Cover GOST

Review Gost – Prophecy

  • Label: Metal Blade
  • Veröffentlicht: 2024
  • Spielart: Electronic, Synthwave

Rückblickend muss man sagen, dass der Sprung von „Valediction“ (2019) zu „Rites Of Love And Reverence“ (2021) gigantisch gewesen ist. Binnen zwei Jahren war es GOST gelungen, sich von einem durchschnittlichen Dark-Industrial-/ Retrowave-Projekt mit Metal-Affinität hin zu einem kauzigen, aber dennoch melodischen Darksynth-Produzenten par excellence zu mausern.

Was für Fans eine Weiterentwicklung gewesen ist, war für GOST selbst anscheinend nur eine weitere musikalische Herausforderung, die nach Veröffentlichung von „Rites Of Love And Reverence“ als abgeschlossen galt. Zumindest erklärt das, warum das neuste Album des Ein-Mann-Projekts, „Prophecy“, nur noch wenig gemeinsam hat mit seinem Vorgänger. Zwar bleibt GOST dem Hauptmerkmal seiner Diskografie treu, dem Wandel, im Falle von „Prophecy“ aber nur bedingt zum eigenen Vorteil.

James Lollar, der Mann hinter GOST, eröffnet seine sechste Platte mit dem kurzen Opener „Judgement“, an dem sich direkt der titelgebende Track anschließt – und die ersten Fragen: Ist GOST nur noch ein instrumentales Projekt? Warum hält Lollar seine tiefe, den Vibe des Post-Punks in sich tragende Gesangsstimme zurück? Mit „Death In Bloom“ folgt zwar der erste Song mit Gesang, der wiederum aber so verzerrt ist und hinter dem dominaten Drumcomputer zurückbleibt, dass man meint, sich die Fragen selbst beantworten zu können: Die Songstruktur auf „Prophecy“ bietet einfach keinen Raum mehr für Klargesang.

Tracks wie „Death In Bloom“, „Decadent Decay“ oder das gigantische „Leviathan“ holen zwar Lollars erste große musikalische Liebe, den Metal, zurück, verdrängen im Gegenzug aber die melodischen Passagen, zu denen ein Klargesang passt. GOST nutzt auf dem neuen Album vielfach mit Distortion hinterlegte Gitarren und baut teils so harsche, fast schon schmerzhafte Breaks in die Motive ein, sodass verzerrte Screams schlichtweg passender für diese Songs sind.

Gibt man dem Album mehr als einen Durchlauf, erkennt man allerdings auch, dass „Prophecy“ nicht nur eine Aneinanderreihung von schrägen Metal- vs. Darksynth-Anleihen ist, sondern vielmehr. Zugegeben, der Hintergedanke von so experimentellen wie schwer begreifbaren Songs wie „Decadent Decay“ oder „Digital Death“ ist nur bedingt nachvollziehbar, aber neben diesen musikalisch eher fragwürdigen Ergüssen reihen sich eben auch Synth-Juwelen wie das fantastisch aufgebaute „Temple Of Tears“ oder stampfende Hits wie „Golgotha“ und „Shelter“ in die Tracklist von „Prophecy“ ein.

Und wie schon zu Beginn der Platte stellt man sich auch im weiteren Verlauf die Frage, warum Lollar so konsequent auf Gesang verzichtet, selbst wenn er so tanzbare Mid-Tempo-Nummern wie „Deceiver“ und „Obituary“ geschrieben hat, die förmlich dazu einladen, eine eingängige Gesangsspur darüber zu legen. Lediglich bei „Widow Song“ ist GOSTs charakteristischer Klargesang zu hören, wodurch allerdings eine so starke Assoziation mit „Rites Of Love And Reverence“ entsteht, dass man glaubt, einer B-Seite dieses Albums zu lauschen.

Warum sich Lollar bewusst dafür entschieden hat, die Platte größtenteils instrumental zu belassen, ist nicht bekannt. Fest steht aber, dass eine Handvoll starker Songs noch prägnanter im Kopf bleiben würde, wenn man sie mit einem Refrain verbinden könnte. Fest steht auch, dass die für GOST-Alben schon immer sinnvolle Regel, der Scheibe mindestens zwei Durchläufe zu geben, auch für „Prophecy“ weiter Bestand hat. Noch kantiger als sein Vorgänger, ist das neue Album stellenweise so verkorkst, dass man geneigt ist, „Prophecy“ schnell zur Seite zu legen – tut man das, entgehen einem aber einige starke Darksynth-Songs mit Black-Metal-Flair, die mal mehr, mal weniger deutlich einem der beiden Genre zugeordnet werden können.

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Wertung: 7.5 / 10

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