Konzertbericht: Punchfest 2025

18.01.2025 Backstage, München

Fünf Jahre pausierte das PUNCHFEST im Herzen Münchens – und mit ihm die Crossover-Formation APRON. 2025 feierte das Festival der musikalischen Vielfalt sein furioses Comeback, mit APRON und weiteren, teils lange nicht gesehenen Local Heroes.

Die Backstage Halle ist angenehm gefüllt, als FARBFILTER gegen 19 Uhr ihr rund 30-minütiges Set beginnen. Ein „schwarzer Sommer im weißen Winter“ wollen die fünf Musiker sein und mit ihrem Deutschrock, angereichert mit einem gehörigen Indie-Einschlag, eigene Akzente setzen. Das gelingt ihnen vor allem dadurch, dass sie sich als eingespielte Einheit souverän durch ihr abwechslungsreiches Set grooven. Sänger Rüdi greift passend zum Text etwa zur Hälfte des Auftritts zur Zigarette und harmoniert besonders gegen Ende hervorragend mit den eigenwilligen Songs, die angenehm unaufgeregt und eingängig über die Lautsprecher dringen. Die Attitüde der Band wirkt authentisch, und ihr bislang erfolgreichster Song „Gekommen um zu bleiben“ könnte sinnbildlich für FARBFILTER als Projekt stehen.

Eine völlig andere Richtung im bunten Punchfest-Zirkus schlagen dann SAFRAN JACKET ein. Ähnlich wie APRON ist die Band mehrere Jahre nicht mehr gemeinsam aufgetreten. Von übertriebener Nervosität oder Bühnenrost ist dennoch keine Spur: Bandshirts von Code Orange und Fjort lassen zusammen mit der Optik der Musiker erahnen, in welche Richtung es geht. Trotzdem wirken SAFRAN JACKET nicht wie ein Abziehbild von Genregrößen im Alternative Metal, sondern wie eine gut geölte Maschine, die ausdrucksstarke Gitarren und eine gewisse Grundhärte mit Melodien verbindet, die auch Genrefremde abholen. Besonders Sänger Mat macht dabei einen hervorragenden Job: Gesanglich brilliert er in allen Facetten, und in seinen Ansagen wirkt er wie ein ungemein sympathischer Zeitgenosse.

TANERTILL spannen anschließend den Bogen zwischen den ersten beiden Bands: Das Trio kombiniert das Verspielte von Farbfilter mit der Härte von Safran Jacket und reichert diesen Mix mit vielen eigenen Sounds an. Ohne ihren Namen zu verraten, starten die Lokalmatadoren mit einem längeren Instrumental-Set, das als valider Post-Rock durchgeht. Schlagzeuger und Mastermind Erden fungiert als charmantes Sprachrohr: Um das Publikum nach vorne zu locken, verweist er mehrfach auf einen QR-Code, der an seinem Schlagzeug hängt und nur vom vorderen Teil der Halle gelesen werden kann. Später scheint es kurz, als sei sein Mikro kaputt, doch auch dieses Element nutzt Erden geschickt, um auf sich aufmerksam zu machen: Kaputt sei es nur in seinem Kopf, deswegen gebe es TANERTILL. Der vermeintliche Wahnsinn hat bei der Band jedoch Methode: So darf sich Gitarrist Andreas später als Sänger beweisen, ehe alle drei Bandmitglieder wieder in ihren Instrumenten aufgehen. „ModernGhostElectRock“ nennen TANERTILL ihren Stil, bei dem die Effekte gezielt eingesetzt werden, um die starken Kompositionen zu bereichern, ohne sie zu überladen. Neues Material lässt hoffen, dass die Band nach längerer Pause dauerhaft zurückkehrt.

Als der Auftritt von APRON beginnt und die Musiker zu Howard Carpendales „Hello Again“ die Bühne betreten, liegt in der Backstage Halle eine besondere Stimmung in der Luft. Auf und vor der Bühne sowie auf der Empore – mit Gästen wie Schandmaul-Sänger Thomas – herrscht gleichermaßen Euphorie, als die ersten Takte von „Vorhang auf“ erklingen. Die Crossover-Comebacker legen genau so los, wie sie einige Zeit vermisst wurden: energiegeladen, variabel und mit vier talentierten Mitgliedern. Dass die Band anschließend ihr besonderes Abschiedsfoto mit traurigem Publikum im Hintergrund inszeniert, passt zu den Kontrasten, die die Show dominieren. Mit Songs wie „Taktstock“, „Mensch aus Glas“ und „Mr. Punch“ geht es ordentlich zur Sache, während „Luftschloss“ und „In Cerebrum Cacatur“ melodischere Töne anschlagen. Bei „Alice D.“ wird es schließlich ruhiger. Direkt zu Beginn feuern Konfetti-Kanonen aus allen Rohren, und später werden auch die beinahe obligatorischen Luftrüssel verteilt, um sich bei der Textzeile „Lutsch meinen…“ mit Publikumsbeteiligung selbst zu zensieren.

Insgesamt präsentieren APRON optisch leicht verändert einen bunten Querschnitt aus ihren letzten drei Alben, ergänzt durch kleinere Überraschungen: Bei „Kaleidoskop“ unterstützt Fuchsteufelswild-Frontmann Bastian Till Herence am Mikro. Zur weiteren Zukunft der Band gibt es an diesem Abend keine Infos – der wahrscheinlich einzige Wermutstropfen einer ungemein starken Comeback-Show, bei der Sänger Till mehrfach in allen erdenklichen Tonlagen beweist, warum er im Crossover (und darüber hinaus) zur absoluten Speerspitze am Mikro zählt.

Mit „So leer“ endet das vielleicht stärkste PUNCHFEST bisher. Und so leer könnten sich auch einige Gäste nach diesem intensiven Konzertabend fühlen, an dem alle Bands mehr als nur ordentlich abgeliefert haben. Es bleibt zu hoffen, dass diese vier Gruppen zeitnah an ihre jeweiligen Auftritte anknüpfen und sich das Publikum erspielen, das sie fernab der vielleicht ganz großen Bühnen zweifellos verdienen.

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert