Andy Malecek, ehemaliger Fair Warning-Gitarrist und aktueller Klampfer bei der neuen Melodic Rock Truppe Last Autumn’s Dream, stellte sich unserem Redakteur Jörg Brenzel.
Stelle doch zu erst mal die Band vor.
Mikael Erlandsson gehört wahrscheinlich zu den besten schwedischen Songwritern in den letzten zehn Jahren. Seine Karriere in Europa wie auch Asien ist beeindruckend. Er hat genau diese flexible Melodic Hard Rock Stimme die ein Sänger braucht, wenn er diesen abwechslungsreichen Stil überzeugend transportieren will. Wenn man jemanden wie Tommy Heart gewohnt war, dann muss schon ein Mikael Erlandsson kommen um das zu ersetzen ja auf seine ganz eigene Weise neu entstehen zu lassen.
Mic Michaeli war neben Joey Tempest der zweite Kopf von Europe und hat schon damals den Sound der Band seine Prägung gegeben. Ian Haugland dürfte zu den meist gesuchten schwedischen Studiodrummern gehören, was beim Bass ebenso für John Levén gelten dürfte, der selbst ein Gründungsmitglied von Europe war. Am besten aber sind sie zu dritt. Sie waren unter anderem in der Band von Glenn Hughes (ex. Deep Purple) auf seinem 1995er live Album „Burning Japan“. Das allein hätte schon für den Olymp gereicht J.
Was hast nach dem Ende von FAIR WARNING so gemacht?
In der ersten Zeit brauchte ich ein Gegengift für diesen viel zu lauten Livesound den FAIR WARNING immer gefahren hat. Ich hatte vom live spielen eine andere Auffassung als Helge und Ule, die eine Höllenlautstärke auf der Bühne haben wollten und dann Lärmschutz in den Ohren trugen. Ich wollte lieber mit den Jungs spielen als gegen das Publikum. Deswegen trat ich 2000 nach meinem Ausstieg einer lokalen Country Band bei. Da wurde fast nur akustisch gespielt, das war eine Wohltat. Dann aber habe ich weiter an meinem Solomaterial gearbeitet für ein Gitarrenalbum. Meine Suche nach einem Sänger fiel zusammen mit der Idee meines Japanischen Labels mit Mikael zusammen zu kommen.
Wie bist du mit den Leuten von EUROPE in Kontakt gekommen? Und wie ist der Kontakt Mikael entstanden?
Ulf Wahlberg, der langjährige Produzent von Mikael scheint so ziemlich jeden in der schwedischen Rockszene zu kennen. Er lud die Europe-Jungs ein und spielte ihnen unsere halb-fertigen Demos vor. Und sie sagten:“Wann geht’s los?“. Was will man mehr…
Es war Mikaels aktuelles und FAIR WARNINGs letztes Label AVALON, dass die Idee hatte uns einander vorzustellen. Ich kannte seine Stimme und einige Songs schon, weil wir vor Jahren schon einmal auf einem Sampler von eben dieser Plattenfirma zusammen erschienen. Er ist ein sehr herzlicher Typ. Wir haben uns sofort verstanden.
War er deine erste Wahl, als du nach nem Sänger für LAD gesucht hast?
Absolut, aber es war eher so, dass dieses „Last Autumn’s Dream“-feeling erst entstand, als wir und kennen lernten und uns mal mit einer Gitarre und einen E-Piano weggeschlossen haben. Ich kann also gar nicht sagen, dass ich einen Sänger explizit gesucht habe. Diese Band entstand durch unsere Synergie.
Es wird ja auch bewusst damit geworben das bei LAD Leute von EUROPE und FAIR WARNING spielen, was meinst du? Helfen einem solche Querverweise oder lassen diese die Erwartungshaltung der Fans nicht nur unnötig ansteigen?
Mit so etwas zu werben macht wirklich nur Sinn, wenn da mehrerer Einflüsse zu einem neuen größeren Ganzen verschmelzen, wenn einfach die das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Und genau das ist hier passiert. Die Plattenfirma hätte nichts besseres machen können, als uns einander vorzustellen. Und die EUROPE-Jungs sind einfach cool drauf. Da stellst Du die Lauscher auf, wenn die sich in neues Material einarbeiten. Das ist rund da gibt’s nix zu meckern. Die fühlen sich richtig in die Songs ein. Sie sind schon untereinander so gut eingespielt.
Handelt es sich bei LAD um ein reines Studioprojekt oder werden wir euch auch auf der Bühne bewundern können?
Wir sehen es als schwierig mit nur einem Album gleich zu touren. Und in Japan beispielsweise sind „special guests“ mit einem kürzeren Programm unüblich. Als wir dort gleich in der ersten Woche in die LP-charts eingestiegen sind, haben wir uns das echt überlegt, dort mal ‚rüber zu fliegen und richtig aufzudrehen aber dann haben wir diesen Gedanken doch auf einen Zeitpunkt nach dem zweiten Album verschoben.
Sind weitere Alben geplant? Da ja bei EUROPE ja demnächst eine Reunion ansteht, könnte es sein das sich da Pläne überkreuzen?
Ja, seit Mitte Januar ist davon intern wieder die Rede. Das japanische Label will unbedingt ein Nachfolgealbum herausbringen und wahrscheinlich läuft es dann mit FRONTIRES Records für Europa ähnlich ab, die die Scheibe mit ein oder zwei Bonus-Titeln übernehmen und hier herausbringen.
Zur Zeit versucht unser Management das zeitlich zu koordinieren.
Wie läuft bei LAD der Songwritingprozess ab? Das man sich im Proberaum trifft und dort zusammen spielt fällt bei euch ja wohl flach.
Songwriting ist so eine Sache. Man kann eigentlich erst einmal nur warten. Manchmal fühlt man sich umgeben von Ideen, die man nur aufsammeln muss und manchmal kommt nichts.
Als die Planung für das Album in einem frühen Stadium war, konzentrierte ich mich auf Gitarren-Kompositionen, viele davon instrumental. Mikael kam mit einigen melodiösen Ideen, bei denen noch die eine oder andere Textzeile fehlte, und die noch nicht fertig arrangiert waren. Als wir uns dann wieder trennten und ich nach Deutschland zurück fuhr, hielten wir laufend Kontakt über das Telefon und über Internet. Das kommt einer Kooperation in einem Raum erstaunlich nahe. Es hat nur eine leichte Zeitverzögerung. Man muß halt seine Ideen immer gleich in eine präsentable Form in einem Rough-Mix bringen. Das verlangt ein bisschen Disziplin. Als es an die endgültige Songauswahl ging, war die Plattenfirma zögerlich wegen meiner Instrumentals. Das sprang mein Produzent in Berlin, Rick Brightman, in die Bresche mit einigen exzellenten Ideen, die mir einen großen Spaß gemacht haben, gitarrenmäßig auszuarbeiten. Wir arbeiten schon länger sehr eng zusammen. Mikael mochte es sehr und so kam es, dass diese Material das endgültige Album zu einem gewissen Teil mitgeprägt hat.
Diese auf Distanz arbeiten ist mir ansonsten nicht neu. FAIR WARNING war auch eine 2 Städte-Band, Hannover und Berlin.
Das Cover passt sehr gut zum Bandnamen, steckt da irgendein Konzept hinter?
Das Cover drückt nur visuell aus, was auf dem Album passiert: Du findest darauf Emotionen in Musik gegossen, die man vielleicht auch mit den vielen Farbschattierungen des späten Herbstes ausdrücken könnte: Traurig, melancholisch, aber auch Gefühle von Isoliertheit, dann wieder aufbegehrend und ausbrechend oder aber fasziniert und grundlos glücklich. Der Bogen reicht von „Going Home“ einer Hammer-Ballade von Mikael bis zu dem brechend losrockenden „Break The Chains (Of Destiny)“, dessen Solo-Passagen auszuarbeiten mich besonders beflügelt hat. Ähnliches gilt auch für „High Up“ oder „Blink Of The Eye“ dass einfach eine so runde Nummer ist, dass es bei mir jedes Mal, wenn ich es höre, irgendwie einen smile erzeugt. Die Nummer wird auch viel im Radio gespielt.
Das Stück DOIN’TIME wird auf dem Promo als Bonustrack ausgewiesen. Wo landet der dann letztendlich? Japan-Bonus? Diggipack-Extra?
Es ist so: „Doin‘ Time“ ist der Bonus Track für die Europäische Release. Ein anderer Song „Pictures of Love“, übrigens einer meiner Lieblingssongs von FAIR WARNING, ist auf meinen besonderen Wunsch der Bonus Track auf dem Japanischen Release. Wir hatten außer diesem Exclusiv-Track für Japan freie Wahl, aus dem aufgenommenen Material, was ja immer mehr ist, als das, was letzlich auf dem Album landet, einen für den Europäischen Release auszuwählen. Mikael und ich wollten „Doin‘ Time“ unbedingt behalten, denn die Arbeit an diesem Song enthielt einige unserer besten Momente der Zusammenarbeit. Ich erinnere mich, wie er mich anrief und mir am Telefon einige Ideen für das Gitarren-Arrangement vorsang. Darüber kamen wir ins Quatschen darüber, welchen Einfluß die alten klassischen Rockbands auf uns heute noch haben. Er sagte dann so etwas wie:“ Kannst Du nicht so ein paar typische ‚Thin Lizzy‘ guitar fills hier und da spielen?“: Ich versuchte es, rief ihn zurück, hielt den Hörer an die Box und er fand’s geil. Dann habe ich dem ganzen noch ein bisschen Farbe gegeben mit dem Wah Wah und wir fanden’s perfekt.
Was hältst du den so von der Band SOUL DOCTOR ?
Für mich ist Tommy Heart immer noch der Hammer Sänger und aus den alten FAIR WARNING Tagen noch der beste Freund von allen. Er sagte damals, er möchte sich nicht ins gemachte Nest setzen und Musik machen, die man nicht von Fair Warning unterscheiden kann, sondern etwas Neues starten. Ich bewunderte das und wünsche mir für ihn, dass er mit neuem noch geilerem Material noch mal richtig durchstartet.
Es gibt in letzter Zeit Gerüchte das es mit FAIR WARNING weiter gehen soll? Was ist da dran? Und falls ja werden alle Mitglieder von früher wieder dabei sein?
Das scheinen wirklich nur Gerüchte zu sein. Helge hat mit seiner Band Dreamtide gerade ein neues Album produziert. Da hätte er viel zu tun, gleich alles wieder dicht zu machen und mit FAIR WARNING einen Neustart zu wagen.
Wie bist du bisher mit dem Echo in der Fachpresse zufrieden?
Das ist wirklich ein weiteres schönes Erlebnis, „Newcomer des Monats“ wie im Breakout Magazin zu werden oder an anderer Stelle eine „special reccomendation“ zu bekommen. Im BURRN! Magazin haben wir zusammen mit Dream Theatre und Eric Martin als die besten Wertungen bekommen und in YOUNG GUITAR wurde mein Solo von „Going Home“ transkribiert. Schön ist auch, dass bei vielen Reviews immer wieder ein paar andere Songs von unserem Album als Anspieltip genannt werden. Wir arbeiten an jedem Song sehr intensiv. Wenn das dann gewürdigt wird, weißt Du, dass Du jemanden erreicht hast.
Wie rechnest du die Chancen von LAD aus?
Ich habe mir darüber eigentlich kaum Gedanken gemacht. Ich glaube auch, dass man gut daran tut, seine Gedankenenergie auf den Schaffensprozess zu legen, als aufs „Ausrechnen“ J. Fast 10 Jahre FAIR WARNING haben mich das gelehrt. Man rockt sich lange Zeit Stück für Stück aufwärts und plötzlich bekommt man für ein neues Album innerhalb von 24 Stunden Gold. Das kann man nicht planen. Man kann nur versuchen, immer von einem Level auf den nächsten zu kommen und Leute zu erreichen.
