GREEN LUNG sind ein Phänomen: Obwohl die Band erst 2017 gegründet wurde, ist die vergleichsweise neue Band eine Instanz der gar nicht mehr so neuen New Wave Of British Metal. Doch während die Band stilistisch ziemlich altmodisch daherkommt, ist die Band auch nach acht Jahren noch so unverbraucht, dass ihre Bekanntheit mit jedem Jahr steigt. So verwundert es wenig, dass GREEN LUNG nach ihrer ausverkauften Show 2023 im Feierwerk nun in der Backstage Halle spielen – und auch diese schon im Vorhinein restlos ausverkauft ist. Einen durchaus relevanten Beitrag dazu dürften aber auch UNTO OTHERS geleistet haben, die sich nach mäßig erfolgreichen Vorband-Slots auf großen Touren nun wieder erfolgreich im „gehobenen Underground“ eingenistet haben.
Als Opener fungieren jedoch zunächst SATAN’S SATYRS aus Virginia, USA. Optisch wirken die vier Amerikaner nicht, als wäre die Band 2009 gegründet worden – 1969 wäre plausibler: Schlaghosen, Fellweste und Nieten erinnern eher an die jungen Black Sabbath, Pentagram und Led Zepplin als an eine junge Band dieser Tage. Zufall ist das freilich keiner – sondern ein Statement. Denn auch musikalisch tun SATAN’S SATYR so, als wäre die Zeit spätestens in den 1970er-Jahren stehen geblieben. Im Großen und Ganzen stimmig, fehlt SATAN’S SATYR – wer könnte es ihnen verdenken – aber dann doch die Genialität der genannten Ausnahme-Bands, sodass die Songs leider am Ende doch nur durchschnittlich ausfallen. Da die Amerikaner zudem wenig mit dem Publikum interagieren, bleibt die Show leider wenig mitreißend.
- Thumper’s Theme
- Full Moon And Empty Veins
- Pulp Star
- Black Souls
- Quick Quiet Raid
- Iron & Ivy
- Two Hands
- Show Me Your Skull
- Alucard
Gänzlich anders verhält es sich bei UNTO OTHERS: Die Band, die als Idle Hands über das deutsche Label Eisenwald Records groß geworden war, hat ein besonderes Verhältnis zu seinen deutschen Fans – und hat sich in München eine solide Fanbase erspielt. So ist auch heute ein Großteil der Fans, die nun in den ersten Reihen stehen, erkennbar wegen des Quartetts aus Portland, Oregon, hier. Entsprechend stürmisch werden UNTO OTHERS bereits für ihr bloßes Erscheinen bejubelt. Dass die Truppe sich beim Umbau extra beeilt hat, um auch als Support-Act ein 60 Minuten-Set spielen zu können, bringt ein paar Extra-Punkte aufs Sympathie-Konto.
Aber UNTO OTHERS verdienen sich die Vorschusslorbeeren auch redlich: Mit fünf Songs von „Mana“ (2019), drei von „Strength“ (2021) und sieben vom aktuellen Album „Never, Neverland“ (2024) ist das Werk der 2017 gegründeten Band gut abgedeckt – und Hits wie „Butterfly“, „Jackie“ oder als Mitsing-Gassenhauer „Pet Semetary“ von den Ramones sind natürlich Stimmungsgaranten. Dass UNTO OTHERS zudem auf der Bühne für ordentlich Wirbel sorgen und auch erfreulich viel mit dem Publikum interagieren, rundet diesen Headliner-würdigen Auftritt ab: So wenig UNTO OTHERS auf den großen Bühnen (im Vorprogramm von Arch Enemy) funktioniert haben – so gut hat sich die Band auf den Bühnen mittelgroßer Clubs etabliert. Von diesem Auftritt jedenfalls kann man nur begeistert sein – es sei denn vielleicht, man ist in der ungünstigen Lage, danach als Headliner auf die Bühne zu müssen.
- Butterfly
- Momma Likes The Door Closed
- Nightfall
- Fame
- Jackie
- Double Negative
- Suicide Today
- Raigeki
- Why
- It Doesn’t Really Matter
- Can You Hear The Rain
- Heroin
- When Will God’s Work Be Done
- Time Goes On
- Flatline
- Pet Sematary (Ramones Cover)
- Give Me To The Night
- Dragon, Why Do You Cry?
GREEN LUNG jedenfalls überschlagen sich nicht gerade, um möglichst schnell nach dieser packenden Performance antreten zu können: Knapp eine halbe Stunde rücken die Roadies die Deko von A nach B und wieder zurück. Währenddessen wechselt das Publikum in den ersten Reihen zu großen Teilen durch: Während die UNTO-OTHERS-Fans beseelt nach hinten oder sogar nach Hause gehen, drängen nun die eingefleischten GREEN-LUNG-Jünger nach vorne. Und davon haben die Briten – dafür, dass es sich nicht um eine Band aus den 1980ern, sondern eine noch vergleichsweise junge Band handelt, bemerkenswert viele. Allerdings bieten GREEN LUNG auch eine durchaus bemerkenswerte Zeitreise: Musikalisch irgendwo zwischen Black Sabbath und Jethro Tull zu verorten, stehen GREEN LUNG Bands wie Ghost in Sachen Stadion-Rock-Tauglichkeit in nichts nach – wennschon hier zottelige Masken statt Kirchenästhetik das Bild prägen.
Genau das ist vielleicht auch das einzige „Problem“ der Show: Waren Unto Others in der Backstage Halle genau richtig aufgehoben, wirkt die ganze Performance von GREEN LUNG, als gehöre die Band eigentlich – mit noch größerer Produktion, noch mehr Staffage und noch mehr Pathos – auf eine viel größere Bühne: Interaktion mit dem Publikum ist nicht so das Ding von Tom Templar, posen hingegen können GREEN LUNG herausragend – und auch die Musik schreit eigentlich nach noch mehr Volume(n). Das fällt besonders beim auch heute vielgefeierten Hit „The Forest Church“ auf – oder wenn Tom Templar die Zugabe „The Harrowing“ von der Galerie aus singt, was ein guter Teil des Publikums in der Halle gar nicht mitbekommt. Mit „One For Sorrow“, das GREEN LUNG auch heute Menschen mit Depressionen widmen, endet der Auftritt nach 80 Minuten mit einem letzten Highlight.
- Woodland Rites
- Mountain Throne
- Templar Dawn
- The Ancient Ways
- Leaders Of The Blind
- Oceans Of Time
- Song Of The Stones
- The Forest Church
- Hunters In The Sky
- Maxine (Witch Queen)
- Graveyard Sun
- —
- The Harrowing
- Old Gods
- Let The Devil In
- One For Sorrow
In Sachen Stimmung müssen sich GREEN LUNG heute UNTO OTHERS geschlagen geben – gewonnen haben aber in jeden Fall die Fans: Das Package, stimmig ergänzt um SATAN’S SATYR, weiß auf ganzer Linie zu überzeugen. Auch, weil es eindrucksvoll aufzeigt, warum man sich um die Rock-Musik auch dann keine Sorgen machen muss, wenn Bands wie Black Sabbath einmal (wirklich) abgetreten sein werden.