Review Grima – Nightside

  • Label: Napalm
  • Veröffentlicht: 2025
  • Spielart: Black Metal

Der Wald liegt still unter dem Mond, dessen Licht die Baumkronen in einen silbrigen Schimmer taucht. Nur ein seichtes Rauschen geht durch das Gehölz und die Bäume recken ihre Äste wie Arme weit in den Himmel, so als wollten sie den Mond umfassen.

Die sibirische Atmospheric-Black-Metal-Band GRIMA vermittelt auf ihrem neuen, derweil sechsten Full-Length-Album „Nightside“ genau dieses Bild. Vilhelm und Morbius, die beiden Hauptakteure hinter GRIMA sind dabei trotz Waldgeist-Maskerade keine Unbekannten. Szenerelevante Namen wie Second To Sun und Ultar belegen von vornherein ein breites Repertoire. Nach dem Mini-Live-Album „Red Forest Rituals“ folgt nun das nächste reguläre Release.

GRIMA stehen seit jeher für dichten, beinahe cineastisch anmutenden Black Metal, der manches Mal etwas ausufernd geriet, jedoch noch nie an Qualität missen ließ. „Frostbitten“, das letzte Studioalbum war dafür ein weiterer Beleg und die letzte Veröffentlichung auf dem Label Naturmacht. Mit „Nightside“ feiert die Band jetzt ihren Einstand bei Napalm Records und teilt sich damit den Roster mit namenhaften Bands wie Subway To Sally, Patriarkh oder Thulcandra. Wie also schlägt sich die Band mit großem Label im Rücken? Soviel vorweg – wer GRIMA für ihr Vorwerk schätzt, der wird auf „Nightside“ nichts vermissen. Dennoch gibt es einen prägnanten Unterschied zu sämtlichen Vorgängeralben: Die Musik von GRIMA ist um einiges kompakter geraten.

Nach dem stimmungsvollen Intro folgt mit „Beyond the Dark Horizon“ ein sehr geradliniger Einstieg. Der dreieinhalbminüter startet nicht wie gewöhnlich ausladend atmosphärisch. Ganz im Gegenteil sogar versprüht die Nummer eher Gefühle, die an Second To Sun erinnern und für sanftes Kopfnicken sorgen. Die dezenten Keyboards und der Einsatz des russischen Akkordeons, auch Bajan genannt, setzen trotzdem die richtigen Konterpunkte, um Eintönigkeit gar nicht erst aufkommen zu lassen. Denn schon der Folgetitel „Flight of the Silver Storm“ erklärt, dass sich auch 2025 an der Agenda von GRIMA absolut nichts verändert hat. Schleichend, schwer und mit einer fantastisch verträumten postigen Melodielinie setzt dieser Track umso mehr auf ein Gefühl der Schwermut. Wechselnden Tempi und eine Vielzahl toller Harmonien sowie dynamisches Drumming, formen ein Musterbeispiel modernen, atmosphärischen Black Metals.

„Skull Gatherers“ überrascht hingegen mit leichtem Gothic-Einschlag. Wichtig – wir reden hier von Gothic der Marke Soror Dolorosa. Nicht, dass das jemand mit finnischem Pathos verwechselt. Das jedenfalls ist ein weiteres schönes Detail, welches diesen ansonsten recht gefälligen Song doch zu einem absoluten Highlight werden lässt. Ganz allgemein sind es diese simplen, stets eingängigen Melodien, die wirklich zu begeistern wissen. Wenn das Konstrukt aus träumerischer Raserei und leichtfüßige Melancholie dann noch durch Klargesang bereichert wird („Impending Death Premonition“), was kann man dann noch mehr wollen?

Die Songs auf „Nightside“ fließen in absoluter Geschmeidigkeit ineinander über. Dass die Platte bei allem so gut funktioniert, liegt wohl auch daran, dass die Band auf ihrem neuen Album mehr darauf geachtet hat, ihre Kompositionen konkreten Höhepunkten entgegenzuführen, anstatt sie im Rausch der Atmosphäre an Bodenkontakt verlieren zu lassen. Die längste Nummer ist mit „Nightside“ siebeneinhalb Minuten lang und kann diese mit Bravour ausfüllen.

GRIMA präsentieren 2024 Weltvergessenheit und glanzvoll inszenierte Dunkelheit auf musikalisch höchstem Niveau. Keine Nuance ist überproportioniert. Sei es die Rasanz eines „Where We Are Lost“ oder der ausschweifende Charakter des Titelstücks – die Bandbreite dazwischen wird zu keiner Zeit langweilig oder eintönig. Durch eine erdige und doch klare Produktion, setzt Vladimir Lehtiinen den letzten Schliff und verpasst „Nightside“ ein rohes, jedoch stets differenziertes Klangbild.

GRIMA präsentieren mit „Nightside“ ein fulminantes Album und einen wahrhaftig großen Label-Einstand bei Napalm Records. Die Straffung der zehn neuen Songs hat der Gesamtwirkung des Albums mehr als gutgetan. Denn gerade dadurch entsteht unglaublich viel Bewegung und Abwechslung bei den Arrangements. Egal ob wilde Brachialität, stille Andächtigkeit oder das hohe Gefühl der Erhabenheit – GRIMA bringen auf „Nightside“ all das auf einen Nenner und haben damit wohl ihr bisher eingängigstes, wohl sogar ihr bisher bestes Album erschaffen. Ein absolutes Highlight des noch jungen Jahres 2025!

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Wertung: 9 / 10

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