Cover UNPROCESSED

Review Unprocessed – …And Everything In Between

Prog Metal aus Deutschland erfährt im zweiten Halbjahr 2023 einen ordentlichen Aufschwung. Neben dem neuen Album von Alkaloid und dem Live-Mitschnitt von Obscura legen die Wiesbadener von UNPROCESSED ihr mittlerweile fünftes Album „…And Everything in Between“ vor – eine Platte, die man sich aus England, genauer von Tesseract, gewünscht hätte, stattdessen aber von vier Herren aus der hessischen Landeshauptstadt präsentiert bekommt.

Welches Genre UNPROCESSED genau bedienen, ist schwierig zu definieren, da sich das Quartett um Sänger und Gitarrist Fernandes so ziemlich an allem bedient, was man im grob gehaltenen Sammelbegriff Modern Metal finden kann: groovend-djentige Riffs im Stile von Invent, Animate, bombastisch-melodische Refrains Marke Silent Planet, virtuose und zugleich direkt zugängliche Gitarren-Soli, die direkt aus der Feder von Polyphias Gitarren-Dou Henson und LePage stammen könnten.

Was in der Theorie viele Einflüsse und Eindrücke vermuten lässt, klingt in der Praxis auch so. UNPROCESSED haben mit ihrem neuesten Album „…And Everything in Between“ erfolgreich die Schwächen der beiden vorherigen Alben „Gold“ (2022) und „Artificial Void“ (2019) überwunden, indem sie die Spielzeit auf nicht mal 40 Minuten gekürzt haben – das Erfassen der Tracks bleibt aber dennoch eine Herausforderung, besonders in den ersten Durchgängen. Zu komplex ist das instrumentale Spiel, zu facettenreich die einzelnen Details und zu gegensätzlich die Motive – trotzdem möchte man UNPROCESSED aber weiter kennenlernen.

Denn je nachdem, wie aufgeschlossen man ist oder sich von Musik bewusst überfordern lassen möchte, die Hessen geben einem die Tracks dafür. Allein schon der Opener „Hell“ bietet in seiner fünfminütigen Spielzeit genügend gute Momente zwischen Vildhjartas Thall und Herzschmerz, sodass man den Song erstmal in Dauerschleife hören möchte, ehe man sich den restlichen acht Tracks widmet. Schwerer Fehler, denn mit dem vergleichsweise geradlinigen Tech-Hit „Lore“ oder dem stark im Metalcore verwurzelten Song „Thrash“ legen UNPROCESSED direkt zwei weitere starke Songs innerhalb der ersten Viertelstunde von „…And Everything in Between“ vor.

Mit „Blackbone“ und dem Feature mit Polyphias Gitarren-Dou Henson und LePage, „Die On The Cross Of The Martyr”, legen UNPROCESSED die Indizien vor, weswegen die Band häufig eine Nähe zum Pop nachgesagt wird, obgleich ich nicht nachvollziehen kann, welcher Pop-Musik-Hörer ein so komplexes Konstrukt an Wechseln verarbeiten kann, wenn genau das selbst für ausgebildete Musiker eine Herausforderung darstellt.

Wer aufgrund dieser unterstellten Nähe zu populärer Musik einen Bogen um UNPROCESSEDs „…And Everything in Between“ macht, verpasst den spannendsten und zugleich innovativsten Hybriden aus Djent-, Prog-, Tech-Death-Metal und Metalcore, den das Spektrum des Modern Metal zu bieten hat.

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Wertung: 9 / 10

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2 Kommentare zu “Unprocessed – …And Everything In Between

  1. Nach dem Seitenhieb auf Tesseract hoffe ich jetzt auf ein Albumreview von War Of Being von dir. :) Läuft bei mir in Dauerrotation und ist eins meiner Alben des Jahres. Würde mich interessieren, was du denkst.
    Auf der Tour gibts dann den direkten Vergleich, Unprocessed ist Vorband von Tesseract.

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