Interview mit Vinctor von Janus

Janus – eine Band, die sich trotz düsterer Ästhetik nicht so gut verkauft wie Andrea Bocelli. Doch publikumswirksamer Aufhänger beiseite, diese junge italienische Band verriet uns so einiges rund um ihre Musik und um ihr seelisches Leben; nicht verpassen!

English original…

Grüße, Vinctor! Wie geht es so, „Fulgures“ wird ja gut bewertet, wie ich häufig las?
Nun, als ich diese Frage beantwortete, wurde FVLGVRES gerade vor einer Woche veröffentlicht, aber ich hatte schon viele Rezensionen gelesen, welche glücklicherweise positiv waren.

Da ihr mir bisher unbekannt wart, erzähle doch bitte einfach mal ein wenig über den Werdegang von Janus:
Ich gründete JANVS 2003. Nach ein paar Jahren, in welchen ich mehr mit mir haderte, weil in mir eine Art Unruhe war, stellte ich „Nigredo“ (das erste Album – Red.) fertig, was ich ganz alleine tat. Ich nahm auf, mixte usw. und das alles ohne jegliche Erfahrung als Musiker oder Soundingenieur/Produzent. Ich bin damit aber dennoch unzufrieden, weil in „Nigredo“ gute Ideenstecken sowie einige Gefühlsunikate, die aber nicht so zur Geltung kommen, wie sie es verdient hätten, was daran liegt, dass ich damals wirklich nur unzureichende Fähigkeiten besaß.

Das Booklet zu „Fulgures“ ist interessant, es sieht gar nicht aus wie das einer Black Metal-Scheibe. Wie kam es zu der dennoch zweifellos schönen Gestaltung?
Danke dir. Das war ein ganz natürlicher Prozess, Malphas ist für die Gestaltung verantwortlich und wir verstehen einander sehr gut, wenn es darum geht, unseren Stil und unsere Persönlichkeit visuell darzustellen.

In meiner Rezension schrieb ich, dass man eure CD mit diesem Booklet ruhigen Gewissens neben Andrea Bocelli oder eben von der Masse geschätzte Künstler stellen könnte, was meinst du?
Nun, ich denke, dass viele kommerziell erfolgreiche Bands dunkle Farben zur Covergestaltung sowie generell dunkle/gewaltsame Ästhetik für Bilder und Texte nutzen. Natürlich nicht nur auf Metalbands bezogen. Ich glaube aber nicht, dass solcherlei Dinge heutzutage noch so bedeutungsvoll sind, weil mittlerweile alles schnell akzeptiert wird. Cannibal Corpse haben schon mehr als eine Millionen Platten verkauft, Marylin Manson vermutlich das hundertfache und ich denke nicht, dass ich mehr als sie verkaufen werde, nur weil mein Cover nicht dunkel gestaltet ist…und das sind nur die beiden beispiele, die mir als erstes in den Sinn kamen. Wie auch immer, ich kümmere mich weder um solche Dinge noch vertraue ich auf verschiedene Dinge, wie billige Schockeffekte, um meine Musik zu unterstützen; Meine Band entspricht dem nicht und wir werden uns auch nicht so zeigen. Ich tue nur, was ich tun muss und das auf eine ehrliche Art und Weise. Wenn die Leute das nicht mögen, dann steht es ihnen frei, uns nicht zuzuhören.

Wie ist euer Debüt eigentlich so im Vergleich zu „Fulgures“?
Sie entstammen derselben Quelle und ich denke, das ist nicht schwer herauszuhören. Wenn man vom Stil und der Produktion aber absieht, gehen sie in verschiedene Richtungen. „Nigredo“ ähnelt „Filosofem“ sehr stark, es beinhaltet keinen „Tamtam-Hit“, kein schnelles Tempo, kein einziges Tremolo-Picking, keinen Power Chord, es ist sogar extremer als „Filosofem“, wenn man von ein paar Sichtweisen ausgeht: FVLGVRES beinhaltet aber all das, was ich ansprach. „Nigredo“ ist nicht gut produziert, FVLGVRES klingt hingegen sehr natürlich und ist gut produziert, weil ich einfach viel Energie hineinsteckte. Emotional und konzeptuell gesehen ähneln sich beide sehr stark und sind zeitgleich doch meilenweit voneinander entfernt.

Ich bin des Italienischen nicht gerade mächtig, wovon handeln eure Texte?
Im Booklet gibt es zu allen Texten eine englische Version.
Nun, jeder Song hat eine eigene Bedeutung. Jedes Lied fängt einen speziellen Moment, einen speziellen Gedanken, einen speziellen Geisteszustand, eine Emotion oder ein Gefühl ein, welche es schaffen, mir Wissen, Bewusstsein und kurzzeitige, transzendentale Erfahrungen zu vermitteln. Alles davon hat die Kraft, in mir etwas zu zerschmettern, was zerstört werden muss, damit ich mich fortentwickeln kann. Fulgures ist Lateinisch und bedeutet soviel wie Blitze; jedes Lied ist wie ein Blitz, welcher zugleich erhellt und zerstört. Sie sind Instrumente der Reinheit und der Gewalt. Dies entspricht einigen der symbolischen Bedeutungen, die Götter wie Giove, Indra und Thor besitzen. Jeder Song drückt einen konstanten Zwist gegen den Kummer, die Hoffnungslosigkeit, die Korruption, die mit der Moderne einhergeht, aus. Ein Zwist gegen das Meer und die Fluten der Zukunft. Und natürlich auch ein Hader mit mir selbst. Ein Kampf, der in diesen dunklen Tagen ausgetragen werden muss, in denen alle Referenzpunkte verloren sind und in denen die schwächeren Kräfte des Universums unter den Menschen immer stärker werden.

