Festivalbericht: Prophecy Fest 2024

05.09.2024 - 07.09.2024 Balve, Balver Höhle

Mit dem PROPHECY FEST hat das deutsche Underground-Label Prophecy Productions im Jahr 2015 eine Veranstaltung der Extraklasse ins Leben gerufen – ein „Familientreffen“ der Bands und Fans des Labels, im eindrucksvollen Setting der Balver Höhle. Mit der späteren Regelmäßigkeit des Events und dem damit einhergehenden Druck, in der deutschen Festivallandschaft konkurrenzfähig zu bleiben, hat sich einiges geändert.

Neben den Eigengewächsen wurden vermehrt Bands dazugebucht, die nicht bei PROPHECY PRODUCTIONS unter Vertrag stehen, und das einst stolz ausgerufene „No Headliners“-Credo wurde angesichts der großen „zugekauften“ Bands zunehmend zu einem bloßen Lippenbekenntnis. Dass im Jahr 2023 dann auch die Organisation dem herausragenden Ruf des Labels nicht ansatzweise gerecht wurde, sorgte unter Labelfans und Besuchern für viel Kritik. Am Ende ist es aber doch immer die Kunst, die zählt – und dahingehend haben PROPHECY PRODUCTIONS mit ihrem exquisiten Roster nach wie vor ein ein reiches Pfrund. So ist das PROPHECY FEST auch im Jahr 2024 erneut bereits vorab komplett ausverkauft.

Donnerstag, 05.09.2024

Schon am ersten Tag des Festivals, der „Prophetic Overture“, zeigt sich, dass die Verantwortlichen sich die Kritik an der Organisation des letztjährigen Events – insbesondere an den langen Warteschlangen – zu Herzen genommen haben. Wer nicht selbst (wie erbeten) für die eigene Verpflegung gesorgt hat, muss sich für den von PROPHECY PRODUCTIONS spendierten „Willkommensdrink“ zwar abermals in eine lange Schlange einreihen – das schon geöffnete Ticket-Check-In garantiert aber zumindest eine reibungslose Bändchenvergabe. So trudeln am späteren Nachmittag nach und nach mehr Leute vor der neben dem Campingplatz gelegenen Outdoor-Bühne ein, um den (nahezu) ausschließlich akustisch instrumentierten Sets des Festivalauftakts beizuwohnen. [SR]

Wer in politischer Hinsicht nicht auf dem rechten Auge blind ist, sollte den ersten Act des Tages links liegen lassen: Wie im Vorjahr dürfen nämlich erneut VRÎMUOT die Bühne für sich beanspruchen, obwohl deren Projektkopf Tobias Sichhart verschiedenen Quellen zufolge in rechtsextremen Kreisen verkehrt [1, 2]. Ob der Auftritt in musikalischer Hinsicht etwas taugt, ist für uns darum nicht von Belang.

Prophecy Fest 2024 Thurnin 1Wesentlich erfreulicher ist das Wiedersehen mit THURNIN. Diese wussten bereits beim PROPHECY FEST 2023 mit ihrem zarten „Dream Folk“ zu verzaubern und malen mit ihren filigranen Arrangements auch heuer wieder ein wunderschön anzuhörendes Klangbild. Dass die sympathisch bescheidene Band diesmal als Trio auftritt und auch eine Drehleier, Perkussion und ein wenig Begleitgesang zum Einsatz bringt, lässt die im Vorjahr ausschließlich auf der Akustikgitarre dargebotenen, zeitlos anmutenden Stücke noch holistischer klingen – die perfekte Untermalung eines milden Spätsommerabends. [SR]

  1. The Voyage
  2. Særa
  3. Vagrants
  4. Arcturus
  5. Acquiescence
  6. The Gale

Mit ein wenig Verspätung starten NEUN WELTEN direkt vom Soundcheck in ihr ebenfalls wunderbar feinfühliges Set. Die untergehende Sonne, der Geruch des lodernden Brennholzes in den Feuerschalen vor der Bühne und die Gesprächsfetzen aus dem Publikum verleihen dem Auftritt der Deutschen einen urig-nostalgischen Flair – ganz im Sinne des Konzepts der „Prophetic Overture“. Wie bei ihrem Auftritt im Vorvorjahr stören zwar kleinere technische Schwierigkeiten und gesangliche Schnitzer ein wenig die Stimmung, ansonsten vermag die Band mit ihrer über weite Strecken instrumentalen Darbietung sowohl älterer als auch neuerer Lieder aber durchaus zu berühren. [SR]

  1. Waldquell
  2. Nebelland
  3. Move
  4. In Mourning
  5. Svartalfheim
  6. The Garden
  7. Night And Day
  8. Valg

Im Anschluss steht mit Dan Capp alias WOLCENSMEN leider ein weiterer mit Skepsis zu betrachtender Act auf dem Programm. Insbesondere die Verbreitung kruder Verschwörungstheorien bezüglich der COVID-19-Impfungen und seine mehrmalige und keineswegs lange zurückliegende Zusammenarbeit mit dem Neonazi Varg Vikernes, über die er selbst in Interviews offen spricht, werfen ein schlechtes Licht auf den Briten, der den rechten Slogan „reject modernity – embrace tradition“ offenkundig zu seinem Lebensmotto auserkoren hat. Ein weiterer Auftritt, den man sich getrost sparen kann.

