Interview mit Herman Li von Dragonforce

Dragonforce waren im Frühjahr diesen Jahres zusammen mit Edguy auf großer Europatournee. Am 18. Februar konnte Marius vor der Show in Kaufbeuren über die Tour, das aktuelle Album „Inhuman Rampage“ und den Stil der Band sprechen.

Viele behaupten, dass es im Power Metal textlich nur darum geht, die Prinzessin zu retten, den Drachen zu töten und so weiter. Der Name Dragonforce trifft dieses Klischee zu 100%. Warum habt ihr euch für diesen Namen entschieden?
Nun, wir haben den Namen als Metalband gewählt und nicht gedacht, „Wow, Drachen, lass uns das so machen“. Weißt du, Leute werden immer irgendwas über irgendwas sagen. Unsere Texte handeln auch gar nicht von diesen Themen… Aber, hey, sie sind offen für Interpretationen.

Ich meinte auch nur den Bandnamen…
Der Name… Weißt du… Die Band hat sich so entwickelt, heutzutage nicht mehr Power Metal sein zu müssen. Manche sagen, es ist Power Metal… Es kommt einfach darauf an, wie du es nennen willst…

Im Januar ist euer neues Album „Inhuman Rampage“ von Noise Records veröffentlicht worden. Kannst du uns von den ersten Reaktionen erzählen?
Ah, die waren überall sehr gut, wir machen ja auch eine Welttournee für das Album. Es ist wirklich großartig und es ist unsere Musik, die im Radio und im TV und überall ist, wirklich großartig.

Mit eurem neuen Album wurdet ihr von einer ziemlich unbekannten Band zu einem Topact im Power Metal Bereich gepusht… Wie gehst du mit diesem plötzlichen Enthusiasmus und der Euphorie um?
Ich denke nicht, dass es so plötzlich kam. Ich meine, uns gibts nun schon sechs Jahre und wir haben getourt… Du kennst alle Alben, du weißt, dass wir die Tour mit Iron Maiden hatten, wir haben die Festivals gespielt und das alles… Also denke ich nicht, dass es einfach so passiert ist, wie manche Leute denken.

Ihr unterstützt Edguy auf deren Tour. Ihr seid der Supportact, aber in Amerika und England seid ihr wohl bekannter und könntet dort als Headliner spielen.
In Großbritannien sind wir der Headliner auf der Tour.

Edguy unterstützen euch dort?
Ja, so ist es! Weißt du, sie haben acht Alben und spielen schon lange in Europa. Das ist deren Ding, wir spielen dafür schon seit langer Zeit in Großbritannien.

Wenn ich die „Inhuman Rampage“ höre, stelle ich fest, dass ihr durchgehend High-Speed spielt. Was sind die Gründe dafür, könnt ihr euch nicht auch manchmal ein wenig bremsen?
(lacht ein wenig) Es ist der gleiche Grund, warum manche immer langsam spielen. Sie denken, dieses Tempo zu spielen ist das beste und wir denken, in dieser schnellen Geschwindigkeit zu spielen ist das beste für die Musik. Wenn jemand sagt, wir spielen nur schnelles Zeug würde er genau so sagen, wir spielen nur langsame Sachen, wenn es andersrum wäre. Ich meine, warum sollten wir wegen irgendwas schuldig sein? Es kommt immer aufs gleiche raus. Ich denke also, dass unsere Geschwindigkeit das beste für die Melodien ist, das mit der meisten Enegrie und so.

Kommen wir zu eueren Partnern Edguy, sie spielen Mid-Tempo-Musik, die man schon fast als Hardrock bezeichnen kann… Magst du es?
Gut, ich habe mir Edguy zumindest mal angehört, ich kenne zwei Alben oder so. Heutzutage höre ich die aber nicht mehr, weil ich denke, dass sich der Musikstil weiterentwickeln sollte. Weißt du, sie… nein, nicht alle ihre Alben klingen gleich, ich denke schon, dass alle ihre Alben unterschiedlich sind. Momentan höre ich aber lieber anderes Zeug. Der Grund, warum wir mit Dragonforce so schnell spielen ist, dass diese Musik am besten mit diesem Tempo funktioniert, so wie wir sie spielen. Wir machen einfach keine mittelschnellen Lieder, weil sie einfach nicht besser sind, als schnelle Lieder… (lacht)

Hattet ihr Spaß auf der Tour?
Yeah, natürlich hatten wir Spaß auf der Tour, wenn auch mehr in Großbritannien, als woanders. Wenn man als Headliner spielt und eine Stunde und 45 Minuten Zeit hat, langweilt es halt irgendwann, wenn wir nicht headlinen und nur 45 Minuten Spielzeit bekommen. Das sind bei uns gerade mal fünf Songs, weil die bei uns so lang sind.

Sind die deutschen und englischen Fans sehr unterschiedlich?
Absolut unterschiedlich, weißt du, die ganze Energie ist anders. Ich denke, unsere Fans in England sind auch ganz verschieden, ebenso wie die Musik die sie hören, es ist nicht so, dass sie nur Power Metal-Bands hören. Es gibt auch Fans, die Trivium, Bullet For My Valentine, Slipknot und Funeral For A Friend und sowas hören. Wir sind nicht mehr nur auf Metal beschränkt und auch nicht auf ein bestimmtes Publikum.

Was passiert momentan in der britischen Szene allgemein? Fokussiert man sich da auf eine bestimmte Metal-Art?
Nicht wirklich, ich denke, es ist aktuell alles ziemlich verschieden. Momentan ist die britische Metalszene wirklich gut. Es wäre doch langweilig, wenn man nur eine Szene hätte und alle die gleiche Musik hören würden. Wir unterstützen die jungen Bands mit ihrem melodischen Metal, nicht nur die alten klassischen und legendären Bands.

Kommen wir zum nächsten Punkt. Saxon, Iron Maiden, Judas Priest, sie kommen alle aus England. Wenn eine neue Band ein neues Album veröffentlicht wird, werden sie bei euch mit solchen Legenden verglichen?
Es gibt immer gewisse Vergleiche. Aber auch nicht wirklich, sie vergleichen uns nicht direkt mit diesen Bands. Weil, weißt du, wir spielen Stile, die Death Metal mit Blastbeats vermischen… Ich denke, eine neue britische Band muss aktuell erstmal in der Szene überleben. Sie können nicht einfach wie die alten klassischen Bands spielen, wie diese es früher gemacht haben. Jetzt wissen wir.

Und was denkst du von älterer Musik wie Maiden?
Es ist cool. Ich höre es mir an und habe die Alben, aber ich denke, einige der neuen Bands können etwas bieten, dass die alten Bands nicht können.

Seid ihr mit anderen Bands verglichen worden?
Wir sind schon immer mit verschiedenen Bands von Detah Metal über Power Metal bis Hardrock verglichen worden.

Welche denn zum Beispiel?
Manche Leute meinen, wir klingen wie eine Mischung aus Rhapsody und Children Of Bodom, andere sagen, wir klingen wie eine pure Kopie irgendeiner anderen Band. Manche sagen aber auch, wir klingen wie ein Videospiel.

Nintendo Metal ;)
Ja, was auch immer. Manche Leute sagen auch, wir klingen wie Dragonforce.

Was denkst du von solchen Klischee-Bands wie Rhapsody? Die sind ja das beste Beispiel für das „Dämonen, Drachen & Krieger“-Klischee.
Ich denke eigentlich gar nicht, dass sie so klischeetriefend sind. Als sie neu waren, machten sie etwas anderes, mit dem Orchester und der Art und Weise, wie sie ihre Lieder arrangierten. Ich denke wirklich nicht, dass sie derart Klischees verkörpern, wie die meisten sagen.

Du meinst, sie haben das Klischee erschaffen?
Nein, würde ich nicht sagen. Rhapsody haben ihren eigenen Sound, was auch immer die Leute sagen, kitschig oder nicht, sie haben ihren eigenen Sound, sie haben ihre eigene Art mit dem Orchester-Ding. Wir spielen nicht wie sie und ich kenne auch keine andere Band, die es genau so macht. Ihre Art war eben einfach was anderes, als sie daherkamen. Nicht wirklich viele Bands kopieren sie und sie selbst spielen weiterhin ihren eigenen Stil. Du kannst auch nicht sagen, dass du deinen Stil ändern musst, wenn ihn irgendwer kopiert und dass es furchtbar wäre, deinen Stil beizubehalten.