Kann man dich eigentlich als den Kopf von Janus bezeichnen oder trifft das nicht wirklich zu?
Ahm, ja, ich denke, das trifft die Sache sehr gut.

Weshalb nennt ihr euch eigentlich Janus? Wo gebt ihr euch in eurer Musik doppelsinnig? Ich meine, vielfältig seid ihr…
Ich denke, so vielfältig ist unsere Musik gar nicht. Ich denke, die meiste Doppelsinnigkeit in unserer Musik ist die, dass wir zum einen tief melancholisch und auf der anderen Seite zur gleichen Zeit mit einer Art romantischen Aggressivität agieren. Ein bestimmter Kontrast zwischen Rhythmus und Melodie quasi. Daneben ist Janus natürlich der Gott der Gegenteile, ein exklusiv italienischer Gott, bei dem jede Anspannung einen Platz und ihre ewigliche sowie transzendentale Auflösung findet. Die zwei gegensätzlichen Gesichter und das dritte unsichtbare. Konstante Bewegung, die darauf abzielt, die eigene Auslöschung in wahrem Frieden zu finden. Diese Symbolik passt perfekt zu meiner Natur und meiner Essenz.

Gibt es im normalen Leben so Situationen, wo ihr euch janusgesichtig zeigt?
Das kann ich nur schwer sagen, das solltest du eher die Leute fragen, die viel mit mir zu tun haben. Mal abgesehen davon, dass ich irrsinnig bin glaube ich nicht, dass ich so doppelsinnig im normalen Leben agiere. Da ist immer etwas, was ich nach außen hin nicht zeige, weil ich das nicht möchte und nicht kann. Dinge werden auf einem profunden Niveau ernst, ich möchte dieses Thema aber nicht allzu sehr ausweiten. Das ist etwas, was sich zu gegebener Zeit von selbst zeigen wird.

Mich wundert es ehrlich gesagt nicht, dass ihr bei ATMF unter Vertrag seid, denn die anderen dort vertretenen Gruppen sind euch ähnlich. Klassische, epische Klänge machen auch bei ihnen so einiges aus, die Musik lebt eben von der Atmosphäre. Wie bei euch, oder?
Ich denke, dass ATMF gut handelt; sie nehmen vielversprechende Bands unter Vertrag, die genau wie das Label selbst nach Weiterentwicklung streben. ATMF steht für Musik, die interessante Konzepte, Gefühle, Visionen und Ideen verkörpert. Heutzutage gibt es nicht viele Labels, die so passioniert diesen Weg gehen.

Was hälst du eigentlich von italienischem Black Metal? Hast du ein paar Empfehlungen für uns parat? Ich schätze ja zum Beispiel Melencolia Estatica, Absentia Lunae und natürlich V.E.G.A.…
Bald wird eine unübliche Kompilation veröffentlicht werden, in welcher die besseren (meine Meinung) italienischen Bands exklusive Songs beisteuern. Hierbei geht es um eine konzeptionelle Arbeit über alte römische Traditionen. Mehr Informationen unter: www.signum-martis.org
Ich glaube zwar nicht, dass andere Bands meine Unterstützung brauchen aber…alte Aborym, Visthia, Throne of Decadence und falls man mehr auf Mixturen mit anderen Genres steht: Void of Silence und Tronus Abyss. Das nächste Locus Mortis-Album wird sehr gut werden, denke ich außerdem. Mein Gedächtnis ist aber leider sehr schlecht, vergebe mir bitte.

Euer Label nennt Musik wie eure „Spiritual Black Metal“, was mir durchaus einleuchtet. Wie sehr, meint ihr, wird sich dieses Wort und die damit verbundene Musik durchsetzen? Ich meine, wird Black Metal in Zukunft immer bedachter und besinnlicher werden?
Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was andere tun und es betrübt mich auch nicht gerade. Was allerdings ganz sicher so ist, ist, dass einige Leute gelangweilt von dem sind, was Black Metal heutzutage bietet. Darum wollen sie einen Schritt vorangehen, viele Leute wollen reifen und verstehen, was hinter ihrer Unruhe und ihrer spirituellen Anspannung steht. Ich bin immer froh, wenn ich einer Sache lausche, mit der ich einige Sachen gemein habe aber ich würde niemals jemanden dazu zwingen, denselben Weg zu gehen. Jeder muss das tun, zu dem er sich berufen fühlt, die „Szene“ und solcherlei Sachen sind nicht so bedeutungsvoll, Dinge müssen natürlich geschehen.

Wie tiefgründig, wie emotional kann Musik sein? Gibt es da ein Limit, eine Grenze, oder kann Musik prinzipiell alles?
Das ist wirklich schwer zu sagen und ich denke, es hängt von der individuellen Sensibilität ab. Musik hat nicht über jede Person dieselbe Macht, es gibt große Unterschiede dazwischen, wie Menschen auf Musik reagieren. Ich weiß nicht, ob Musik allmächtig ist aber weise Menschen (Plato zum Beispiel) sahen Musik immer als elementaren Teil der menschlichen Gesellschaft an (sowohl gut als auch schlecht). Heutzutage offeriert Musik etwas, welches das Leben nur sehr selten bestimmten Personen zuteil wird. Ich denke nicht, dass Musik meine Essenz ist aber ich glaube, dass ich ohne Musik sicherlich sehr schnell sterben würde.

So, letzte Frage: Was habt ihr nun als nächstes vor?
Ich möchte ein neues Album im Zeitraum von einem Jahr aufnehmen, welches FVLGVRES zerschlagen wird. Ich denke, das werden wir erreichen.

Das war es auch schon, ich danke dir, es war sehr interessant!
Für mich ebenso! Danke für den Support!

Geschrieben am von Metal1.info

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