Wenn man melodischen Hardrock spielt muss man doch mit sehr viel Leibe und Hingabe an die Musik rangehen, weil an das große Geld kommt man damit leider nicht mehr. Wie steht es mit deiner Motivation?
Ich spiele sehr sehr gerne Gitarre und ich rocke gerne live. Wenn man wie mit Last Autumn’s Dream eine internationale VÖ hat, erkennt man schnell, dass es zumindest in Europa und in Asien eine Menge Fans gibt, die genau diese Musik mögen. Wir verbiegen uns nicht für Trends. Wir wollen ein Album machen und eine Show spielen, die einen Spannungsbogen hat, wo Du jeden Song irgendwie gut finden kannst. Melodic Hardrock gibt uns dafür viel mehr Mittel an die Hand, als andere Stile.
Wer hat dich bei Gitarrenspielen beeinflusst. Und was war damals der ausschlaggebende Moment das auch du ein Instrument lernen wolltest?
Als Kind musste ich Violine lernen, weil mein Vater Berufsgeiger war. Irgendwann als Teenager kam der große Knall. Weg mit der Geige, her mit der Gitarre. Zwar hatte ich mit der Musik meines Vaters dann nichts mehr am Hut, die Methodik an ein Instrument heranzugehen aber hatte ich dadurch intus. Neil Schon, der Journey-Gitarrist ist ein Vorbild. Einer der die Technik gefressen hat aber das Instrument zum Musik machen benutzt und nicht zum show-off. Kennst Du seine instrumentalen Solo-Scheiben ? Irre!
Das Band-Feeling war mir immer wichtig. Deswegen habe ich zu Anfang in verschiedenen Bands gespielt, deren Stil mich zwar nicht restlos überzeugt hat, bei denen ich aber das Gefühl hatte, noch etwas zu lernen oder einfach Erfahrungen zu sammeln. Dann begann mit FAIR WARNING die eigentliche Karriere. Einiges hat mir auch da nicht gefallen, aber die Musik war sehr inspirierend. Da gab es echte Momente. Wenn Du da einmal beteiligt warst, weißt Du, wonach Du in der Zukunft suchen musst. Mit Last Autumn’s Dream habe ich diese Suche wieder neu aufgenommen und habe dabei Momente gefunden, wie sie mit FAIR WARNING nie möglich waren.
Was für Musik hörst du dir so privat an?
Es ist komisch, aber wenn man den ganzen Tag Musik macht, wird man schon das Gefühl nicht los, dass man weniger kennt als ein Musik-Redakteur J. Es ist eher so, dass ich Tipps von Freunden nachgehe, die schon wissen, wonach ich suche: Musik mit einer musikalisch gespielten Gitarre. Ich fürchte, das schränkt schon ein bisschen ein. Deswegen brodele ich ja auch nicht ein ganzes Album allein aus, sondern schöpfe aus der Synergie mit den anderen neue Inspiration. Ich transkribiere z.B. gerne gut gespielte Solos für mich selbst, von Satriani oder anderen.
Gabe es auch noch ein musikalische Leben für dich vor FAIR WARNING?
Mein Entschluss, nur noch Gitarre zu spielen kam schon recht früh. Es war dann eine Zeit des Übens in der Kammer und des Tingelns. Da gab es schon komische Erlebnisse und raue Bedingungen. Über die kann man dann schmunzeln, wenn man Jahre später auf Tour im Hilton an der Bar chillt. Aber einen richtigen Einstieg wie mit FAIR WARNING zu bekommen ist schon wichtig. Man wächst da auch an seinen Aufgaben.
Die letzten Worte (oder Grüße) gehen dann mal an dich!
Gruß an alle jungen Gitarristen, die das hier in einer Übepause mit ihrem Brett auf dem Schoß lesen. Remember: Langsamer ist schneller! (Ihr wisst schon was ich meine)