THIEF sollte man sich demgegenüber keinesfalls entgehen lassen. Mastermind Dylan Neal, der für das Festival extra aus Los Angeles eingeflogen ist, spielt als letzter Act des Tages in nächtlicher Dunkelheit die erste von insgesamt drei Shows im Rahmen der Veranstaltung – ein Solo-Set im Dark-Ambient-Stil. Mit voller Konzentration und in dunkelrotes Licht getaucht steht Neal über seinen Laptop gebeugt auf der Bühne und lässt schummrige Soundwellen und schauderhafte Chor-Samples über das Publikum hinwegrauschen. Obwohl die elektronische Musik des Alleinunterhalters vermeintlich im Widerspruch zu den urtümlichen Akustik-Shows der davor Aufgetretenen steht, ist das durchwegs atmosphärische Set des US-Amerikaners ein überraschend stimmiger Abschluss für den Festivalauftakt. [SR]


Freitag, 06.09.2024

Mit PERCHTA aus Tirol wurde einer der derzeit spannendsten Acts im deutschsprachigen Black Metal als Opener gesetzt. Da sich die Band so gut wie niemand entgehen lassen will, bildet sich vor dem Einlass eine Warteschlange mythologischen Ausmaßes. Dank bereits am Vortag sowie Vormittag abgewickelter Bändchenvergabe löst sich diese jedoch – mit leichter Verspätung gegenüber dem Zeitplan – erfreulich schnell auf.

Da der Auftritt zudem um ein paar Minuten nach hinten geschoben wurde, läuft niemand Gefahr, die spektakuläre Show von PERCHTA zu verpassen. Die Balver Höhle offenbart sich sogleich als die perfekte Kulisse für den archaischen Folk-Black-Metal der Band. Epische Tremolo-Riffs und mächtig widerhallende Drums lassen das Innere der Höhle erbeben und das Hackbrett verleiht den Songs eine bedeutungsschwangere Mystik. Besonders faszinierend ist jedoch einmal mehr die hexenhaft kostümierte Frontfrau, die sich wie besessen räkelt und zuckt und außergewöhnlich intensiven sowie vielseitigen Schreigesang zum Besten gibt, der ihr zum Ende hin hörbar einiges abverlangt. Den überschwänglichen Jubel am Ende hat die Band sich mit ihrer überwältigenden Performance redlich verdient. [SR]

  1. Ois wås ma san
  2. Åtem
  3. Summa
  4. Gluat
  5. Vom Verlånga
  6. Ausbruch
  7. Långtuttin & Stampa
  8. Heiliges Bluat
  9. Hebamm

Auf der im hinteren Höhlenbereich aufgebauten Zweitbühne werden im Gegensatz zum Vorjahr zum Glück keine zweigeteilten Sets mehr gespielt. Den dortigen Anfang machen THIEF, deren „Vespers“-Set mit dem Ausklang des Vorabends nicht viel gemein hat: In Begleitung eines Bassisten und eines Schlagzeugers spielt Dylan Neal, dessen Instrument und einziges Sprachrohr zwischen den Songs der Laptop ist, Stücke seiner letzten beiden Alben. Ganz dem erratischen Charakter der Tracks entsprechend gibt der Sänger und Soundkünstler sich extrem aggressiv, nur um nach jedem Ausbruch benommen wie im Drogenrausch über die Bühne zu schlurfen. In den seltenen Momenten, in denen die pumpenden Bässe und Beats ruhigeren Electronic-Effekten weichen, tönt der Soundcheck von der Main Stage leider auf störende Weise herüber. Für sich genommen liefern THIEF jedoch eine starke Performance ab. [SR]

Auf der Main Stage sind als zweite Band EÏS an der Reihe. Die Band ist als Ersatz für Farsot ins Billing gerückt – deutschen „Sophisticated Black Metal“ bekommen die Gäste des PROPHECY FEST also trotzdem zu hören. Im Programm haben EÏS aktuell ihr 2008 (damals noch als GEÏST) veröffentlichtes Album „Galeere“. Das volle Setup inklusive Steuerrad als Mikroständer, wie man es noch beim Dark Easter Metal Meeting bewundern konnte, haben EÏS heute zwar nicht dabei – neben dem dezenten Seemanns-Look der Musiker sorgen aber tiefblaues Licht und dichter Nebel für die richtige Stimmung. Der hallige Sound der Höhle tut sein Übriges zur fast schon unterseeischen Atmosphäre der Show. Details lassen sich somit zwar ebensowenig erkennen wie heraushören – das Gesamtbild aber ist stimmig. Dass Fronter Alboin die Atmosphäre nicht durch unnötige Ansagen aufbricht, ist erfreulich – ebenso positiv hervorzuheben ist jedoch, dass er mit der einzigen längeren Wortmeldung mit Blick auf die alarmierenden Wahlergebnisse vor „allzu viel Wandel in diesem Land“ warnt. [MG]

  1. Galeere
  2. Einen Winter auf See
  3. Durch lichtlose Tiefen
  4. Helike
  5. Unter toten Kapitänen

Für Kopfschütteln sorgt im Anschluss der Auftritt der Post-Black-Metal-Band GERM. Werden die Australier beim ersten Song noch von Kristien Cools (Splendidula) als Gast- und Frontsängerin unterstützt, so verlässt diese gleich danach die Bühne und hinterlässt in deren Mitte klaffende Leere. Tim Yatras‘ DSBM-typisches Schreien klingt zwar wirklich eindringlich, sein Klargesang ist allerdings furchtbar schief und von den Screams des offensichtlich bemühten Bassisten hört man nicht das Geringste. Und auch, dass das überaus dominante Keyboard nur als Backing-Track gesamplet aus den Boxen schallt, ist ausgesprochen schade. In instrumentaler Hinsicht mag der Mix aus perlenden Clean-Gitarren und schwungvollem Metal gefallen – von der melancholischen Atmosphäre der Alben bleibt, so dargeboten, aber wenig übrig. Zumal auch hier ein schaler Nachgeschmack bleibt: Dass GERM im Jahr 2016 eine prominente NSBM-Sängerin auf die Bühne geholt haben, ist nicht vergessen. [SR]

Um 18:25 Uhr dürfen VALBORG ihr Können unter Beweis stellen – leider aber nur auf der Nebenbühne. Dass diese den Charme einer Jam-Ecke für übermotivierte Festivalbesucher hat, kann VALBORG nicht aufhalten: Von den Umständen unbeeindruckt feuert das Trio aus Bonn seine auf das Nötigste reduzierten Songs raus. Diese Nonchalance sorgt beim Publikum schnell für wehende Haare. Vom vergleichsweise ruhigen „Vampyr“ geht die Reise in nur 30 Minuten bis zum spontan eingefügten „Massaker in St. Urstein“ und dem finalen Brecher „Asbach“. Zwar ist die Zuschauerzahl für die kleine Bühne beachtlich – diese Band aus dem Prophecy-Roster hätte aber definitiv mehr Aufmerksamkeit beziehungsweise einen Hauptbühnen-Slot verdient gehabt. [MG]

  1. Vampyr
  2. Plasmabrand
  3. Stoßfront
  4. Der Alte
  5. Ave Maria
  6. Beerdigungsmaschine
  7. Massaker in St. Urstein
  8. Asbach

Auf Ausführungen zum Auftritt von SOLSTICE wird an dieser Stelle verzichtet, da die Band seit dem Jahr 2022 Dan Capp von WOLCENSMEN als Leadsänger am Mikro stehen hat und folglich offenbar – anders als wir – kein Problem in einer engen Zusammenarbeit mit schwurbelnden Nazi-Kollaborateuren sieht. [SR]

1991 von Green-Carnation-Mitgliedern gegründet, haben IN THE WOODS… einiges an Historie vorzuweisen. Das zeigt sich auch an der Euphorie, mit der viele der Festivalbesucher dem Auftritt entgegenfiebern. Der Auftritt selbst wird den hohen Erwartungen allerings höchstens durch einen gehörigen Nostalgie-Filter betrachtet gerecht: Wie bei dem hinter der Bühne an die Wand projizierten Bandlogo, das sich mit dem grell-roten Symbol dahinter spießt, will auch in der Musik und im Auftreten der Band nichts wirklich zusammenpassen. Der allzu theatralische Klargesang des Neuzugangs Bernt Fjellestad passt weder zu seinen gelegentlichen fiesen Black-Metal-Screams noch zu seiner merkwürdig ulkigen, wenn auch in gewisser Weise sympathischen Dad-Rock-Attitüde und Erscheinung. Bis auf ein paar treibende Passagen ist auch die größtenteils im Midtempo angesiedelte Musik der Norweger selten mitreißend und der tackernde Klang der Bassdrum fällt immer wieder störend auf – eine in sich runde Show klingt anders. [SR]

  1. Heart Of The Ages
  2. We Sinful Converge
  3. Yearning The Seeds Of A New Dimension
  4. Empty Streets
  5. A Wonderful Crisis
  6. 299 796 km/s
  7. …In The Woods

Hatte das Setting der Nebenbühne für Valborg noch funktioniert, gegen FORTÍÐ dort komplett unter: Im statisch weißen Frontlicht und mit fürchterlich rumpelndem Sound kommt leider keine Atmosphäre auf. Dass die Fans die Band nicht merken lassen, was für ein Brei vor der Bühne ankommt, ist eine noble Geste. Ob sich Prophecy mit der zweiten Stage aber wirklich einen Gefallen tun, wenn diese kaum mehr hermacht als ein durchschnittlicher Proberaum, ist mehr als fraglich. Nach nur 25 Minuten ist dann aber auch schon wieder (planmäßig) Schluss. Im konkreten Fall ist das kein Verlust – schade für und um FORTÍÐ ist es trotzdem. [MG]

Insbesondere, wenn die Pause dann doch deutlich hinzieht: Statt um 21:55 Uhr geht es auf der Hauptbühne nämlich erst um 22:10 Uhr weiter. Wie bereits zwei Jahre zuvor ist die unverschämt schrille Show von ARTHUR BROWN und seiner Band jedoch einmal mehr eines der großen Highlights der Veranstaltung. Nachdem der „God of Hellfire“ seinen Auftritt am PROPHECY FEST 2023 leider absagen musste, steht der skurrile Entertainer nun wieder in (82 Jahre!) alter Frische auf der Bühne und liefert eine Show ab, die den Namen verdient. Während der Sänger größtenteils tief zeternd, manchmal aber auch mit einer schrägen Fistelstimme singt, sich gefühlt nach jedem zweiten Song in ein neues (zumeist in Glitzer getränktes) Kostüm wirft und bei „Fire“ seinen markanten, brennenden Hörnerhelm aufsetzt, wird auf der Wand hinter Bühne eine wilde Bilderflut aus ineinander übergehenden Fotos und Malereien – teilweise mit politischen Botschaften – gezeigt. Derweil spielen seine Mitmusiker ein Set aus mal lässigen, mal fetzigen Psychedelic-Rock-Nummern, das immer wieder mit Überraschungen aufwartet und dem aufgrund der alles andere als rigiden Songstrukturen der freigeistige Charakter einer Jamsession anhaftet. Nach der knapp einstündigen, unbestreitbar spaßigsten Performance des Festivals stellt ARTHUR BROWN auf anerkennende Weise seine Band vor und bedankt sich ebenso wertschätzend beim Publikum, ehe der bunte Trupp bei überschwänglichem Applaus die Bühne verlässt. [SR]

  1. Bubbles
  2. Nature
  3. Prelude – Nightmare
  4. Fire Poem
  5. Fire
  6. Sunrise
  7. Voice Of Love
  8. Touched By All
  9. Time Captives

Immerhin fast pünktlich beginnt mit TRIPTYKON der letzte Akt des Tages. Dass es bereits 23:30 Uhr ist und das PROPHECY FEST damit seit bald neuen Stunden läuft, fordert leider seinen Tribut: Nach Arthur Brown leert sich die Höhle merklich – und auch während der TRIPTYKON-Show dünnt das Publikum weiter aus. Wer das Werk von Tom G. Warrior zu schätzen weiß, ist allerdings trotz der späten Stunde gut beraten, zu bleiben: In wuchtigem Sound und vom Höhlen-Ambiente perfekt in Szene gesetzt, gibt es nämlich nicht nur TRIPTYKON-Songs, sondern auch einige lange nicht gehörte Perlen von CELTIC FROST zu hören: Direkt als Opener hauen TRIPTYKON das mächtige „Synagoga Satanae“ von „Monotheist“ raus – noch spezieller wird es später im Set: Mit „Mesmerized“, „Sorrows Of The Moon“ und „Babylon Fell“ gibt es auf Wunsch des Veranstalters gleich drei Stücke von „Into The Pandemonium“ zu hören. Bemerkenswert ist, wie gut Warrior den sehr experimentellen Gesang dieser Schaffensphase rekreiert. Dass die Bühne zwischen den Songs in grellweißes Licht getaucht wird, gibt in Sachen Atmosphäre Abzüge in der B-Note – und wenn man ehrlich ist, ist das eher feingeistige Prophecy-Klientel vielleicht nicht das perfekte Publikum für derart reudigen Death-Doom. Nichtsdestoweniger ist dieser Auftritt für Fans definitiv der krönende Abschluss des ersten Tages. [MG]

  1. Synagoga Satanae (Celtic-Frost-Cover)
  2. Goetia
  3. Altar Of Deceit
  4. Mesmerized (Celtic-Frost-Cover)
  5. Sorrows Of The Moon (Celtic-Frost-Cover)
  6. Abyss Within My Soul
  7. Babylon Fell (Celtic-Frost-Cover)
  8. The Prolonging


Samstag, 07.09.2024

Dass es auf dem PROPHECY FEST keine Headliner gibt, nimmt man dem Label mittlerweile zwar nicht mehr ab – dennoch wartet der diesjährige Timetable noch mit der einen oder anderen Ungewöhnlichkeit auf. So eröffnet heute (abermals mit geringfügiger Verspätung) um kurz nach 13:00 Uhr niemand Geringeres als EMPYRIUM das Programm – und das mit einer einmaligen Darbietung. Zum 25. Jubiläum von „Where At Night The Wood Grouse Plays“ spielt die Band diesen Meilenstein ihres Schaffens in voller Länge. Die illustre sechsköpfige Live-Besetzung interpretiert die auf Platte eher bescheiden instrumentierten Kompositionen auf höchst stimmige Weise, ohne sie zu überladen, und das Setting der Höhle tut ihr Übriges, um die zeitlose Bedeutsamkeit des Werks zu unterstreichen. Diese zeigt sich auch im Verhalten der zahlreich erschienenen Fans, die den naturromantischen, melancholischen Stücken gebannt lauschen und nach jedem mit tosendem Applaus reagieren. Die als Zugabe angehängten Lieder des „Weiland“-Albums runden die herausragende Opening-Show zudem wunderbar ab. Es sind unbestreitbar Konzerte wie dieses, die das PROPHECY FEST zu etwas Besonderem machen. [SR]

    1. Where At Night The Wood Grouse Plays
    2. Dying Brokenhearted
    3. The Shepherd And The Maiden Ghost
    4. The Sad Song Of The Wind
    5. Wehmut
    6. A Pastoral Theme
    7. Abendrot
    8. Many Moons Ago
    9. When Shadows Grow Longer

  1. Heimwärts
  2. Die Schwäne Im Schilf

Nach diesem eindrucksvollen Auftakt wirft spätestens der nächste Programmpunkt die Frage auf, ob hier nicht irgendwer die Running Order auf den Kopf gestellt hat: ALCEST spielen mit dem Pianisten NICOLAS HORVATH eine Special-Show, die dieses Begriffs wirklich würdig ist. Ihren Schlagzeuger Winterhalter haben ALCEST ebenso daheim gelassen wie ihre Instrumente. Dafür verstärkt personell Elise Aranguren die zum Chor mutierte Band. In diesem puristischen Setting beweisen ALCEST eindrucksvoll, wie gut ihre Songs wirklich sind: Ein Flügel und drei Stimmen reichen vollkommen aus, um die Magie, die in den Melodien steckt, zu entfesseln – egal, ob es sich um Stücke von eh schon eher luftiger arrangierten „Shelter“ handelt oder um im Original opulente Metal-Songs. Dass das Publikum vorbildlich mitspielt und auch optisch nur mit Kerzen stimmungsvoll in Szene gesetzten, 50-minütigen Performance andächtig und vor allem schweigend lauscht, ist das I-Tüpfelchen auf dieser Darbietung. Was bleibt, ist Gänsehaut – und die Frage, was oder wer das heute noch toppen soll. [MG]

  1. Souvenirs D’un Autre Monde
  2. Kodama
  3. Sur L’océan Couleur De Fer
  4. Autre Temps
  5. Délivrance

Auf der Second Stage folgt mit dem „Antiphon“-Set von THIEF ein harscher Bruch zu den sanftmütigen vorherigen Shows. Der dritte und letzte Auftritt des Electronic-Projekts unterscheidet sich bis auf Teile der Setlist nicht wesentlich von der Performance des Vortages. Erneut wird Soundkünstler Dylan Neal, dessen Bühnenpräsenz mitunter sogar extremer als die einer Hardcore-Band ist, von einem Bassisten und einem Schlagzeuger begleitet und abermals geben sich ruhigere Atmospheric-Parts und ohrenbetäubende Ausbrüche die Klinke in die Hand. Abgesehen von Neals rasantem Zusatz-Drumming kurz vor dem Ende erscheint die Show nach dem „Verspers“-Set des Vortags zwar etwas redundant, für sich genommen legt die Band jedoch erneut einen im Kontext der Veranstaltung erfrischend unkonventionellen Auftritt hin. [SR]

Mit etwas Verspätung bringen DYMNA LOTVA die harschen Klänge dann auch auf die Hauptbühne. Auch die Belarussen haben einen Flügel auf der Bühne – allerdings „nur“ das blutverschmierte Federwerk, das die geschlachtete Friedenstaube symbolisiert. Die 2015 gegründete Band hat sich seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine die Unterstützung ihrer Nachbarn auf die Fahnen geschrieben. Musikalisch bekommen die zahlreich versammelten Fans eine Mixtur aus melancholischen, ruhigen Partes und kraftvollen Riffing geboten. Wirklich zu etwas Besonderem macht aber erst Sängerin Nokt die Show. Das blütenweiße Kleid und der Stroh-Kranz im Haar täuschen – schon bald sorgt die Fronterin mit wilden Screams und einer expressiven Performance für Aufsehen. Ein von Anfang bis Ende packender Auftritt der Band, die nach ihrem starken Auftritt von 2024 den Hauptbühnenslot redlich verdient hat! [MG]

  1. Live!
  2. Into The Swamp
  3. Death Kisses Your Eyes
  4. Funeral Of The Ground
  5. The Land Under The Black Wings
  6. Hell
  7. Cruelty
  8. Buried Alive

Weniger eindringlich gestaltet sich der anschließende Auftritt von FEN. Die Post-Black-Metaller spielen ihre Songs zwar durchaus gekonnt, an den Schwächen des eher langatmigen Materials ändert dies jedoch nichts. Bis auf wenige Ausnahmen wie das mächtig klingende „Scouring Ignorance“ mäandert die Show recht ereignislos vor sich hin. Überdies krankt der Auftritt des Trios an einem miserablen Sound. Obwohl es nur eine Gitarre auf die anderen Instrumente abzustimmen gilt, geht diese zeitweise ziemlich unter, was in einem versumpften Sound resultiert, wohingegen die Vocals um einiges zu laut aus den Boxen tönen. Da verwundert es nicht, dass das Publikum nicht sonderlich mitgerissen zu sein und schnell merklich ausdünnt. [SR]

  1. Winter I (Pathway) [Ausschnitt]
  2. Winter II (Penance)
  3. Nebula
  4. Scouring Ignorance
  5. Truth Is Futility
  6. Menhir – Supplicant

Ob nun durch die (bereis oben erwähnte) Kollaboration mit einer NSBM-Sängerin beim Side-Project Germ oder ihren Auftritt auf dem Steelfest: Mindestens Ignoranz gegenüber einer rechten Gesinnung muss man den Musikern hinter AUSTERE ankreiden. Dass Live-Gitarrist Eklatanz (Heretoir) kurz nach diesen Ereignissen ausgestiegen ist, überrascht wenig. Rein musikalisch betrachtet ist es dennoch schade, war sein Gesang doch eine echte Bereicherung für die Darbietung der Australier. Wie schon auf dem neuen Album „Beneath The Threshold“ bleiben die neueren Stücke leider auch heute „unter der Schwelle“ zur Durchschnittlichkeit. Nicht zuletzt, weil Fronter Desolate eine tatsächlich desolate Leistung am Mikrofon hinlegt. Was AUSTERE ausmacht, wird erst in der zweiten Hälfte des Sets deutlich: Zumindest die Band-Klassiker „This Dreadful Emptiness“ und „Just For A Moment …“ von „To Lay Like Old Ashes“, bei denen ausschließlich Drummer Sorrow singt, verfehlen auch heute ihre Wirkung nicht. [MG]

  1. Sullen
  2. Cold Cerecloth
  3. Cycle Of Collapse
  4. This Dreadful Emptiness
  5. Just For A Moment…

Als Nächstes zelebrieren ARÐ ihre Rückkehr auf die Bühne der Balver Höhle, um einmal mehr ihren „Monastic Doom Metal“ zum Besten zu geben. Die Tontechnik ist diesmal vorerst leider nicht auf der Seite der Band: Der dröhnende Bass übertönt eine Weile lang die anderen Instrumente und hin und wieder entfleucht den Gitarren ein unangenehm schrilles Feedback. Im Zuge des Sets bekommt die Crew dieses Problem jedoch in den Griff und davon abgesehen ist der Auftritt des Sextetts überaus eindrucksvoll. Ganz wie auf ihren beiden Alben wirken die bedrückenden Gitarren, das getragene Drumming, die chorartigen, stoischen Gesänge und das erhabene, live gespielte Keyboard, das manchmal eine Orgel simuliert, auf bedeutungsschwere Weise zusammen, was beim Publikum merklich Eindruck schindet. [SR]

