Konzertbericht: 1349 w/ Kampfar, Afsky

16.10.2024 München, Backstage (Club)

Von großen Touren kennt man den Trend zu immer spektakuläreren Band-Packages längst – im Black-Metal-Underground war bislang eher das klassische Headliner-(Local-)Support-Konzept gängig. Doch die Zeiten, in denen es sich für eine halbwegs bekannte Band lohnt, allein oder mit irgendwelchen Newcomern im Schlepptau auf Tour zu gehen, scheinen vorbei.

Anders ist nicht zu erklären, dass mit 1349 und KAMPFAR zwei absolute Headliner gemeinsam auf Tour gehen – und mit AFSKY sogar noch einen Support mitbringen, der angesichts des aktuellen Hypes auch längst kein Geheimtipp mehr ist. Der Konkurrenzkampf um Auftrittsorte und Fans wird jedenfalls auch heute Abend deutlich: Dem spektakulären Billing zum Trotz muss die Tour in München mit dem Backstage Club vorliebnehmen, der mit einer Kapazität von knapp 300 kleinsten Halle auf dem Gelände – und trotzdem finden die letzten Tickets für die Show erst am Konzerttag Abnehmer.

AFSKY im Oktober 2024 in MünchenVermutlich dem Werktag geschuldet, vielleicht aber auch, weil AFSKY stilistisch etwas aus dem Rahmen fallen, sind längst noch nicht alle Fans im Club, als Ole Pedersen Luk mit seiner Liveband den Abend eröffnet. Leider verpasst, wer später kommt, selbst dann nichts, wenn er oder sie AFSKY eigentlich mag – denn die Rahmenbedingungen für die Show sind leider katastrophal. Während die Bühne in Nebel versinkt, der vornehmlich von anstrengenden Stroboskop-Blitzen illuminiert wird, grenzt der Sound an Körperverletzung: Bei ohrenbetäubender Lautstärke bringen die völlig übertriebenen Bässe nur die Bierflaschen auf der Bühne zum Tanzen. Dass AFSKY ihre eh schon wenig komplexen Songs zu allem Überfluss noch ziemlich unsauber hinrotzen, mag zum Black-Thrashigen Auftreten der Musiker und zur Gesamtsituation passen – von der getragenen Atmosphäre der Albumversionen bleibt so aber bedauerlicherweise gar nichts mehr übrig. Von der Darbietung selbst kann eigentlich niemand begeistert sein – dass AFSKY trotzdem lautstarken Applaus bekommen und sich gleich eine Traube um den von Ole Pedersen selbst betreuten Merch-Stand bildet, zeigt, was für eine loyale Fanbase sich der ehemalige Solbrud-Sänger bereits erarbeitet hat.

  1. Stormfulde Hav
  2. Skær
  3. Vinteren Bæres Ind
  4. Vættekongen
  5. Tyende Sang
  6. Oh Måneløse Nat

KAMPFAR im Oktober 2024 in MünchenNach diesem Auftakt ist für die folgenden Bands Schlimmes zu befürchten – der bandeigene Mischer von KAMPFAR jedoch ist jeden Cent wert: Von der ersten Sekunde an passt hier nicht nur die Lautstärke, sondern auch die Ballance der Frequenzen perfekt. Hinzu kommt, dass KAMPFAR spielerisch eine der fittesten Bands sind, die der Black Metal dieser Tage zu bieten hat: Eine Gitarre reicht den Norwegern völlig aus, um druckvolles Riffing ebenso wie melodisch anspruchsvolle Passagen absolut stimmig auf die Bühne zu bringen – und auch Ese (Slegest, ex-Vreid) als Interimsbassist hat sich bereits perfekt eingelebt. Dass ab dem heutigen Auftritt Ask wieder mit von der Partie ist, der auf dem ersten Teil der Tour von Tomas Myklebust vertreten wurde, ist die Kirsche auf der (selbstverständlich tiefschwarz gefärbten) Torte – bereichert dieser die Darbietung doch nicht nur durch sein beeindruckendes Schlagzeugspiel, sondern auch durch Background-Gesang.

KAMPFAR im Oktober 2024 in MünchenUnd dann ist da natürlich noch Dolk: Wenngleich der Norweger mit seinen Arbeitshandschuhen und den bis zu den Ellenbogen mit Gaffatape eingewickelten Armen eher wie ein Hollywood-Psychopath aussieht denn auch nur ansatzweise „true“, und sein wildes Gefuchtel bisweilen Aldrahn-sche Züge annimmt, sucht auch seine Performance ihresgleichen. Dass er sich für die neuen Songs im ansonsten – zum Bandjubiläum passend – vornehmlich oldschooligen Set entschuldigt, wäre so zwar nicht notwendig gewesen … die Hits sind aber trotzdem klar die alten Nummern. Doch ob alte oder neue Songs: Mit einer gesanglichen Glanzleistung, mit einer absolut einnehmenden Aura gesegnet und in den Ansagen so authentisch wie sympathisch, hält Dolk das Publikum 75 Minuten lang in Atem. Besser kann man klassischen Black Metal nicht auf die Bühne bringen.

  1. Feigdarvarsel
  2. Ravenheart
  3. Skogens Dyp
  4. Ophidian
  5. Trolldomspakt
  6. Dødens Aperitiff
  7. Mylder
  8. Urkraft
  9. I Ondskapens Kunst
  10. Norse
  11. Tornekratt
  12. Hymne
  13. Det Sorte

1349 im Oktober 2024 in MünchenNatürlich müssen 1349 es zumindest versuchen – und mit Frost haben die Norweger dahingehend ein echtes Ass im Ärmel: Denn egal, was auf der Bühne sonst auch passieren mag, ist es schon mehr als gutes Entertainment, dem drahtigen Mann bei der Ausübung seiner Kunst zuzusehen – was heute ob der kleinen Bühne und dem (verglichen mit seinem eigenen, burgartigen Satyricon-Schlagzeug) eher überschaubaren Drumkit erfreulich gut geht. Doch auch sonst haben 1349 natürlich so einiges zu bieten – nicht zuletzt, da der Sound wie schon bei KAMPFAR erfreulich transparent ist. Anders als diese setzen 1349 allerdings nicht auf ihre Klassiker, sondern vornehmlich auf Material ihrer letzten zwei Alben – „The Wolf & The King“ (4 Songs) und „The Infernal Pathway“ (3 Songs). Im nur 12 Songs umfassenden Set, bleibt für den restlichen Back-Katalog aus sechs weiteren Alben damit nicht mehr allzu viel Raum – sodass selbst der Album-Klassiker „Hellfire“ (2005) nurmehr mit dem obligatorischen „I Am Abomination“ repräsentiert ist.

 

1349 im Oktober 2024 in MünchenTechnisch und auch in Sachen Boshaftigkeit macht 1349 so schnell niemand etwas vor: Von Frost, dessen Leistung man nicht oft genug hervorheben kann, einmal abgesehen präsentieren sich auch Bassist Seidemann und Gitarrist Archaon als extrem versierte Musiker – und der hühnenhafte Ravn mit seinem mit wahren Metallblöcken verzierten Armbändern nicht nur eine imposante Erscheinung, sondern auch gesanglich einer der stärksten Fronter im Black Metal. Einige Songs lang reicht das vollauf, um zu begeistern. Irgendwann kann es dann aber doch nicht mehr ganz darüber hinwegtäuschen, dass das Songwriting von 1349 leider deutlich hinter den technischen Fertigkeiten her hinkt: Oft wirken die Songstrukturen erratisch, scheinbar unmotiviert folgt Riff auf Riff, hin und wieder unterbrochen von Kerry-King-Gedächtnis-Soli, während derer – bei nur einem Gitarristen unvermeidbar – natürlich der ganze Druck des Riffings wegbricht.

  1. Riders Of The Apocalypse
  2. Ash Of Ages
  3. Slaves
  4. Through Eyes Of Stone
  5. Shadow Point
  6. I Am Abomination
  7. Striding The Chasm
  8. Inferior Pathways
  9. Blood Is The Mortar
  10. The God Devourer
  11. Atomic Chapel
  12. Abyssos Antithesis

Dass 1349 nach nur knapp 60 Minuten Schluss machen, ist darum nicht wirklich bedauerlich – hat der Abend mit KAMPFAR doch seinen Headliner schon früh gefunden. Zumindest die erste Hälfte der 1349-Show weiß aber durchaus zu begeistern, sodass – vornehmlich den äußeren Umständen geschuldet – als Totalausfall lediglich AFSKY zu verbuchen sind. 

1349 im Oktober 2024 in München

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert