Interview mit Mike Terrana

Ein Interview der etwas anderen Art hat Alexander mit Mike Terrana (u.a. RAGE) geführt. Lest hier über seinen musikalischen Hintergrund, Techniken, die Anfänge seiner Karriere und mehr!

Vielleicht kannst du erst mal ganz allgemein deine Einstellung zur Musik in ein paar einleitenden Worten kund tun!
Nun, zuerst mal bin ich stolz darauf sagen zu können, dass ich von der Musik lebe. Davon habe ich immer geträumt als ich noch jung war…und es hat halt ungefähr 20 Jahre gedauert, um das möglich zu machen. Es war ein langer und manchmal schmerzhafter Prozess, aber ich möchte nichts daran ändern. Ich liebe das Schlagzeugspielen und ich liebe es, viele verschiedene Arten von Musik mit vielen verschiedenen Musikern überall auf der Welt zu machen. Die Musik ist für mich mehr geworden als ein Job oder ein Hobby… sie ist mein Leben.

Warum hast du angefangen, Schlagzeug zu spielen?? Warum nicht Gitarre, Geige oder Saxophon?
Ich bin mir nicht wirklich sicher, warum ich mit dem Schlagzeugspielen angefangen habe… wie die meisten Kids wollte ich zuerst Gitarre spielen lernen, aber dann eines Tages saß ich auf dem Rücksitz im Auto meiner Mutter, während ich einen Song der Rolling Stones namens “Hey You Get Off Of My Cloud” hörte und ich stellte fest, dass ich einen einfachen Beat halten konnte… und ich dachte “wow, das ist cool”… das hat Spaß gemacht. Das hat es damals und das tut es noch heute!
Ich glaube, ich stand auch auf das Aussehen der Drums… Ich mochte das Chrom und die ganze verrückte Hardware, aus der das Kit bestand. Außerdem gefiel mir die Tatsache, dass das Schlagzeug eine Art körperliches Instrument ist. Ich war ein recht hyperaktives Kind… Ich hab damals auch viel Sport getrieben… also war es für mich irgendwie natürlich, mit dem Schlagzeugspielen anzufangen.

Erinnerst du dich noch an deinen ersten Lehrer? Was hat er/sie dir beigebracht und inwiefern hast du davon profitiert?
Ich erinnere mich noch, mein erster Schlagzeuglehrer in der Grundschule war eine Frau… sie hat mich zu Tode gelangweilt… sie lies uns nicht die Snare Drums spielen… wir haben nur Noten gelesen und auf einem Tisch getrommelt… WOW, das war echt klasse… NICHT!
Ich hatte bereits ein komplettes Schlagzeug zu Hause, als ich 8 Jahre alt war. Ich erinnere mich noch, ich kam von der Schule total frustriert nach Hause und sagte zu meiner Mutter, dass ich keinen Unterricht mehr haben wolle… dann ging ich in den Keller und trommelte zu meinen Beatlesplatten… das war spaßig und es war musikalisch! Ich schätze, diese Frau hat mich mit in die richtige Richtung gelenkt, weil sie einfach ein schrecklicher Lehrer war.

Was für Musik magst du neben Metal?
Ich mag eigentlich alle Arten von Musik. Ich versuche immer, jeder Art von Musik eine Chance zu geben und darin etwas gutes, oder interessantes zu finden, bevor ich mein Urteil dazu fälle. Ich habe außerdem über die Jahre gelernt, das Musik etwas sehr persönliches ist. Sie ist wie die Kleidung die wir tragen… was ich liebe, hasst vielleicht jemand anderes… also verschwende ich nicht so viel Zeit, darüber zu diskutieren. Ich glaube, es gibt zwei Arten von Musik: gute und schlechte… und jeder muss darüber ganz individuell für sich entscheiden. Jetzt scheint es allerdings so, dass die Massenmedien sowas für die meisten entscheiden… MTV ist da wahrscheinlich Haupttäter. MTV ist eine schreckliche amerikanische Erfindung!

Hat du Musik studiert? Wenn ja, wann und wo, und was genau war dein Fach? Welche wichtigen Erfahrungen hast du da gemacht?
Ich habe ein Jahr lang privat studiert und da die Grundelemente von Notenlesen und Metrik gelernt, aber ich habe mich auch da wieder eingeengt und frustriert gefühlt von all diesen Regeln. Mein Lehrer versuchte irgendwie, mir seinen Stil aufzuzwingen… das, was er cool fand… Er war ein guter Musiker, aber ich wollte halt ich selbst sein… ich wollte, dass die Leute meine Persönlichkeit hören.
Ich habe Marimba, Snare Drum, Drum Set und Timpani studiert… das war eine gute Erfahrung, jedenfalls fragte ich meinen Lehrer eines Tages, ob ich die Position der Snaredrum etwas anpassen könnte, weil es für mich relativ unbequem war, auf dem Set so zu spielen. Er sagte “Nein”… und ich sagte “ Ok, das ist dann jetzt meine letzte Stunde”. Wenn du gut spielen willst, musst du bequem spielen! Also ging ich nach Hause und fing an, jeden Tag an die 4 Stunden zu üben, an meinem Set… es war für mich an der Zeit es auf meine Art zu machen.
Ich habe außerdem ein Semester an einem privaten Musikcollege in New York studiert. Einmal ging ich zu einem Konzert, um ein paar Freunden zu zusehen. Dann kam ein junges Mädchen auf die Bühne und spielte ein Stück auf ihrer Geige… das war so gut, ich hatte Tränen in den Augen… mir wurde klar, dass ich dort nicht mehr hingehörte und ich verließ das College. Dann fing ich an, mit Rockbands zu arbeiten, weil ich das Gefühl hatte, da musikalisch einfach besser zu zupassen… Rock‘ n Roll ist meine Welt. Die Welten von Klassik und Jazz sind so unglaublich unterschiedlich, verglichen mit der Hard Rock und Metalszene.