Wie kann man auf lange Zeit noch innovative und frische Musik im eher limitierten Power Metal-Sektor machen?
Nun, ich denke mit unseren Alben, dem zweiten „Sonic Firestorm“ und dem dritten haben wir wirklich etwas anderes gemacht, weil es nicht nur um die Geschwindigkeit geht, sondern um das Gesamte, die Energie, das Bühnenverhalten, die Gitarren. Du brauchst von allem etwas, um was Großes zu schaffen. Da ist ein neues Album, dass genau das mit dem Speed macht, was schon das zweite gemacht hat. Ich finde, das zweite Album ist wegen den Blastbeats und schnellen Gitarren das urpsünglichste.

Denkst du, du kannst die Fans nur mit großen technischen Fähigkeiten an den Instrumenten und dauerhaftem Highspeed-Spiel für Musik begeistern?
Nein. Nein, das wäre langweilig. Wenn wir ein Lied schreiben, konzentrieren wir uns immer erst auf den Gesang, Melodien, Refrain, Strophen, dann kommen erst die Solos. Alles andere, die Geschwindigkeit oder sonst was ist der Hauptteil des Songs, danach bilden wir alles andere drum herum, die Solos kommen erst nachher. Leute, die unsere Musik hören und selbst nicht Gitarre spielen können die Gitarre auch nicht verstehen, sie mögen den Gesang und die Melodien und das alles, so haben wir dann für jeden etwas. Für die, die es schneller mögen und für die, die die Gitarren mögen. Vielleicht mögen sie den Gesangsstil nicht, aber so gibt es für jeden etwas.

Death Metaller hören normalerweise eher Nile oder sowas, aber ich denke, manche hören auch euere Musik.
Jau, wir haben viele Black und Death Metal Fans, oder Fans von Metalcore-Bands. Das ist unabsichtlich, sie können Stratovarius etwa nicht hören, weil sie es zu weich und langsam finden, es ist anders.

Aber auch Stratovarius benutzen oft Doublebass-Drumming.
Ja, schon, aber es ist sehr langsam im Vergleich zu der Geschwindigkeit, die wir in jeden Song packen. Weißt du, es ist halt einfach ein anderer Musikstil. Wir haben Power Metal-Einflüsse, aber in unserer Musik gibt es mehr Nicht- Power-Metal- Einflüsse als Power Metal. Wegen dem melodischen Gesang bezeichnen es oft viele als Power Metal, obwohl es eher Hardrock-Gesang ist.

Ja, ich denke, wenn ihr Growls verwenden würdet, würde man euch als Death Metal bezeichnen.
Yeah, ganz genau, wenn wir „Wooaahh“-Gesänge oder sowas haben würden, würde man uns als Melodic Death bezeichnen. Der Gesang machts halt aus.

Welche Bands sind momentan deine Favoriten?
Hm, ich habe nicht wirklich favorisierte Bands. Ich mag sehr gerne Gitarrenmusik wie Steve Vai, Joe Satriani, Dream Theater, Symphony X, Iron Maiden…

Und magst du auch Bands wie Stratovarius oder Yngwie Malsteem mit dem Hang zu Heavy Metal, harten Riffs und all dem, und magst du es so gerne wie Steve Vai, der ja nicht mehr wirklich Metal spielt?
Ja, ich mag beides, es hängt davon ab, ob sie ein gutes Album machen oder nicht. Ich mag Labyrinth, die sind ziemlich cool, ich häre aber auch gerne Zeug wie Gamma Ray und Helloween, ich höre es immer noch, auch wenn ich deren neue Sachen nicht mehr wirklich mag. Ich höre auch Trivium und Bullet For My Valentine, das gibt mir was.

Helloween haben coole Gitarren und alles und, ähm, Hammerfall, kennst du die?
Ja.