  1. Cursed To Nothing But Patience
  2. Hefenfelth
  3. He Saw Nine Winters
  4. Burden Foretold
  5. Take Up My Bones
  6. Banner Of The Saint

Auf der kleinen Bühne spielen BLAZING ETERNITY mit „A Certain Chapter Of New Lights“ anschließend ihr erstes von zwei Sets. Dieses ist dem heuer erschienenen dritten Album der zuvor viele Jahre lang inaktiven Band, „A Certain End Of Everything“, gewidmet. Sonderlich aufregend ist das Comeback der Melodic-Death/Doomer allerdings nicht. Die neuen Songs wirken unspektakulär, der Sound ist dumpf und die an sich nicht unsympathische, nahbare Art des Sängers konterkariert den schwermütigen Grundton der Musik. Letztlich vermitteln die Dänen trotz ihrer lang zurückliegenden Anfangstage nicht das Bild einer alteingesessenen Musikgruppe, sondern eher das einer bemühten, aber nicht ganz ausgereiften Nachwuchstruppe. [SR]

  1. One Thoursand Lights
  2. The Ghosts Of Another Broken Life
  3. The Bells
  4. A Certain End Of Everything

Zurück zum Black Metal geht es ausgerechnet mit HEXVESSEL – jener Band also, die über viele Jahre für ihren eigenwilligen „Forest Folk“ verehrt wurde. Fast schon entschuldigend erklärt Fronter Mat McNerney alias Kvohst dann auch, dass Black Metal immer schon in der Musik von HEXVESSEL gesteckt habe – und der Folk immer noch in ihr zu finden sei. Derweil sind derartige Rechtfertigungen vollkommen überflüssig: Hier folgt ein Mann seiner Vision, und das ist doch schlussendlich, was man von einem Künstler erwarten sollte. Wie sehr er diese Vision lebt, merkt man nicht nur an den Ansagen, sondern auch am der bis ins Detail durchdachten Umsetzung: Fast schon lächerlich kleine Fender Combos sorgen für den authentisch flirtenden ’90s-Black-Metal-Gitarrensound, die Keyboards kommen selbstverständlich nicht vom Band und die schwarzen Kapuzenumhänge runden das bemerkenswert unpeinlich-true Gesamtbild stimmig ab. [MG]

  1. Adieu To Old England (Shirley Collins Cover)
  2. Black Mountain Poet
  3. The Tundra Is Awake
  4. Listen To The River
  5. Eternal Meadow
  6. Phaedra
  7. Older Than The Gods
  8. Ring
  9. Homeward Polar Spirit
  10. A Cabin In Montana

Mit ihrem „Times And Drowning Worlds“-Set melden sich BLAZING ETERNITY aufgrund der allgemeinen Verzögerungen 15 Minuten nach dem Zeitplan auf der Second Stage zurück. Wieder setzt der suboptimale Klang ihrem Auftritt schwer zu: Die Vocals klingen derart verwaschen, dass man kaum ein Wort ausmachen kann, die Gitarrenleads kommen kaum zur Geltung und der plumpe Schlagzeug-Sound fällt besonders negativ auf. Zumindest die Setlist, die sich aus Songs der ersten beiden Alben der Band zusammensetzt, wartet nun mit etwas interessanteren Stücken auf. Die von Gitarrist Morten Lybecker im Alleingang gesungenen Gothic-Metal-Nummern von „A World To Drown In“ triefen zwar vor Kitsch, bringen aber zumindest ein wenig Abwechslung mit sich. Letztlich zählt aber auch dieses Set nicht gerade zu den Highlights des Festivals. [SR]

  1. Cover Me With Your Eyes
  2. (Don’t) Tell The World
  3. Of Times And Unknown Waters
  4. Concluding The Dive Of Centuries
  5. Dark Summernights Of Eternal Twilight

Da die Verzögerungen sich mittlerweile ein wenig summiert haben, beginnt die vorletzte Show des Abend schon ganze 20 Minuten später als geplant. Schließlich wird es jedoch finster, ein ominöses Dröhnen erschallt und DOOL starten mit dem drängenden „Venus In Flames“ in ihr von vielen erwartetes Set. Wie man es von der niederländischen Dark-Rock-Stars gewohnt ist, folgt eine Show, die an roher Energie jedes Death-Metal-Konzert in den Schatten stellt. Die gesamte Band ist hörbar in Höchstform, die größte Stärke des Quintetts ist jedoch zweifellos Raven van Dorsts eindringliche Gesangsperformance und Bühnenpräsenz. Die Frontperson, die ihre Freude darüber, zum dritten Mal auf der Veranstaltung spielen zu dürfen, glaubhaft zum Ausdruck bringt, heizt die Menge vor der Bühne gekonnt an und legt sich in jeglicher Hinsicht mächtig ins Zeug. Überdies ist der Klang der Instrumente wunderbar ausdifferenziert, obwohl die Band mit drei Gitarren auftritt. Unter lautstarkem Jubel endet der Auftritt leider schon um 23:30 Uhr – ein trotz der fortgeschrittenen Stunde allzu früher Abschied. [SR]

  1. Venus In Flames
  2. The Hand Of Creation
  3. The Shape Of Fluidity
  4. House Of A Thousand Dreams
  5. Hermagorgon
  6. Love Like Blood (Killing Joke Cover)
  7. Oweynagat