Glaubst du, dass es in jedem Fall nötig ist, Musik zu studieren, um Musiker zu werden?
Nein… einige der größten Musiker der Welt können nicht mal Noten lesen.. Ich denke, worauf es ankommt, liegt irgendwo zwischen Kreativität und gottgegebenem Talent. So einfach ist das.

Erinnerst du dich noch an dein erstes eigenes Instrument? Was war das für eins und wie hast du es finanziert?
Nun, mein Vater kaufte mir mein erstes Drumkit. Das erste eigene Drumkit, habe ich mir mit etwa 20 gekauft. Ich benutze eine Kreditkarte und kaufte mir ein Pearl Red sparkle Kit. Ich habe es immer noch. 2-24” Bass Drums, 14, 16, 18 Toms… das war ein richtiges Metalkit.

Wann hast du angefangen, in Bands zu spielen? Kannst du uns was über deine frühen Bands erzählen?
Ich habe angefangen in Bands zu spielen, als ich ungefähr 16 war. Die erste professionelle Band in der ich spielte nannte sich Zillion. Das war eine Metalband aus New York und wir schrieben unsere eigenen Songs und spielten Metal Coverversionen von Dio, Black Sabbath, Led Zeppelin. Das war eine sehr lehrreiche Erfahrung. Ich lernte über die Club Szene. Und ich lernte auch, wie hart es ist, nur von der Musik leben zu wollen. Manchmal war das nicht so toll… besonders wenn wir on the road waren und kein Geld zum Essen oder für einen Schlafplatz hatten!
Schließlich führte eins zum anderen und ich verdiente langsam mehr Geld und spielte in Bands, die Plattenverträge hatten und touren konnten… aber es war immer noch hart, damit den Lebensunterhalt zu verdienen. Das war immer ein Kampf ums Überleben…aber rückblickend würde ich sagen, dass es herausfordernd und aufregend war.

Sprechen wir ein wenig übers Üben!
Übst du eigentlich überhaupt noch an deinem Instrument? Falls ja, ist das für dich eher ein Zwang, oder Spaß?

Ja… wenn ich nicht auf Tour bin, übe ich schätzungsweise 6 Stunden jeden Tag. Ich liebe es zu üben und zu lernen. Ich brauche das in meinem Leben. Es hält mich im Gleichgewicht… es hält mich ruhig und von Schwierigkeiten fern! Ich denke, das ist mein Job und meine Pflicht und es macht Spaß. Ich könnte mir nicht vorstellen, etwas anderes zu tun. Das ist mein Leben.

Was übst du denn? Technik, einzelne Songs oder experimentierst du mit neuen Ideen, Fill Inns, etc.?
Ich habe ein Programm, nach dem ich übe… Handtechnik, Fußtechnik, Ausdauer, neue Fill Inns, Timing, Arbeiten an neuen Songs für ein spezielles Studioprojekt. Mir ist aufgefallen, je mehr ich lerne… desto weniger weiß ich.

Hast du irgendein Rezept oder System, um das Üben so effektiv wie möglich zu gestalten?
Ja. Ich habe in vielen Jahren des Übens ein System entwickelt, welches zu erklären jetzt aber das Interview sprengen würde. Ich werde eine neue DVD rausbringen, die denen diese Informationen zeigen wird, die daran interessiert sind.

Kennst du dich auch mit anderen Musikstilen aus, wie z.B. Jazz, oder klassischer Percussion, etc., oder wäre es für dich eine Herausforderung, soetwas zu spielen?
Ja. Ich mag das schon alles. Im Moment versuche ich mich an Jazz und Latin Fusion… Diese Stile werden auf meiner Solo CD namens “Man of the World” vertreten sein.

Hast du musikalische Vorbilder? Wenn ja, wen, und was fasziniert dich so an ihm/ihr?
Ja…
Terry Bozzio …er hat das Schlagzeugspielen auf ein völlig neues Level gehoben. Er ist ein unglaublicher Schlagzeuger und hat wirklich seinen eigenen Stil entwickelt… und das ist nicht einfach zu schaffen.
Jaco Pastorious: Der Bassist von Weather Report… großartiger Musiker und Songschreiber… unglaublicher Musiker… das ist so viel Emotion in seinem Spiel. Es ist eine Schande, dass er nicht mehr unter uns weilt.
Frank Sinatra: was kann ich sagen… einfach der Beste… eine Klasse für sich…
Sammy Davis Jr.: Er war eine unglaubliche Persönlichkeit und ein Allround Talent, Sänger, Tänzer, Schauspieler.

Im Laufe der Jahre hast du mit vielen verschiedenen Musikern zusammengearbeitet. Mit wem würdest du gerne noch mal, bzw. außerdem noch arbeiten?
Tony Macalpine!

Was würdest du sagen, sind Kriterien für ein gutes Instrument?
Nun… nur weil ein Instrument teuer ist, heißt das noch lange nicht, dass es sich auch gut anhört. Ich denke, das kommt auf den persönlichen Geschmack an. Jeder hat einen Sound, der ihm gefällt… du musst wirklich gründlich suchen und experimentieren um zu finden, wonach du suchst… manchmal findest du das bei einer älteren und billigeren Version von dem, was gerade auf dem Markt ist. Ich habe viele Drumkits… ich liebe sie alle… jedes von ihnen hat was für sich… ich verkaufe meine Schlagzeuge nie… wenn ich sie einmal habe, dann spiele ich sie auch… ich halte sie für immer!

Könntest du uns etwas über dein Equipment im Moment sagen und warum du es ausgewählt hast?
Ich spiele Premier Drums, Meinl Becken, Vic Firth Sticks, Attack Drum Heads, DW Pedale. Ich spiele diese Ausrüstung, weil sie mir gefällt. Ich würde nie etwas benutzen, was mir nicht bequem ist… das meiste von meinem Equipment kriege ich umsonst… aber das ist nicht der Grund, warum ich es benutze. Ich denke es ist wichtig, dass Equipment wirklich zu mögen und eine gute Beziehung zu den Leuten zu haben, die es herstellen… das ist das gute daran, wenn man Endorsement Deals hat. Die meisten dieser Hersteller haben mir dabei geholfen, da zu sein, wo ich jetzt bin. Wenn du jung bist und versuchst, von der Musik zu leben, hast du nicht immer das Geld, um neues Equipment zu kaufen… wenn du dann also Hilfe von einem Hersteller kriegst, kannst endlich Geld sparen und ESSEN kaufen, oder deine MIETE bezahlen.
Wer wirklich in Details zu meinem Equipment interessiert ist kann sich auf http://www.terrana.com/ umschauen.

Glaubst du, dass jemand mit musikalischem Talent geboren ist, oder könnte im Prinzip jeder ein guter Musiker werden?
Ich glaube die Mehrheit der Leute ist in der Lage, Musik, oder einen Grundrhythmus zu fühlen… Ich schätze, deswegen tanzen viele Leute so gerne… das bringt sie der Musik näher. Jedenfalls glaube ich, dass die besten Musiker in der Geschichte einfach mit dem reinen Talent, Musik zu machen geboren sind. Manches kann man einfach nicht lernen.

Wie wichtig ist die körperliche Verfassung für einen Schlagzeuger? Hast du vielleicht ein paar Ideen, um diese zu verbessern?
Nun, für mein Schlagzeugspiel ist es enorm wichtig, in einer guten Verfassung zu sein. Mein Stil ist körperlich sehr anstrengend und ich trainiere jeden Morgen zwei Stunden in meinem Gym. Ich kombiniere Freigewichttraining und Laufen um mein Workout abzurunden. Wenn ich das nicht tun würde, wäre ich nicht in der Lage gewesen, meinen kraftvollen Stil zu entwickeln.
Mein Tip, um die körperliche Verfassung zu verbessern, wäre, das ganze erstmal langsam angehen zu lassen und sich von einem Trainer beraten zu lassen. Man kann auch einige Bücher zu diesem Thema lesen. Ich muss noch dazu sagen, dass Fitness eins meiner Hobbys ist. Ich finde das interessant und herausfordernd. Ich habe auch das Gefühl, besser drauf zu sein und klarer denken zu können, wenn ich trainiere. Das ist halt ein wichtiger Teil in meinem Leben und hilft mir ebenfalls, im Gleichgewicht zu bleiben.

Spielst du außer Schlagzeug noch andere Instrumente? Was würdest du denn gerne noch spielen können?
Ja… ich spiele ein bißchen Klavier und ich habe gerade angefangen, Gitarre zu spielen, aber nur, um zu komponieren… ich würde nie versuchen, Klavier oder Gitarre in der Öffentlichkeit zu spielen! Ich habe das Gefühl, dass es mir hilft, ein besserer Schlagzeuger zu werden, wenn ich auch andere Instrumente spiele. Das gibt mir Einsicht in das Denken anderer Musiker, rhythmisch und harmonisch.

Was fasziniert dich heute noch am Schlagzeugspielen?
Die Tatsache, das ich niemals gut genug sein kann… das fasziniert mich und beängstigt mich auch manchmal. Musik ist ein niemals endender, evolutionärer Prozess… es kann nur enden, wenn du es so willst.

Geschrieben am von Metal1.info

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