man schreibt ja seine Musik nicht für die Presse. trotzdem stößt es schon sauer auf, wenn man immer wieder diese Begriffe wie „Caliban-Klon“ etc. aufschnappt. Da muss ich leider sagen, wird das behauptet, ist entweder schon total übersättigt, oder hat sich das Album schlicht nicht wirklich angehört. Die Scheibe entfaltet sich nun mal und ist kein Soundtrack zum Bügeln oder Küche aufräumen.

Geht es bald wieder auf Tour oder seid ihr momentan sogar noch am Touren? Beim Summer Breeze wart ihr dieses Jahr zu meiner Enttäuschung ja leider nicht mehr dabei.
Wir hoffen doch, dass es bald wieder ein Tour gibt. Wir stecken noch in der Planung und da stehen noch einige Gespräche an. Aber dazu wird es auf jeden Fall in naher Zukunft Neues zu berichten geben!

Wie ich las, ist Bodo ja nun seit einiger Zeit auch bei Callejon am Knüppeln. Wie sind da die Prioritäten verteilt? Ist er der einzige, der sich ein weiteres Projekt „gönnt“?
Im Moment ist nur Bodo abseits der Band musikalisch aktiv. Aber er ist ja auch hauptberuflich Drummer, da wäre es ja schlimm, wenn das nicht so wäre. Ich persönlich hab ein paar Ideen für zusätzliche Projekte, aber bin zeitlich nicht so flexibel. Ich singe aber hin und wieder ein Feature ein.

Sucht man euch bei Google, findet sich natürlich die Myspace-Seite, um die man – wie ihr uns selber 2007 verraten habt – heute wohl nicht rumkommt als Musiker. Aber auch eine Seite bei dooload findet man da, die alles andere als aktuell ist und keine dedizierte Homepage. Meint ihr, Myspace reicht aus, um sich in der Informationsgesellschaft prominent zu positionieren?
Langfristig sicher nicht. Man kommt als Musiker nicht mehr um MySpace herum, aber unsere eigene Website wird gerade frisch zusammengebastelt. Einige Accounts auf anderen Plattformen stammen zu unserer Verwunderung gar nicht von uns. Die haben Dritte eingestellt. Da werden wir aber auch noch nacharbeiten.

Überhaupt seid ihr keine Band, die von einer Plattenfirma wie Nuclear Blast im Rücken gnadenlos gehypt wird, sondern habt euch eure Fans und Bewunderer sowie auch Kritiker in dieser ganzen Zeit nach und nach erspielt. Könnte sich das einmal ändern?
Wir sind für jedes Gespräch offen. Aber wir haben kein Interesse daran, uns zu verkaufen.

Wie steht ihr zu Bands, die, aus dem Nichts kommend, von einer Plattenfirma im Rücken von jetzt auf gleich hochgepusht werden?
Wenn sie dann auch gut sind, finde ich das völlig in Ordnung. Leider gibt es mittlerweile gerade im Metalbereich unheimlich viel zusammengecastete Playbackscheiße. Das sollte sich bitte wieder ändern.

Und nun natürlich noch unser größtenteils beliebtes metal1.Assoziationsspielchen. Einfach zu jedem Begriff sagen, was euch als erstes in den Sinn kommt, aber ihr kennt das ja sicher noch ;)
Funny van Dannen: …war mal Heino-Parodist. Klingt komisch, is aber so.
Musikindustrie: Das alte Geschäftsmodell ist meiner Meinung nach vor dem Aus. Die Probleme sind aber auch selbstgemacht. Da liegen spannende Zeiten vor uns.
Bundestagswahl: Hingehen!
Afghanistan: war schon immer ein gepeinigtes Land, die Truppen da unten machen das mit der bisherigen Strategie auch nicht besser. Es ist entsetzlich, wie ökonomisch schwächere Regionen als Spielball industrieller Interessen unter dem Deckmantel der Politik missbraucht werden.
Gorleben: Da bin ich mal total verstrahlt aufgewacht… ja, der war schlecht. Sorry. Ich hoffe, die Proteste gehen weiter. Man kann sich nicht jeden Scheiß bieten lassen. 2015 laufen die Nutzungsrechte aus und dann ist das Thema erledigt. Also, durchalten!

Ich danke vielmals für das Interview, wünsche alles gute und hoffe man sieht sich mal wieder irgendwo :) Euch gebührt natürlich das letzte Wort.
Da sag ich doch, wie sonst auch… Rosebud!

Geschrieben am von Metal1.info

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