Als krönender Abschluss des PROPHECY FEST 2024 stehen um 0:45 Uhr PARADISE LOST auf dem Programm. Auf der Bühne stehen die Briten, der mitgeschleppten Verspätung und eines ungeplant langen Soundchecks wegen, allerdings erst um 0:15 Uhr. Dass die Fans trotz der vorgerückten Stunde und nach nunmehr zwei anstrengenden Festivaltagen vor der Bühne dicht an dicht stehen, bestätigt die Booker des PROPHECY FEST in ihrer Entscheidung für die Briten als letzte Band. Und tatsächlich erweisen sich PARADISE LOST als ein absolut stimmiger Rausschmeißer: Ihren melancholischen Death-Doom könnte man atmosphärisch durchaus als den gemeinsamen Nenner vieler Bands des Wochenendes bezeichnen. Vor allem aber wirken PARADISE LOST heute (für ihre Verhältnisse) maximal motiviert. Zwar bleibt Nick Holmes natürlich Nick Holmes, und so bleibt es bei ein paar knappen, dafür umso humorigeren Ansagen („The sound is a bit weird in here. It’s like you are in a cave or something“). Der Rest der Truppe aber rockt mit ordentlich Power ab, sodass der Auftritt auch ohne große Überraschungen, was die Songauswahl angeht, deutlich kraftvoller und mitreißender ausfällt, als die vergleichsweise blutleeren Auftritte, die man von PARADISE LOST in den letzten Jahren leider nur allzu oft gesehen hat. [MG]

      1. Enchantment
      2. Pity The Sadness
      3. The Enemy
      4. Hallowed Land
      5. One Second
      6. As I Die
      7. Forever Failure
      8. Faith Divides Us – Death Unites Us
      9. No Hope In Sight
      10. The Last Time
      11. Smalltown Boy (Bronski Beat Cover)
      12. Say Just Words
      1. Embers Fire
      2. Ghosts
Musikalisch ist das PROPHECY FEST auch 2024 wieder ein Event der Extraklasse: Der Mix aus herausragenden neuen Bands wie PERCHTA oder DYMNA LOTVA mit Special-Shows von Szenegrößen wie EMPYRIUM oder ALCEST begeistert. Dass mit TRIPTYKON und PARADISE LOST beide Headliner-Slots „extern“ vergeben wurden, also an Bands ohne Verbindung zum Label Prophecy Productions, ist (ungeachtet deren Qualität) ein wenig befremdlich: Immerhin war die Grundidee des Festivals ursprünglich, das Label und dessen erlesenen Roster zu zelebrieren. Klar, Bands dieser Größenordnung gibt es im Prophecy-Roster nicht viele – die Frage ist, ob das PROPHECY FEST überhaupt solche Namen braucht oder vielmehr wegen der exquisiten und Teils auch exklusiven Acts besucht wird.

Schelten muss man PROPHECY aber leider einmal mehr dafür, dass das Label – gerade jetzt, da rechtsextreme Parteien wieder vermehrt Zulauf erhalten – nonchalant Acts mit dieser Gesinnung unter Vertrag nimmt und auf dem Festival auftreten lässt. Ein Hotspot für Menschen aus dieser Szene scheint das Event deshalb zwar bislang nicht zu sein, angesichts der jedes Jahr aufs Neue im Lineup auftauchenden schwarzen Schafe und einiger im Publikum zu entdeckenden NSBM-Shirts muss man jedoch bitterlich zur Kenntnis nehmen: Auf dem PROPHECY FEST sind auf und vor der Bühne offensichtlich (auch) Rechtsextreme willkommen – solange sie sich unauffällig verhalten.

Was die Organisation angeht, wurde merklich nachgebessert: Zwar kommt es an beiden Tagen beim Einlass zu Verzögerungen, die sich auf den Start des Programms auswirken – ansonsten läuft diesmal alles ohne nennenswerte Wartezeiten ab. Sogar für den Merch-Einkauf muss nach dem ersten Ansturm kein Anstehen mehr einkalkuliert werden. Auch die zweite Bühne funktioniert in diesem Jahr besser: Nur selten lärmt der Soundcheck von der Hauptbühne dazwischen. Außer bei THIEF und BLAZING ETERNITY, bei denen es einem Konzept folgt, werden auch keine Shows mehr in zwei oder mehr Teile zerrissen. Ob es die Stage überhaupt bräuchte, bleibt allerdings fraglich: Die Sets sind so kurz, dass man sich doch fragt, ob sich der Aufwand lohnt, dafür Bands aus Island und den USA einfliegen zu lassen. Vor allem aber lassen Sound und Ambiente der Nebenbühne leider nach wie vor zu wünschen übrig.

Letzteres gilt für die ganze Höhle, die leider nicht adäquat in Szene gesetzt wird: Zwar streift dann und wann ein Scheinwerferkegel den Stein – schlussendlich liegt das imposante Deckengewölbe im Bühnenbereich aber fast durchweg im Dunklen. So verliert die an sich einzigartige Location viel von ihrer Faszination: Sowohl die Shows als auch das PROPHECY FEST selbst würden ohne Weiteres auch in einem anderen Setting funktionieren. Immerhin gereicht die Höhle in Sachen Sound nicht zum Nachteil: Zwar klingen die „Knüppel-Bands“ etwas undefiniert, den ruhigen (ALCEST) wie auch wuchtigen (TRIPTYKON) Acts bekommt der „Höhlen-Sound“ aber gut.

Die eigentlichen Kritikpunkte am Festival sind „extern“ zu suchen, und das im wortwörtlichen wie auch übertragenen Sinne: Das Areal vor der Höhle ist und bleibt ein ungemütlicher Ort mit dem Charme eines Autobahn-Rastplatzes. Zwischen den Imbiss-Buden gibt es außer einigen Bistrotischen (und an Tag zwei ein paar zusätzlichen Bierbänken) nichts, das zum Verweilen einlädt. Vor allem aber wirkt die vom Höhlenbetreiber exklusiv betriebene Gastronomie in Organisation und Angebot aus der Zeit gefallen: Das Bezahlsystem mit Essensmarken, die zunächst an einem separaten Stand erworben werden müssen (keine Rückgabe!) ist so unpraktisch wie antiquiert. Und auch das Essensangebot selbst wirkt, als wäre es in den 1990er-Jahren konzipiert worden. Einzig die Preise sind „zeitgemäß“: 4 € für 0,3 l Bier oder walhlweise Softdrinks, 4 € für die kleine Schale Pommes, 6€ für eine Schnitzelsemmel, 8 € für einen Döner oder 10 € für die doppelte Currywurst mit Pommes („Höhlenteller“) sind so gesalzen wie die Pommes selbst.

Publiziert am von und Stephan Rajchl

Fotos von: Afra Gethöffer-Grütz und Stephan Rajchl

7 Kommentare zu “Prophecy Fest 2024

  1. Danke für diese Art von Berichterstattung. Für mich seit ihr mit Abstand das deutsche Metalmagazin was am direktesten Probleme anspricht.
    Großartig waren z.B. das Taake Interview oder die Rammstein Kolumne.

    Denke mal, dass auf viele Leute zutrifft, die, wie ich mit Black und Death Metal aufgewachsen sind, nicht mehr bereit sind alle Verharmlosungen hinzunehmen.
    Letztendlich sind wir die Konsumenten, die diese Musik lieben, aber auf Einordnung der Fachmedien angewiesen.

    Prophecy war für mich immer ein besonderes Label mit atmosphärischer Musik bsp. von Empyrium, The Vision Bleak, Alcest oder Helrunar.
    Bin echt am überlegen ob ich überhaupt noch einen Tonträger von denen kaufe.

    Aber Sie hätten ja die Möglichkeit es auch einfach zu ändern

    1. Danke für die netten Worte – es freut mich (uns) sehr, wenn wir mit unserer Arbeit einen Nerv treffen. Denn genau dafür ist Journalismus unserem Empfinden nach da – das reine Abfeiern sollte den Fans vorbehalten bleiben. ;)

  2. Sehr gut, dass ihr so deutlich ansprecht welchen rechten Clowns hier die Bühne geboten wird. Prophecy ist ja mittlerweile dafür leider bekannt und hat sich auch auf Facebook mit diversen Interview-Links auf rechte Seiten positioniert nur um sich dann halbgar wieder davon zu distanzieren. Aber die Wahrheit ist offensichtlich dass man mindestens rechtsoffen ist.

    Es wäre begrüßenswert wenn man diesem Festival keine Beachtung mehr schenkt. Es gibt doch mehr als genug Festivals ohne Nazis vor, auf und hinter der Bühne über die man berichten kann.

    1. Ich verstehe, woher deine Einschätzung kommt, finde persönlich aber, dass sie ein wenig zu weit geht. Von einem Nazilabel oder NSBM-Festival sind wir hier weit entfernt, und leider muss man sagen, dass man vergleichbare Vorwürfe so ziemlich jedem Black-Metal-Event machen könnte. Drudensang auf dem PSOA und Herbstoffensive, Ahklys ebendort, von dem dort zu sichtenden Bandmerch mal ganz abgesehen. Wichtig wäre aber in der Tat, dass Prophecy die Kritik, die ja längst nicht nur von unserer Seite, sondern immer wieder auch unter entsprechenden Fehltritten auf Social Media kommt, endlich einmal ernst nimmt – sonst nehmen Label und auch deren völlig unschuldige Bands irgendwann ernstlich Schaden.

  3. Ich halte es für absolut bedenklich, wenn ein Musikmagazin Künstler auf diese Art und Weise an den politischen Pranger stellt. Gerade hinsichtlich der Band Vrîmuot, die hier schlicht aufgrund einer Kontaktschuld mithilfe von fragwürdigen Rechercheseiten als „rechtsextrem“ abgestempelt wird und unter Einbeziehung seines Namens offensichtlich auch privat geschädigt werden soll. Schämt euch!

    1. Hallo Flo, hier wird niemand „an den Pranger gestellt“, der das nicht selbst bereits getan hat. Mehreren Quellen zufolge (wir haben den Beitrag dahingehend nochmal erweitert) verkehrt er mit Mitgliedern der Identitären Bewegung, der Jungen Alternative und ist Mitglied der Wölfe Nordland, welche wiederum beispielsweise die Schwarze Sonne auf Facebook posten. Dieses nicht verbotene Symbol ist KEINE heidnische Rune, sondern hat ihren Ursprung in der Zeit des Nationalsozialismus. Das Symbol erschien erstmals als Bodenornament im Obergruppenführersaal der SS-Schule Haus Wewelsburg während der NS-Zeit. Wer dieses Zeichen verwendet, offenbart allein dadurch also klar seine politische Ausrichtung.

  4. Danke, dass ihr darauf eingeht, dass bei Prophecys Bandentscheidungen ein deutlicher Rechtruck zu sehen ist, das wird von vielen Medien ignoriert. Übrigens hat Rich Walker von Solstice, nachdem er sich in eine weirde Denkrichtung verabschiedet hat, Dan Capp in die Band aufgenommen und seine Mannschaft an sein neues Weltbild angepasst. Da haben sich also durchaus zwei Premiumdenker gesucht und gefunden.

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