Konzertbericht: Aesthetic Perfection w/ GenCab

14.03.2025 München, Feierwerk (Hansa 39)

Touring is dead!“, erklärte Daniel Graves kürzlich auf Instagram, und führt Argumente wie die enorm gestiegenen Produktionskosten und die immer schlechteren Gagen für Musiker ins Feld. Dass er dieses Reel nur wenige Tage vor der ausverkauften Auftaktshow zu seiner Clubtour mit AESTHETIC PERFECTION veröffentlicht, ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Zum einen handelt es sich genau genommen um Weekender und Einzelshows, nicht um eine „richtige“ Tour – und mit Soloshows hält Graves auch die Kosten auf dem Minimal-Level.

So ist nicht nur der Headliner heute nur als Duo vertreten – als Support fungiert mit GENERATION CABLE, kurz GENCAB, auch das Projekt von Aesthetic-Perfection-Keyboarder David Dutton und dessen Frau Alayna Rakes. Deren Ehe muss, je nach Sichtweise, die beste oder schlechteste der Welt sein. Die beste, weil es absolut bedingungsloser Liebe bedarf, um einen Menschen noch bei seinen größten Fehlern zu unterstützen – die schlechteste, weil es zu einem Vertrauensverhältnis auch gehört, eine geliebte Person aufzuhalten, bevor sie sich restlos zum Affen macht. Anders kann man leider kaum umschreiben, was hier passiert: Sind schon die Beats von GENCAB geradezu beleidigend primitiv, spottet die Performance von Dutton am Mikrophon jeder Beschreibung. Wäre schon die Stimme für sich genommen langweilig, liegt Dutton konstant so weit abseits aller (mutmaßlich) angepeilten Töne, dass man sich doch fragen muss, mit welchem Selbstverständnis der Mann „Musiker“ geworden ist. Diese 30 Minuten sorgen für Gänsehaut – aber nicht die gute.

  1. Channel The Past
  2. Six Hits
  3. Of Love & Death
  4. Seafoam Cemetery
  5. Siren Song
  6. Another Glass Eye
  7. You Did This

Nach diesem Einstieg kann es eigentlich nur besser werden – zumal die Vorfreude der Fans im ausverkauften Hansa 39 nicht nachhaltig getrübt scheint: Als um 21:00 Uhr das Licht für AESTHETIC PERFECTION ausgeht, bekommt David Dutton doch noch frenetischen Jubel zu hören – wennschon dieser in erster Linie Fronter Daniel Graves gelten dürfte. Als Bühnen-Profi weiß dieser, diese Euphorie zu bedienen: Vom ersten Song an performt Graves nicht nur für die Fans vor der Bühne, sondern bemüht sich auch um die (der Bauart des Hansa 39 geschuldet) links von der Bühne stehenden Fans.

Dass AESTHETIC PERFECTION heute in minimalistischen Zwei-Personen-Lineup auf der Bühne stehen, macht dank der enormen Bühnenpräsenz von Graves gar nichts. Und auch die neuen, etwas gefälligeren Synth-Pop-Hits fehlen nicht – im Gegenteil: So stimmig die Shows von AESTHETIC-PERFECTION mit voller Band und zuletzt auch in großen Arenen waren – so gelungen fällt die Rückkehr zu den technoiden Wurzeln des Projektes aus. Die mitunter seit über zehn Jahren nicht live gespielten Beats der Frühwerke drücken mit stumpfer Wucht aus den Boxen, während Graves ihnen durch Gesang und Performance Leben einhaucht. Mit dem Konzept, nur Songs zu spielen, die vor 2011 entstanden sind, bricht Graves erst kurz vor Schluss, als er „Dark Half“ von „‚Til Death“ einstreut – dabei bleibt es aber auch: Für die Zugabe geht es nochmal ein paar Jahre zurück, ehe nach 70 Minuten und dem finalen „Spit It Out“ das Licht wieder angeht.

  1. The Great Depression
  2. Schadenfreude
  3. Fix
  4. Architect
  5. Pale
  6. The Siren
  7. Beautiful
  8. Belong
  9. My Master
  10. Blood Runs Cold
  11. Coward
  12. Dark Half
  13. Inhuman
  14. Spit It Out

Sollte der Bühnen-Routinier Daniel Graves wirklich, wie er glaubhaft versichert, nervös gewesen sein, ob das Konzept des „Oldschool Electronic Sets“ aufgehen würde, dürfte ihm diese Auftaktshow die nötige Sicherheit für die folgenden Shows gegeben haben: Eine bessere Stimmung als hier und heute im mit gut 500 euphorischen Fans vollbesetzten Hansa 39 hätten sich AESTHETIC PERFECTION jedenfalls nicht wünschen können.

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert