Review Swallow The Sun – Shining

Die letzten 5 Jahre waren für SWALLOW THE SUN eine Zeit steter Finsternis und Verzweiflung. Haupt-Songwriter Juha Raivio musste 2016 den Tod seiner Lebensgefährtin Aleah Stanbridge verkraften. Die Sängerin (bekannt für ihre Kooperationen unter anderem mit Amorphis) verstarb mit nur 39 Jahren. Raivio kanalisierte dieses erschütternde Ereignis in zwei der schwermütigsten Alben des Doom-Death-Metal. „When a Shadow Is Forced into the Light“ und zuletzt „Moonflowers“ waren über die essenzielle Trauer hinaus aber auch mit einem Heilungsprozess verbunden. Das Resultat dieser Entwicklung legen SWALLOW THE SUN nun mit „Shining“ vor.

Um ein kleines Stück des Fazits vorwegzunehmen: Der Albumtitel ist nicht einfach nur ein Aufhänger. „Shining“ ist eine Agenda. In gewisser Art und Weise ein Umbruch. Allgemein bedeutet das, SWALLOW THE SUN öffnen sich weiten, (fast) optimistisch wirkenden Stimmungen. Die Band greift nach dem Licht und wird doch vom Dunkel angezogen. „Shining“ wurde in ein sehr modernes Soundgewand gehüllt. Einerseits unterstützt dieser neue Ansatz die Entfaltung der großen Katharsis, die SWALLOW THE SUN vermitteln wollen, andererseits fehlen die Ecken und Kanten, die es noch auf „Moonflowers“ durch dessen erdigen und doch erhabenen Klang zuhauf gab. So sind Songs wie „What I’ve Become“ oder „Under The Moon & Sun“ durch die Kombination wuchtiger Gitarren mit Wechselgesang und fast schon buttrig-weichen Refrains zwar durchaus gefällig, aber irgendwie haben sich SWALLOW THE SUN auch noch nie so fremd angefühlt.

Diesem Gefühl gegenüber sind dann Songs wie „Kold“, „November Dust“ und „Charcoal Sky“ kleine, aber überaus wichtige Referenzpunkte an Alben wie „The Morning Never Came“ oder „Hope“. Das obskure dabei: Die tiefe Melancholie die „November Dust“ zu vermitteln vermag, wird durch penetrant pathetische Refrains im Stile von „MelancHoly“ revidiert, während die angenehme Härte, die „Kold“ und „Charcoal Sky“ bis hin zum Tremolopicking anführen, einem Maximum an Gefälligkeit weichen müssen. So zum Beispiel auf dem Düster-Pop-Song „Tonight Pain Believes“ umgesetzt. Solche Schwankungen sind beispielhaft für das Problem der „neuen“ SWALLOW THE SUN. Bei allem Wandel und natürlich dem Recht künstlerischer Freiheit, ist es während des Hörens der Platte schwer, den modernen Anstrich nicht versehentlich mit Pop-Appeal zu verwechseln.

„Shining“ ist ohne Frage herausragend komponiert. Hinter SWALLOW THE SUN stehen eben einfach große Musiker. Auch auf dem neuen Album der Band gibt es tolle Songs und einige Momente, in denen das große Potenzial von „Shining“ offenbart wird. Titel wie „What I Have Become“, „Kold“, „Charcoal Sky“ und partiell auch „Under the Moon & Sun“ schaffen einen großartigen Spagat zwischen dem, was SWALLOW THE SUN groß gemacht hat und der neuen, offeneren Perspektive, aus der die Band ihr schaffen betrachtet. Teilweise sind dabei moderne Death- und Gothic-Metal-Songs herausgekommen, die Brachialität, Romantik und Melancholie stimmig auf einen Nenner bringen und manchmal gar Vergleiche mit neueren Katatonia zulassen.

Auf der anderen Seite ist es leider so, dass der Schritt hin zu einem „optimistischeren Pessimismus“ mit ein paar zu heftigen Veränderungen einherging. Das beginnt bei der Produktion, die einfach zu glatt geschliffen daher kommt und schnell jede Dynamik missen lässt und endet bei von Vocal-Effekten überfrachtetem Gesang. Am Ende stehen Songs, die um die Bezeichnung „Kitsch“ nicht mehr drumherum kommen. Die Band hat viel ihrer Authentizität an eine, im direkten Vergleich zu „Moonflowers“, künstlich wirkende Redefinition verschenkt. Umso bedauerlicher, denn es hat SWALLOW THE SUN noch nie an Eingängigkeit und Moderne gefehlt. Man denke nur an den Song „New Moon“.  Schlussendlich erschaffen die Finnen auf den Fundamenten frischer Ideen und moderner Produktion, nur ein musikalisches Zwielicht anstatt in neuem Glanz zu erstrahlen.

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Wertung: 6 / 10

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