She Reaches Out To She Reaches Out To She Artwork

Review Chelsea Wolfe – She Reaches Out To She Reaches Out To She

Zuletzt war es recht ruhig um CHELSEA WOLFE, die Pandemie machte ab 2020 Touren und Studioaufnahmen schwierig bis unmöglich. So nutzte die US-Amerikanerin die Chance, sich in diversen Kooperationen (wie den Soundtrack zur DC-Comic-Serie „Dark Nights – Death Metal“ zusammen mit dem renommierten Komponisten Tyler Bates oder das noisige Mrs.-Piss-Album, beide 2021 erschienen) auszuprobieren bzw. -zutoben. Wenig überraschend war die Spannung entsprechend groß, als für 2024 ein neuer Longplayer angekündigt wurde. Welche ihrer musikalischen Facetten würde auf „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ zu hören sein?

Denn auf letzten vier Alben war die silistische Bandbreite der US-Amerikanerin ziemlich groß, die Palette reichte von Dark Folk („Pain Is Beauty“) über minimalistische Elektronik bis zu harsch verzerrtem Industrial („Abyss“) oder gar Doom Metal („Hiss Spun“). So mag es Fans der beiden letztgenannten Releases sicherlich freuen, dass „She Reaches Out…“ im Gegensatz zum letzten regulären Longplayer „Birth Of Violence“ (2019) mit Drums (bzw. Beats), verzerrten Gitarren und Synthesizern aufwartet – was sich in Sachen Abwechslung spürbar positiv auswirkt.

CHELSEA WOLFE orientiert sich auf ihrem neuesten Longplayer dabei vor allem am 2015er „Abyss“, ohne jemals dessen Härtegrad bzw. Noise-Faktor zu erreichen. Das ist allerdings nicht negative zu bewerten, denn Wolfes Songwriting-Skills haben durchaus von der Zusammenarbeit mit Tyler Bates profitiert. „She Reaches Out…“ klingt in sich homogen, bietet aber regelmäßig tolle soundtrackartige Momente oder auch schroffe Klangcollagen und damit große Emotionen.

Der Opener (und zugleich die erste Single) „Whispers In The Echo Chamber“ erweist sich sogar als Glücksgriff: Man wird sofort von den bedrohlich anmutenden elektronischen Soundscapes und Beats eingelullt, eine Wolke aus Distortion dröhnt unter Wolfes typisch introvertiert-zurückgenommenen Gesangs. Trotz aller weirdness unmittelbar ein Ohrwurm, in Sachen Atmosphäre den legendären Massive Attack oder auch Portishead nicht unähnlich. Dafür ist der an zweiter Stelle folgende „House Of Self-Undoing“ überraschenderweise der vermutlich schnellste Song aus ihrem Repertoire, inklusive latentem „Hiss-Spun“-Feeling.

Der straight-groovige Beat von „Tunnel Lights“ weckt gar Hip-Hop-Assoziationen, was auf den zweiten Blick aber nicht überrascht: CHELSEA WOLFE ist ein großer Fan der 2001 verstorbenen RnB-Sängerin Aaliyah, was auf „She Reaches Out…“ mehr als einmal unterschwellig hörbar ist. Geordnete Arrangements machen die regelmäßig auftauchenden, noisig-verzerrten Gitarrenparts zu kleinen Highlights. Chapeau, diese Mischung macht Spaß, ist abwechslungsreich und jederzeit spannend.

So wildert Frau Wolfe auf zehn Songs in exakt 43 Minuten erfolgreich in der Schnittmenge aus Soundtrack, Synth-Pop, Trip-Hop und Noise-Rock – und macht dabei eine ausgesprochen gute Figur. Mit ihrer charakteristischen Stimme als musikalischen roten Faden klingt „She Reaches Out…“ gleichzeitig vertraut und neuartig – und gehört qualitativ sicher zu den oberen zehn Prozent in Wolfes Katalog. Eine großartige Weiterentwicklung einer ebenso großartigen Künstlerin, die alle Fans von atmosphärischer Musik ohne Berührungsängste ansprechen sollte. CHELSEA WOLFE sollte man auf jeden Fall weiter auf dem Radar behalten.

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Wertung: 9 / 10

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