Sie spielen einen in etwa ähnlichen Stil, aber ohne diese anspruchsvollen Gitarrensoli. Magst du die auch?
Ich finde nun nicht, dass es bei Helloween so viel anspruchsvolles Gitarrenspiel gibt, nicht zu vergleichen mit den alten Tagen. Die Musik der 80er Generation entwickelt sich weiter. Ich meine die vermehrten fortschrittlichen Gitarren, Helloween ist nun nicht wie Steve Vai oder Joe Satriani, es ist nicht mal annähernd auf diesem Level der Fortschrittlichkeit.

Und verglichen mit den alten Tagen?
Nun, kommt darauf an. Ich finde, Labyrinth waren mit ihrem „Return To Heaven Denied“-Album wirklich gut, darauf gabs großartige Gitarren zu hören. Die Doppel bei den Solos etwa sind fortschrittlicher als Helloween jemals waren, meiner Meinung nach halt. Der Typ von Rage ist auch wirklich gut.

Ist irgendeine Änderung in euerem Stil in Sicht?
Nein, wir haben viele Jahre darin investiert, unseren eigenen Stil aufzubauen. Wir wollen ihn nicht ändern, auch wenn es immer die Leute geben wird, die sagen „Oh… noch ein Dragonforce-Album, das klingt alles gleich…“. Das ist unser Stil! Wenn wir ihn ändern, beschweren sich die Leute… „Oh, warum haben Dragonforce ihren Stil geändert?“, und dann hast du eben auch die Leute, die sagen, dass alle Alben gleich klingen. Das tun sie aber nicht, diese Leute urteilen, ohne der Musik wirklich zuzuhören.

Werdet ihr in diesem Jahr in Deutschland einige Festivals spielen?
Ich hoffe es, wir arbeiten daran.

Wacken?
Da waren wir schon letztes Jahr, ich denke also nicht, dass wir ein zweites mal hintereinander dort spielen können. Aber in Deutschland gibt es so viele Festivals, ich bin mir also sicher, dass wir auf einem davon auftreten werden.

Was denkst du von Festivals im Allgemeinen, die Atmosphäre und die Leute?
Nun, Festivals sind cool, auf einem Festival zu spielen auch, weil da auch all die Kinder von den Leuten sind, die Death Metal, Power Metal, Thrash Metal hören. Festivals arbeiten wirklich für uns, weil wir so viele verschiedene Fans aus verschiedenen Richtungen erreichen können. Wenn wir auf einem reinen Power Metal Festival spielen, läuft das nicht so gut. Es ist großartig, wenn die Fans nicht nur eine Art von Musik hören. Die meisten Festivals sind heutzutage sehr abwechslungsreich, was wirklich cool ist.

Nun zum letzten Thema, dem Internet. Wie ist deine Meinung zu illegalen Download-Programmen?
Die kümmern mich nicht wirklich. Uns persönlich verletzt das nicht so sehr. Ich glaube nämlich, dass man als Musiker einfach will, dass die Leute deine Musik hören, und wir haben nichts zu verstecken. Sie laden das Album runter, hören es sich an, mögen es und kaufen es normalerweise. Wenn sie es nicht mögen, dann kümmern sie sich so und so nicht darum.

Wie stehst du zu Webzines?
Ich denke, das ist ganz gut. Früher konnten Bands nur über die Printmedien bekannt gemacht werden, heute passiert das viel ausgiebiger, ich finde das gut. Das Internet entblößt auch Bands, die nie ihre Setlist ändern wollen und einfach nur immer das gleiche Set immer und immer wieder spielen. Du weißt ja, wenn eine Band eine Show spielt, ist die Setlist im Internet. Ich finde es ziemlich faul, immer wieder das gleiche zu sagen. Ich denke, es hilft vor allem den Bands, die auch mal was anderes machen wollen. Nicht bei jeder Show genau das gleiche, das selbe sagen. Das ist langweilig und aufgesetzt. Wir arbeiten nie unsere Ansagen aus und sind auf der Bühne einfach spontan.

Okay, letzte Frage: Kanntest du Metal1 vor diesem Interview?
Ah, ich weiß nicht, ist es in deutsch?

Ja.
Okay, deswegen kannte ich es nicht, ich spreche kein deutsch.

Okay, dann danke nochmal!

Geschrieben am von Metal1.info

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